Fachbeiträge

Ausgabe 10 / /2009
Fachbeitrag Best Practice

Flughafenlogistik – der wachsenden Luftfracht Herr werden

von Stefanie Reichert, Prof. Dr. Heide Gloystein

Container beladen, entladen, zwischenlagern und zum gewünschten Zielort verfrachten – auf Flughäfen gehört das zur alltäglichen Routine. Damit die Flughafenlogistik stets weiß, wo sich die einzelnen Container befinden und wohin sie befördert werden müssen, ist ein ausgeklügeltes Wissensmanagement unabdingbar. Kaum einer weiß das besser als die DHL Hub Leipzig GmbH, der Betreiber von Europas modernstem Umschlagplatz für Luftfracht. Um die Logistik weiter zu optimieren, beauftragte das Unternehmen im diesjährigen ReQueST-Wettbewerb Nachwuchs-Wissensmanager mit der Aufgabe, Strategien und Methoden zur Ortung von Containern zu ermitteln, zu analysieren und eingehend zu bewerten.

Inhaltsübersicht:

 

Seit 2005 findet regelmäßig der ReQueST-Wettbewerb für zukünftige Wissensmanager statt, in dem sich Studenten auf dem Gebiet des Informationsmanagements miteinander messen können. In diesem Jahr stand der Wettbewerb ganz im Zeichen der Luftfahrt. Der Frachtverkehr auf Flughäfen steigt stetig an und stellt damit hohe Anforderungen an die Logistik. Ganz in diesem Sinne gab der diesjährige Sponsor des Wettbewerbs, die DHL Hub Leipzig GmbH, das zu bearbeitende Thema vor: die Ortung von beweglichem Equipment auf Flughäfen. Innerhalb von acht Wochen erstellten Teams aus Studierenden verschiedener Hochschulen wissenschaftliche Studien inklusive Handlungsempfehlungen für den Auftraggeber. Dabei konnten sich die Studenten des Studiengangs „Information Science and Engineering“ der Hochschule Darmstadt erfolgreich gegen die Konkurrenz durchsetzen und gewannen den Wettbewerb. Sie ermittelten, analysierten und bewerteten insgesamt elf Systeme, die für die Containerortung am Frachtflughafen geeignet sein könnten.

 

Vorgehensweise

Nach Bekanntwerden der Fragestellung analysierten die Studenten diese zunächst genau. In einem Pre-Interview mit dem Wettbewerbs-Sponsor DHL klärten sie erste Fragen, die sich insbesondere auf die Begrifflichkeiten der Aufgabenstellung bezogen. So konnten sie den Bereich des „beweglichen Equipments“ schnell auf die zum Transport eingesetzten Container bzw. Unit Load Devices (ULDs) einschränken. Auch eine Eingrenzung der Flughäfen war möglich, sodass sie sich ausschließlich auf Frachtflughäfen konzentrieren konnten. Parallel dazu analysierten sie erste Recherche-Ergebnisse, was der weiteren Abgrenzung der Terminologie, der Ermittlung von Deskriptoren (und von Experten!) sowie der sukzessiven Optimierung der Rechercheanfragen diente. Mit Hilfe der gewonnen Erkenntnisse erstellten die Studenten einen Kriterien- und Anforderungskatalog, anhand dessen sie relevante Ortungssysteme und -verfahren beschreiben und bewerten konnten.

 

Recherchequellen

 

Die wichtigsten verwendeten Informationsquellen für die Recherche lassen sich in drei Gruppen einteilen:

  • kostenpflichtige Datenbankanbieter wie FIZ Technik, Lexis Nexis und GBI Genios,
  • freie Informationsquellen, zum Beispiel Websites von Firmen, Verbänden und Institutionen sowie frei zugängliche wissenschaftliche Arbeiten, Lexika und Enzyklopädien,
  • Experteninterviews – es fanden zahlreiche Gespräche statt, zum Beispiel mit Vertretern des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Deutschen Gesellschaft für Ortung und Navigation (DGON), Lufthansa Cargo, Fraunhofer Institut, Flughafen Berlin, Fraport AG und weitere.

 

 

Anforderungen an die Systeme

Durch das Pre-Interview mit DHL ergaben sich spezielle Anforderungen an die Ortungssysteme, die für die spätere Bewertung von enormer Bedeutung waren. So sollte sichergestellt werden, dass die Ortung sowohl Indoor, in den Lagerhallen als auch Outdoor auf dem Vorfeld funktioniert. Satellitengestützte Ortungssysteme waren hier im Nachteil, da diese nur bei Sichtkontakt zum Satelliten zuverlässig arbeiten. Bezüglich von aktiven an Transportbehältnissen angebrachten Systemkomponenten war zu beachten, dass sie keine störenden Signale aussenden, die die Sicherheit am Boden oder auch in der Luft gefährden könnten. Daraus ergab sich, dass Systeme mit aktiven Sendern (Tags) eher schlechter bewertet wurden, passive, nicht sendende Tags hingegen sind bezüglich der Reichweiten weniger leistungsfähig.

 

Eine weitere wichtige Anforderung bezog sich auf die Performance und Schnelligkeit des Systems, denn diese sollten die Bewegungsdaten der Container möglichst in Echtzeit mit maximaler Verzögerung von 60 Sekunden übermitteln. Bei der Auswahl und Bewertung der Ortungsmöglichkeiten wurde außerdem beachtet, dass bauliche Maßnahmen auf dem zu überwachenden Areal und Modifikationen an den Transportbehältnissen so gering wie möglich gehalten werden.

 

Kriterienkatalog und Ergebnisse

Insgesamt definierte das Darmstädter Team 24 Kriterien, die sich zum Teil schon aus den Anforderungen der DHL ergaben und anhand derer es die ermittelten Ortungssysteme beschreiben und vergleichen konnte. Die Bewertung erfolgte schließlich anhand von Schulnoten. Wichtige Unterscheidungsgrößen waren zum Beispiel die Ortungsgenauigkeit, die Häufigkeit der Aktualisierung, Echtzeitfähigkeit, Einsetzbarkeit (Indoor/Outdoor), Reichweite, Robustheit, Größe, Energieversorgung und Betriebsdauer. Auch die Anschaffungs-, Installations- und Betriebskosten galten als wichtige Punkte. Hier waren allerdings häufig nur unzureichende Informationen verfügbar, da die Hersteller sich diesbezüglich zurückhaltend zeigten und mit der hohen Individualität der Kundenbedürfnisse argumentierten, auf die immer mit unterschiedlichem Aufwand eingegangen werden müsse.

 

Es wurden insgesamt elf Systeme und Verfahren recherchiert und untersucht: Ubisense, TEKO, WITRACK, MOBY-R, Trackcube, A-SMGCS, Goin.tag, CTE-2490, „Smart Antennas“, µLoc-GPS 5000 und Videoüberwachung. Die vier besten Systeme – Ubisense, TEKO, WITRACK und Videoüberwachung – erhielten Noten von 1 bis 1,5. Bis auf die Videoüberwachung arbeiten diese vier Lösungen funkbasiert.

 

Fazit

Obwohl es schon vielversprechende Entwicklungen in verschiedenen Bereichen gibt, konnte zu diesem Zeitpunkt kein perfektes System gefunden werden, das alle Bedürfnisse und Anforderungen des Auftraggebers hätte erfüllen können. Die vorhandenen Technologien, die einzeln jeweils bereits in anderen Bereichen erfolgreich eingesetzt werden, müssen in Testprojekten miteinander kombiniert und auf die Ansprüche einer großen Infrastruktur, wie der eines Frachtflughafens angepasst werden. In Zusammenarbeit mit den Herstellern sollte die Entwicklung

und Optimierung solcher Systeme und Kombinationen erfolgen. Vor einer Einsatzentscheidung müssten die wesentlichen Anforderungen an Genauigkeit, Aktualisierungsrate, Arealabdeckung, Anzahl der Objekte etc. genau spezifiziert und geprüft werden. Das Gleiche gilt für Rahmenbedingungen wie Installationsmöglichkeiten, Schnittstellen zu anderen Anwendungen und natürlich Anschaffungs- und Betriebskosten. Besonders zu berücksichtigen sind außerdem geltende Sicherheitsvorschriften und evtl. Restriktionen bzgl. der Durchführung baulicher Maßnahmen.

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