Fachbeiträge
Kommunizieren und informieren in Ausnahmesituationen
von Veronika Guld
„Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht“, sagt ein altes Sprichwort, das zugegebenermaßen auf den ersten Blick nichts mit Prozessen in der Unternehmenswelt zu tun hat. Genauer betrachtet wird aber schnell erkennbar, das es exakt das ausdrückt, was Unternehmen tagtäglich erleben. Denn gerade in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise ist es unumgänglich, dass sich Unternehmen auf plötzliche Krisensituationen optimal vorbereiten – um im Ernstfall den Schaden so gering wie möglich zu halten. Ein solches Krisenmanagement beinhaltet auch eine konsequente Krisen-PR und eine zielgerichtete Kommunikation mit den Key-Playern – damit im Fall des Falles tatsächlich (nur) diejenigen Informationen nach außen dringen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Krisenmanagement bedeutet in diesem Zusammenhang also einen geschickten Umgang mit der Ressource Wissen.
Inhaltsübersicht:
Unvorhersehbare Ereignisse, Betriebsunfälle, Produktfehler, Sabotage oder andere Super-Gaus stellen Unternehmen und deren Verantwortliche vor neue Herausforderungen, die schnelles und vor allem richtiges Handeln erfordern. Die wenigsten Unternehmen haben aber für diesen Ernstfall vorgesorgt und eine Krisen-PR etabliert, die im Notfall professionell agiert und somit den Informationstransfer nach innen und außen zielgerichtet steuert. Wer jedoch erst in der Krisensituation beginnt, sich über Verantwortlichkeiten, Reaktionen und mögliche Konsequenzen Gedanken zu machen, verliert nicht nur unnötige Zeit, sondern reagiert oft auch unüberlegt.
Krisen-PR und Wissensmanagement
Was hat das aber mit Wissensmanagement zu tun? Eine ganze Menge! Denn das Notfallmanagement eines Unternehmens beschränkt sich nicht nur auf die Etablierung einer Krisen-PR, sondern erfordert auch die konsequente Nutzung des vorhandenen Wissen – angefangen bei Prozessdokumentationen über das Fachwissen der Mitarbeiter und Experten bis hin zu Handlungsempfehlungen für die konkrete Situation. All diese Informationen müssen jederzeit griffbereit verfügbar sein, um ohne Verzögerung reagieren können. Damit liefert das firmeninterne Wissensmanagement einen wichtigen Baustein für einen reibungslosen Geschäftsablauf – auch in Ausnahmesituationen.
Daraus ergeben sich konkrete Anforderungen für die Wissensmanagement-Abteilung: Sie müssen im zentralen Wissensmanagement-System – zum Beispiel dem Intranet – Krisen-Wissen sammeln und für die Notfall aufbereiten. Dazu gehören konkrete Handlungspläne, Kontaktdaten und fertige Textbausteine zur Interaktion mit Geschäftspartnern, Mitarbeitern und deren Angehörigen sowie mit der Presse und anderen Vertretern aus der Öffentlichkeit. Auch die Identifizierung von Experten zu verschiedenen Themengebieten gehört innerhalb des Krisenmanagements zu den Aufgaben der Wissensarbeiter. So können die Verantwortlichen jederzeit mit Spezialisten Kontakt aufnehmen und fehlende Informationen erfragen. Kategorisierungen helfen, sofort den richtigen Ansprechpartner zu lokalisieren.
Wichtigste Voraussetzung für das Gelingen ist es jedoch, dass die Zuständigkeiten und Zugriffsrechte eindeutig geklärt sind. Die Verantwortlichen müssen wissen, wie Sie auf die Informationen zugreifen können, wo welche Daten abgelegt sind und wie sie sich situationsgerecht anpassen lassen.
Dass Krisen-PR nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Kommunen, Länder und ganze Industriezweige sinnvoll ist, zeigt die aktuelle Banken- und Finanzkrise: Island, das von einem Staatsbankrott bedroht ist und nun Milliardenkredite von über 3,7 Milliarden Euro erhält, tut gut daran, mit seinen Investoren und Geldanlegern einen überlegten Dialog zu führen. Die 30.000 deutschen Anleger der isländischen Kaupthing Bank haben in den vergangenen Wochen hoch konzentriert auf jede Aussage geachtet, die bezüglich der Einlagenrückzahlung von dem Bankenvorstand verkündet wurde und entsprechend reagiert.
Nicht nur Todesfälle, Finanzkatastrophen oder Unregelmäßigkeiten in der Regierungsspitze sorgen für Aufsehen, sondern auch Pestizidvergiftungen von Lebensmitteln, Qualitätsmängel oder Sabotage zeigen, dass kaum eine Organisation auf Krisen-PR verzichten kann – am besten geknüpft an die Corporate Social Responsibilty (CSR) des Unternehmens. Ziel der CSR ist nämlich die Entwicklung einer unternehmerischen Verantwortung und orientiert sich dabei nicht allein an der Gewinnmaximierung, sondern berücksichtigt die Interessen verschiedener Anspruchsgruppen – intern wie extern.
Wer die Krise als Chance begreift, zukünftig anders (besser!) zu handeln – der hat das Bestmögliche aus der Situation gemacht. So wie einst Mercedes Benz: Nach dem missglückten Elchtest der A-Klasse startete das Unternehmen eine Kampagne mit dem Motto: „Wir haben daraus gelernt“. Im Folgejahr landete das verbesserte Nachfolgemodell Modell prompt auf der Top-20-Liste der Neuzulassungen. Mit einem aufrichtigen Schadensbericht, einer ehrlichen Konsequenzanalyse und entsprechende Verbesserungsmaßnahmen können Unternehmen so folglich auch nach einer Krise mit einem sauberen Image in der Öffentlichkeit auftreten.
Geraten Unternehmen in eine Krisensituation, sind sie oft nicht in der Lage, angemessen zu kommunizieren und damit die weitere Entwicklung des Vorfalls maßgeblich mit zu steuern. Auf diese Weise können Krisen schnell zu Katastrophen werden. Um dies zu verhindern, müssen Wissens- und Krisenmanagement Hand in Hand arbeiten: Effizient vorbereitete Notfallpläne mit unternehmensspezifisch ausgearbeiteten Handlungsanweisungen bilden zusammen mit einem professionellen und erfahrenen Projektmanagement die beste Voraussetzung, um unvorhergesehenen Ereignissen professionell und überlegt zu begegnen.
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