Fachbeiträge
Betriebliches Gesundheitsmanagement mit wachsender Bedeutung
von Benjamin Klenke
Die Krankenstände gerade aufgrund psychischer Erkrankungen sind in deutschen Unternehmen seit Jahren hoch. Das Präventionsgesetz stärkt vor allem betriebliche Gesundheitsmaßnahmen. Benjamin Klenke ist bei der brainLight GmbH Direktor Geschäftsfeld BGM und hat sich mit seinem Team auf den Weg gemacht, Firmen bei der Wahl ihrer BGM-Maßnahmen zu unterstützen. Er stand uns für ein Interview zur Verfügung.
Inhaltsübersicht:
- Das Präventionsgesetz und Reduzierung von Krankenständen
- BGM-Erfolge sind messbar
- Der Life Balance Day
- Das Präventionsgesetz und das Thema Führung
- Gesundes Führen
- Gesundes Führen in der Praxis
Das Präventionsgesetz ist im Augenblick das große Thema im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM). Für Gesundheitsmanager bedeutet es mehr Ernsthaftigkeit und Nutzenorientierung. Im Grunde genommen wirkt das Gesetz positiv auf den seit einigen Jahren bestehenden Trend der Professionalisierung im BGM ein. Unternehmen erkennen immer mehr, dass Betriebliches Gesundheitsmanagement nicht einfach nur eine nette Zusatzleistung darstellt, sondern auch echte Mehrwerte generieren kann.
wm: Herr Klenke, hat das Präventionsgesetz in erster Linie die Reduzierung des Krankenstands im Blick, richtig?
BK: Letztendlich, ja. Aber diese Betrachtung ist zu engstirnig und mit Risiken verbunden. Denn ein Krankenstand ist von vielen Faktoren abhängig und nicht ohne weiteres direkt mit BGM in Verbindung zu bringen. Im Grunde genommen geht es doch um Folgendes: Um wirklich einen Einfluss auf Krankenstände haben zu können, muss BGM den Mitarbeiter in erster Linie für gesundheitsförderliches Verhalten sensibilisieren und qualifizieren. Nur dann kann wirklich ein nachhaltiger Einfluss auf die Gesundheit im Betrieb erfolgen, was letztlich dann wiederum zur Senkung des Krankenstands führt. Dies ist soweit nichts Neues, so steht es schon seit vielen Jahren im Präventionsleitfaden des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherungen. Nur gemessen wurde das bisher nur in wenigen Unternehmen. Viele Unternehmen setzen immer noch Maßnahmen ein und gehen dann automatisch von diesem positiven Effekt aus. Vielleicht messen sie auch noch Teilnehmerzahlen an Kursen. Aber ob da wirklich etwas mit den Leuten passiert ist oder ob einfach die Kurse immer von denselben Leuten belegt werden, die sich sowieso auch privat schon um ihre Gesundheit kümmern, wird nicht abgefragt. Schön, dass es mittlerweile aber einige Unternehmen gibt, die hier jetzt nachziehen.
wm: Sie sagen, es gibt bereits Unternehmen, die die Erfolge des BGMs auf diese Weise messen. Können Sie ein Beispiel nennen?
BK: Ein Beispiel ist das Projekt „Nachhaltige Sensibilisierung“, dass wir von brainLight derzeit zusammen mit der BKK Mobil Oil und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg durchführen. Hierbei werden über mehrere Monate entsprechende Kennzahlentools anhand einer konkreten Sensibilisierungsmaßnahme in 25 Unternehmen eingeführt und ausgewertet. Die Ergebnisse werden wir deutschlandweit auf dem Life Balance Day präsentieren.
wm: Um was genau handelt es sich beim Life Balance Day?y
BK: Der Life Balance Day am 17.9.2016 ist eine von brainLight veranstaltete jährliche Fachtagung in Aschaffenburg zur Gesundheit im betrieblichen und privatem Kontext. Ziel der Veranstaltung ist es zum einen, Privatpersonen für das Thema Gesundheit zu begeistern und zum anderen den fachlichen Austausch unter Gesundheitsmanagern zu aktuellen Themen zu stärken. Im letzten Jahr konnten wir bereits über 300 Teilnehmer verzeichnen. Dieses Jahr steht alles unter dem Motto Präventionsgesetz und Sensibilisierung sowie dem damit verbundenen Thema Achtsamkeit. Zu letzterem Thema freuen wir uns sehr, dass wir Prof. Dr. Bernhard Badura für einen Vortrag gewinnen konnten. Badura gilt ja bekanntermaßen als einer der Vorreiter für die Themen Achtsamkeit und Führungskapital im BGM.
wm: Führung ist ein gutes Stichwort. Denken Sie, dass das Präventionsgesetz auch Auswirkung auf Führungskräfte haben wird?
BK: Wenn wir das Präventionsgesetz richtig einsetzen denke ich, dass es auf die Überzeugung von Führungskräften einen Einfluss haben kann. Letztendlich ist eines der Ziele des Gesetzes ja, mehr Systematik und direkte Mehrwerte für Unternehmen durch den Einsatz von BGM zu schaffen. Gerade für Mittelständler ist diese Frage in der Regel bedeutsam wenn es darum geht, ob man mit Gesundheitsmanagement anfangen soll. In den letzten Jahren habe ich von einigen Unternehmen bei denen die Einführung des BGMs gescheitert war gehört, dass die Sinnhaftigkeit hier einfach nicht ersichtlich war.
wm: Und wie sieht es bezüglich des Themas Gesunde Führung aus?
BK: Ich denke, hier wird eher das Thema Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen eine Rolle spielen, also Paragraph fünf des Arbeitsschutzgesetzes. Eine zu untersuchende Dimension bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung ist die der sozialen Faktoren. Hier spielt das Thema Führung eine zentrale Rolle da es zum einen eine der zu untersuchenden Dimensionen ist und zum anderen der Führungsstil auch eine direkte Auswirkung auf die Akzeptanz von anderen aus der Beurteilung abgeleiteten Maßnahmen hat. Und genau hier bei dem Ableiten von Maßnahmen trennt sich die Spreu vom Weizen. Denn während derzeit sehr viel über Paragraph fünf des Arbeitsschutzgesetzes gesprochen wird vernachlässigen einige leider den Blick auf Paragraph sechs. Hier geht es um die Dokumentationspflicht der abgeleiteten Maßnahmen, welche genauso für psychische Belastungsfaktoren zutreffen wie für andere. Aus diesem Grund machen wir uns bei brainLight von Anfang an Gedanken über die systematische Ableitung von Maßnahmen und legen gerade hier unseren Schwerpunkt darauf.
wm: Können Sie hier ein Beispiel nennen? Wie würden Sie zum Beispiel zum Thema Gesunde Führung vorgehen?
BK: Gerne. Das ist natürlich ein Klassiker. Zunächst mal ist es wichtig, dass man nicht nur verhaltens- sondern auch verhältnisbezogene Maßnahmen entwickelt. Ein typischer gern gemachter Fehler ist, nach einer Gefährdungsbeurteilung einfach mal eine Schulung zur gesunden Führung einzuführen. Wichtiger wäre es, auch eine Verbindlichkeit, zum Beispiel in Form einer Betriebsvereinbarung oder im Rahmen von Zielvereinbarungen zu schaffen, welche den Führungskräften auch die Ernsthaftigkeit des Themas deutlich macht. Ferner sollte man nicht nur Schulungsmaßnahmen auf der Verhaltensseite berücksichtigen sondern auch konkrete Direkthilfen für Führungskräfte abwägen. Führungskräfte-EAP hat sich hier zum Beispiel bewährt. Wenn Sie dann letztlich in die Ableitung gehen ist aber vor allem eines entscheidend: Binden Sie die Führungskräfte von Anfang an wertschätzend in die Entwicklung der Maßnahmen mit ein.
wm: Vielen Dank für das Interview
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