Fachbeiträge

Ausgabe 8 / /2002
Fachbeitrag Best Practice

Moderne Retrieval-Software hilft beim Kampf gegen Kinderpornografie im Internet

von Wolfgang P. Ruth

Die schwedische Kriminalpolizei beschreitet jetzt neue Wege im Kampf gegen die Kinderpornografie im Internet und setzt eine innovative Suchlösung ein, die auf RetrievalWare von Convera basiert. Wolfgang P. Ruth berichtet, wie die ausgeklügelte Suchtechnologie der schwedischen Polizei hilft, die Bilder mit einer Datenbank zu vergleichen, die aus mehr als 300.000 Bildern besteht und aus allen Teilen der Welt zusammengetragen wurde.

Von Wolfgang P. Ruth

 

 

Mit dem Internet verhält es sich

 

ähnlich wie mit vielen anderen technischen Entwicklungen: Genau

 

die Eigenschaften, die dem Internet zu seinem Siegeszug verhalfen,

 

verschafften auch seiner dunklen Seite einen lebhaften Aufschwung.

 

Kinderpornografie erlangt online völlig neue Dimensionen, denn

 

die Geschwindigkeit, mit der solche Bilder über Ländergrenzen

 

hinweg verbreitet werden, macht es enorm schwer, die Täter

 

aufzuspüren.

 

 

 

Doch die schwedische Kriminalpolizei

 

beschreitet jetzt neue Wege im Kampf gegen die Kinderpornografie

 

im Internet und setzt eine innovative Suchlösung ein, die auf

 

RetrievalWare von Convera, einem intelligenten Such- und Recherche-Werkzeug

 

für Multimediadateien, basiert. Mit Hilfe der ausgeklügelten

 

Suchtechnologie ist die schwedische Polizei nunmehr in der Lage,

 

die Bilder mit einer Datenbank zu vergleichen, die aus mehr als

 

300.000 Bildern besteht und aus allen Teilen der Welt zusammengetragen

 

wurde.

 

 

 

"Wir wissen nicht, wie viele Täter wir durch den Einsatz

 

dieser Technologie identifizieren konnten oder wie viele Straftaten

 

dadurch verhindert wurden", gibt Annethe Ahlenius, Kriminalinspektorin

 

bei der Kinderschutzeinheit zu. "Doch wenn es uns gelungen

 

ist, auch nur ein Kind zu schützen oder einen einzigen Pädophilen

 

zu überführen, dann hat sich die Sache bereits gelohnt."

 

 

 

Mit diesem Vorhaben beantragte die schwedische Kriminalpolizei

 

im November 1997 Gelder aus dem Kinderschutzprogramm der Europäischen

 

Union. Diese Mittel wurden eingesetzt, um eine europaweite Bilddatenbank

 

anzulegen. Die in diese Bibliothek aufgenommenen Bilder stammten

 

von Polizeibehörden aus 12 verschiedenen Ländern der ganzen

 

Welt. Das Ziel bestand darin, alle neuen Bilder mit der Datenbank

 

abzugleichen. Auf diese Weise ließ sich herausfinden, ob die

 

Bilder tatsächlich neu waren, um neue Ermittlungen einleiten

 

zu können. Doppelt vorhandene Bilder konnten so aussortiert

 

werden.

 

 

 

Die ersten Ergebnisse waren beeindruckend, doch die Beamten wurden

 

geradezu überschwemmt, als die Bibliothek auf nahezu eine halbe

 

Million Bilder angewachsen war. Jedes einzelne Bild manuell mit

 

dem Archiv abzugleichen wäre ohne ein automatisiertes Suchwerkzeug

 

nicht mehr möglich gewesen. "Das Problem der manuellen

 

Suche besteht vor allem darin, dass man sich dabei auf das menschliche

 

Gedächtnis verlassen muss", so Annethe Ahlenius. "Doch

 

was geschieht, wenn der Beamte etwas übersieht oder gar die

 

Dienststelle verlässt? Alles was er herausgefunden hat, geht

 

damit für uns verloren."

 

 

 

Die schwedische Polizei testete mehrere Produkte, bevor sie sich

 

für RetrievalWare von Convera entschied. Im Gegensatz zu vielen

 

anderen Suchprodukten war RetrievalWare in der Lage, nach Text-,

 

Bild- und sogar Videoinhalten zu suchen. Letztere werden zu Suchzwecken

 

in digitale Standbilder umgewandelt. "Als problematisch stellte

 

sich bei einigen anderen Produkten heraus, dass dabei Schlüsselworte

 

benötigt werden. Diese funktionieren jedoch nur, wenn jeder

 

Beamte ein Bild auf die gleiche Weise beschreibt", erläutert

 

Frau Ahlenius. "Dies stellt ein großes Hindernis dar,

 

vor allem dann, wenn es um Polizeibehörden geht, die verschiedene

 

Sprachen sprechen."

 

 

 

Andere Systeme arbeiten mit einer Gesichtserkennungssoftware. Diese

 

Technologie ist jedoch noch recht unausgereift und unzuverlässig.

 

"Die Gesichtserkennungssysteme waren nicht exakt genug und

 

häufig sind auf den Bildern gar keine Gesichter erkennbar",

 

erklärt Ahlenius. "Das RetrievalWare-System arbeitet im

 

Gegensatz dazu äußerst präzise, da hierbei Formen,

 

Farben und Muster viel allgemeiner analysiert werden."

 

 

 

Wenn heute neue Bilder bei der Kinderschutzeinheit eingehen, werden

 

sie in das Windows-NT-Archiv gescannt und können anschließend

 

mit Hilfe der Datenbank auf Ähnlichkeiten abgeglichen werden.

 

Die lernfähige Mustererkennungstechnologie von RetrievalWare

 

beschränkt sich bei der Suche nicht auf Schlüsselworte

 

oder Gesichter, sondern die Beamten können damit nach Mustern

 

von Hintergrundgegenständen, Formen oder Farben suchen. So

 

lassen sich zum Beispiel mit Hilfe der Software Bilder ermitteln,

 

auf denen das gleiche Tapetenmuster, der gleiche Bettpfosten oder

 

die gleiche Zimmereinrichtung zu sehen ist. Dadurch erkennt die

 

Polizei, dass an diesem Ort wiederholt Straftaten begangen werden.

 

Aus einer Verbindung dieser Bilder lassen sich möglicherweise

 

wertvolle Hinweise auf die Identität des Täters gewinnen.

 

 

 

"Der wichtigste Nutzen, den wir aus RetrievalWare ziehen konnten,

 

bestand weniger im Aufspüren von Pädophilen. Wir können

 

keine konkrete Zahl festgenommener Personen nennen", meint

 

Annethe Ahlenius. "Wir haben jedoch erreicht, dass die Polizeibeamten

 

mehr Zeit für Ermittlungen haben und weniger mit der Katalogisierung

 

und Sichtung von Dateien beschäftigt sind. Da sich Polizeibeamte

 

permanent im Wettlauf mit der Zeit befinden, hat sich RetrievalWare

 

in dieser Hinsicht als eine sehr gute Investition erwiesen."

 

 

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