Fachbeiträge

Ausgabe 11 / /2001
Fachbeitrag Innovationsmanagement

Die Taktik der kleinen Fische

von Gabriele Vollmar

Co-Creative Commerce eröffnet speziell kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren, andere Leistungen und Tätigkeiten auszulagern und in kollaborativen Clustern, virtuellen Firmen oder über elektronische Marktplätze zusammenzuarbeiten, in denen jeder seine Fähigkeiten einbringen kann. Was KMU hierbei von einer Formation kleiner Fische lernen können, erfahren Sie im Beitrag von Gabriele Vollmar.

 

Von Gabriele

 

Vollmar

 

 

Inhaltsübersicht:

 

 

 

Es war einmal ein kleiner schwarzer Fisch.

 

Er war sehr traurig, denn er war der einzige schwarze Fisch in seinem

 

Schwarm und deshalb ein Außenseiter, mit dem keiner der anderen

 

kleinen Fische zu tun haben wollte. Doch eines Tages hatte er eine

 

Idee: Er überredete die anderen kleinen Fische dazu, in einer

 

Formation zu schwimmen, die einem großen Fisch ähnelte;

 

er selbst war das Auge dieses Riesenfisches. Seit dieser Zeit mussten

 

die kleinen Fische keine Angst mehr haben, von den großen

 

Fischen geschluckt zu werden, denn diese nahmen Reißaus, sobald

 

der Riesenfisch auch nur in ihre Nähe kam.

 

 

vollmar picture
 
© Bowstreet
 

 


Gemeinsam sind wir stark!

 

 

Mehr als 99% der insgesamt 18 Millionen Unternehmen in Europa zählen

 

zu den so genannten KMU, den kleinen und mittleren Unternehmen.

 

Diese beschäftigen 66% der arbeitenden Bevölkerung Europas

 

und erwirtschaften 55% des gesamteuropäischen Umsatzes [1].

 

 

 

Wie aber kann diese enorme Wirtschaftskraft mobilisiert werden?

 

Wie und wo können – selbst in wirtschaftlich eher schwierigen

 

Zeiten – neue Geschäftsmöglichkeiten geschaffen werden?

 

Und wie können die Kompetenzen, Erfahrungen und Fähigkeiten

 

dieser Unternehmen besser genutzt werden? Diese Fragen stellten

 

sich auch Dr. Charles Savage, KEE Inc., Prof. Dr. Arun Gairola,

 

Vcorp Intl., und Elisabeth Sundrum, eCultureTeam.com. Und ihre Antwort

 

lautet: Co-Creative Commerce. "Bereits heute sprechen wir verstärkt

 

nicht mehr von E-Commerce, um das neue post-industrielle Zeitalter

 

zu charakterisieren, sondern von C-Commerce, dem Collaborative Commerce",

 

erläutert Charles Savage. "Doch eigentlich sollten wir

 

noch weitergehen und von Co-Creative Commerce sprechen."

 

 

 

Savage, Gairola und Sundrum sehen in dieser neuen Wirtschafts-

 

und Arbeitsform enorme Vorteile gerade für die kleinen und

 

mittleren Betriebe. Denn die Technologie des Internets ermöglicht

 

es Unternehmen, sich tatsächlich auf einige Kernkompetenzen

 

zu konzentrieren, andere Leistungen und notwendige Tätigkeiten

 

auszulagern und in kollaborativen Clustern, virtuellen Unternehmen

 

oder über elektronische Marktplätze zusammenzuarbeiten,

 

in denen jeder seine Fähigkeiten einbringen kann – und

 

zwar den aktuellen Marktgegebenheiten flexibel angepasst in immer

 

neuen Verbindungen. Das kann die Marktposition gerade von KMU enorm

 

stärken. In Norditalien, dem spanischen Baskenland oder in

 

der Gegend von Lund in Schweden hat man bereits gute Erfahrungen

 

mit der engen Zusammenarbeit von kleinen und mittleren Unternehmen

 

gemacht.

 

 

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Das Internet der dritten Generation

 

 

Die Internet-Technologie hat sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt

 

und entwickelt sich ständig weiter: Das Internet der ersten

 

Generation hat vor allem via E-Mail oder TCP/IP Verbindungen zwischen

 

den einzelnen Nutzern hergestellt und damit den Mythos der ubiquitären

 

Erreichbarkeit geschaffen. Das Internet der zweiten Generation steht

 

gleichsam für die Präsentation von Inhalten dank HTML.

 

Dabei wurde diese Präsentation zunehmend dynamisch und mündete

 

schließlich in das mögliche Durchführen von Transaktionen,

 

den E-Commerce.

 

 

 

Doch sind die Grenzen im E-Commerce noch immer sehr viel enger

 

gezogen als wir glauben – wie das Scheitern zahloser dot-com-Unternehmen

 

schmerzlich vor Augen geführt hat. Für Charles Savage

 

und seine Mitstreiter wird das Internet der dritten Generation,

 

basierend auf so genannten Web-Services und dem Standard XML (Extended

 

Markup Language), ermöglichen, dass Unternehmen auf einfache

 

Weise direkt interagieren. Diese direkte Verbindung zwischen den

 

Applikationen in den Unternehmen erlaubt dann tatsächlichen

 

Collaborative Commerce bis hin zu Co-Creation – denn erst,

 

wenn Partner z.B. die Datenbank des anderen aktiv mitnutzen, ist

 

Co-Creativity effizient und einfach: "Erst A2A macht B2B möglich

 

und profitabel", ist Charles Savage überzeugt.

 

 

 

Technische Grundlage für A2A ist der Web-Standard XML für

 

die standardisierte Beschreibung strukturierter Inhalte. Dieser

 

erlaubt unterschiedlichen Applikationen in den Unternehmen, sich

 

zu sozusagen miteinander zu verständigen und somit die Unternehmensgrenzen

 

zu überwinden.

 

 

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Das grenzenlose Unternehmen

 

 

"Im industriellen Zeitalter benötigten wir Webstühle,

 

Anlagen und Raffinerien, um Rohstoffe zu verarbeiten", erzählt

 

Arun Gairola. "Heute benötigen wir neue Arbeitsformen,

 

um Ideen zu raffinieren, zu kombinieren und auszuschöpfen."

 

Der wirtschaftliche Erfolg auf den Märkten der Zukunft werde

 

deshalb abhängen von den vier großen C:

 

 

  • Connectivity
  • Content
  • Context und
  • Co-Creativity

 

 

Es wird also verstärkt darum gehen, neue wirtschaftliche Möglichkeiten,

 

die vor allem in der Kombination von Talenten, Kompetenzen und Fähigkeiten

 

liegen, schnell zu erkennen. Grundvoraussetzung hierfür ist

 

eine Kultur der Offenheit und Kommunikativität. "Im industriellen

 

Zeitalter waren wir auf das Lösen von Problemen fokussiert",

 

sagt Charles Savage, "unser Horizont war deshalb gleichermaßen

 

die Vergangenheit. Heute und noch mehr in der Zukunft geht es aber

 

darum, Möglichkeiten zu erkennen. Das bedingt einen anderen,

 

zukunftsgerichteten Geist. Die Möglichkeiten des Web-Zeitalters

 

können nur genutzt werden, wenn wir unsere Unternehmenskultur

 

neu denken."

 

 

 

Für die Führungskräfte im C-Zeitalter bedeutet dies,

 

nicht die Routine, sondern die Nicht-Routine zu beherrschen, nicht

 

Anweisungen zu geben, sondern Fragen zu stellen und zu lernen. Reflexion

 

und Selbst-Reflexion werden sowohl für den Einzelnen als auch

 

für die Organisationen gegenüber der Aktion an Bedeutung

 

gewinnen.

 

 

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Von Mensch zu Mensch

 

 

Doch trotz aller Möglichkeiten des Internets funktionieren

 

weder Collaborative noch Co-Creative Commerce automatisch nur via

 

Technologie. Vielleicht liegt in diesem Missverständnis auch

 

das Scheitern der in den E-Commerce gesetzten hohen Erwartungen

 

begründet? Für Arun Gairola sind die Zweideutigkeit der

 

menschlichen Sprache(n), die Tiefe menschlichen Gefühls, Werte,

 

Ahnungen und Intuitionen Teil der Geschäftstätigkeit.

 

Deshalb ist nach wie vor und vielleicht mehr denn je die direkte

 

Interaktion von Mensch zu Mensch gefordert: Unternehmen mögen

 

sich zwar über das Internet finden, das nötige Vertrauen

 

zur weitgehenden Zusammenarbeit bis hin zur Co-Creativity werden

 

sie aber nur im persönlichen Kontakt entwickeln.

 

 

 

"Die Technologie ist heute weiter als unsere soziale Kompetenz",

 

glaubt Charles Savage. "So lehren uns die Schulen weiterhin

 

das Denken in den Paradigmen des industriellen Zeitalters."

 

Das industrielle Zeitalter war geprägt durch Knappheit und

 

demzufolge Wettbewerb. Um zu überleben haben Unternehmen gelernt,

 

eher nach Schwächen als nach Stärken beim Konkurrenten

 

zu suchen. Im Sinne von Co-Creativity gilt es aber, die Stärken

 

anderer und damit verbundene Möglichkeiten zu erkennen, zumal

 

Wissen und gute Ideen keine Rohstoffe sind, die sich verbrauchen

 

und an denen deshalb prinzipiell Mangel herrschen kann.

 

 

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Literatur

 

 

[1] Bericht der EU-Kommission "Creating an Entrepreneurial

 

Europe" vom 1.3.2001.

 

 

 

 

 

 

 

 

Projekt "SME Summitting"

Um die Möglichkeiten von C-Commerce für KMU auszuloten und zu nutzen, planen Charles Savage, Arun Gairola und Elisabeth Sundrum die Durchführung eines Projekts im Rahmen des IST-Programms (Information Society Technologies) der Europäischen Kommission. Dabei sollen die Industrie- und Handelskammern bzw. vergleichbare Institutionen in sechs europäischen Ländern dahin geführt werden, ihren Mitgliedern die Möglichkeiten von Web-Services und Co-Creativity nahezubringen und diese in der Ausführung zu unterstützen.

Weitere Informationen zum Projekt "SME Summitting" erhalten Sie direkt bei Dr. Charles Savage: charles_savage@csi.com.

 

 

 

 

 

 

 

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