Fachbeiträge

Ausgabe 12 / /2001
Fachbeitrag Kolumne

Wissen zum Anfassen

von Gerald Lembke

In seiner Kolumne rät Gerald Lembke, die Ziele bei Wissensmanagement-Projekten am Anfang nicht zu hoch zu stecken und zunächst im persönlichen Arbeitsbereich mit "Wissen zum Anfassen" zu beginnen.

Von Gerald Lembke

 

 

Logo LearnAct!Vor circa drei Jahren begann ich mit Veranstaltungen zum Wissensmanagement

 

und die Faszination an diesem Thema ist ungebrochen. Doch beobachte

 

ich, dass zunehmend eine pragmatische Dimension eingefordert wird.

 

So äußerte ein Projektleiter eines mittleren Industrieunternehmens

 

in einem der letzten Workshops den Wunsch, endlich einmal wissen

 

zu wollen, wie es denn nun eigentlich gehe, das Wissensmanagement.

 

Ein so genannter Wissensmanager eines IT-Dienstleistungsunternehmens

 

sprach gar davon, Hilfe bei der Anfertigung von Checklisten einkaufen

 

zu wollen; das funktioniere beim Projektmanagement auch wunderbar.

 

Eine andere Dame klagte, dass sie den Auftrag von der Geschäftsleitung

 

erhalten habe, Wissen im Unternehmen zu managen und gar nicht wisse,

 

was sie denn nun tun solle.

 

 

 

Zwischen den theoretischen Versprechungen und dem praktischen Leiden

 

am Alltag scheinen Welten zu liegen. Grund genug für zahlreiche

 

Kritiker, die blinden Flecken eines Wissensmanagements zu suchen.

 

So erscheint vieles auf den ersten Blick nicht machbar, zu abstrakt

 

und unrealistisch. Warum? Wissensmanagement gleicht einem Mythos,

 

der für viele Mitarbeiter und Führungskräfte nicht

 

griffig genug aufbereitet werden kann. Deshalb werden die Erwartungen

 

bereits zu Beginn nicht selten zu hoch gesetzt: Wissensmanagement-Aktivitäten

 

sollen immer das ganze Unternehmen erfassen. Die Mitarbeiter jedoch

 

erwarten schlicht die Lösung konkreter arbeitsplatzbezogener

 

Wissensprobleme.

 

 

 

Beginnen Sie doch einfach damit, erste Wissens-Aktivitäten

 

zunächst auf den persönlichen Arbeitsbereich zu beschränken.

 

Beantworten Sie z.B. einmal folgende Fragen:

 

 

  • Wie viel Zeit benötigen Sie, um projektrelevante Informationen zu bekommen?
  • Wie viele eintreffende E-Mails haben für Ihren Arbeitsbereich tatsächlich Relevanz?
  • Lassen sich Priorisierungen in der Bewertung von Wissen (z.B. durch eine ABC-Analyse) einführen?
  • Werden in Meetings, Patenschaften, Seminaren und Workshops tatsächlich relevante Wissensinhalte vermittelt, die Sie persönlich in Ihrer Arbeit unterstützen können?

 

 

Verzagen Sie nicht, wenn ganzheitliche Wissensmanagement-Ideen

 

im Sumpf von Komplexität und Theorie zu versinken drohen! Jammern

 

Sie nicht, dass Sie zu viele E-Mails bekommen! (Wie würden

 

Sie sich fühlen, wenn Sie gar keine E-Mails mehr bekämen?)

 

Fangen Sie bei sich an und schaffen Sie erste Erfolge mit zielgerichteter

 

Wissensarbeit in Ihrer Abteilung. Präsentieren Sie Ihre Erfolge

 

und finden Sie Nachahmer ("Mensch, wie hast Du denn das gemacht?").

 

So erreichen Sie für den Praxisalltag mehr, als Wissensmanagement

 

auf einem (Konzept-) Papier zu belassen. Machen Sie "Wissen

 

zum Anfassen" und stecken Sie erst dann Ihre Ziele weiter.

 

 

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