Fachbeiträge

Ausgabe 3 / /2011
Fachbeitrag Implementierung

Wissenstransfer hoch vier – Online & offline, sozial & fachlich

von Tanja Föhr

Welches Wissensmanagementsystem und welche Wissenstransferprozesse sind für Ihr Unternehmen die Richtigen? Darauf gibt es keine pauschale Antwort. Wissenstransferprozesse und Wissenstransferbedingungen müssen in jedem Unternehmen angepasst und individuell optimiert werden. Damit das passiert, sollte man sich vier Bereiche genauer ansehen: den Menschen, die Organisation, die Technik und die Kultur. In diesem Zusammenhang gilt es Antworten zu finden auf Fragen wie: Welche Lerntypen muss ich ansprechen? Wie wichtig sind intrinsische Motivation und Soft Skills? Welche Prozesse und Strukturen sind im Unternehmen bereits etabliert? Welche Technik passt zu unserer Kultur, der Organisation und unseren Lernprozesse? Zu welchen Werten steht das Unternehmen.

Inhaltsübersicht:

Mensch, Unternehmen, Technik und Kultur bestimmen maßgeblich den Erfolg von Wissenstransferprozessen im Unternehmen. Doch wie schafft man es, dass alle vier Komponenten harmonieren? Wo liegen die größten Hürden bei der Implementierung und Umsetzung? Und welche Online- und Offline-Medien helfen, den Wissensaustausch im Unternehmen zu fördern? Wie so oft gilt auch hier: Der richtige Mix ist gefragt. Denn nur wenn verschiedene Menschen- und Lerntypen auf unterschiedlichen Kanälen angesprochen werden und im Unternehmen eine Kultur der Wissensteilung vorgelebt bekommen, kann der Wissenstransfer nachhaltig gelingen.

 

Der Mensch

Netzwerke zwischen Menschen verbessern Wissenstransferprozesse. Netzwerkintelligenz und Teamintelligenz sind bedeutend größer als die Intelligenz eines Einzelnen. Dort wo Menschen sich austauschen, findet Entwicklung statt. Dort wo kein Austausch stattfindet ist keine Entwicklung und manchmal sogar eine Rückentwicklung festzustellen. Wir sollten in Unternehmen also Möglichkeit zum Austausch schaffen, doch auf was sollte man achten?

„You can´t manage knowledge. Knowledge is between two ears, and only between two ears“, stellte Peter Ducker fest. Für den Wissensaustausch bedeutet das: Er findet zwischen Menschen statt und nicht zwischen technischen Systemen oder Web-2.0-Anwendungen. Wir sollten also darauf achten, was Menschen brauchen, damit sie Wissen aufnehmen und weitergeben.

Positive Gefühle verbessern den Wissenstransfer – eine Unternehmenskultur, die auf Eigenverantwortung (Selbstwirksamkeit) und Wertschätzung beruht, schafft ein positives Arbeitsklima, das sich fördernd auf den Wissenstransfer auswirkt. Sozialräume, Workshops, Weiterbildungen in Soft Skills, Teamentwicklungen, Gesundheitsmanagement sind nur einige Maßnahmen, die die Entwicklung im Unternehmen fördern können. Bei negativem Stress reduziert das Gehirn seine Leistungen. Wir lernen zwar immer noch etwas, aber nicht so viel. Wir können es uns nicht so lange merken und wir können das Wissen nicht für Transferlösungen nutzen.

Nutzen erhöhen. Menschen lernen, wenn sie einen Nutzen davon haben. Die intrinsische Motivation, die durch den Nutzen gefördert wird, ist der erfolgreichste Motor für den Wissenstransfer überhaupt (Vgl. Manfred Spitzer). Der Nutzen kann vielfältig sein – die Möglichkeit Erfolg in der Arbeit zu haben, ist der größte und wichtigste Nutzen, den Arbeitnehmer sehen.

 

Neue Maßstäbe: Was Mitarbeiter wirklich motiviert


Neue Maßstäbe: Was Mitarbeiter wirklich motiviert

 

Kreativität, oft entscheidend für gute Arbeitsergebnisse, so der britische Organisationspsychologe Ralph D. Stacey, ist in den komplexen Wechselbeziehungen innerhalb einer Gruppe verankert und geht verloren, wenn Macht und Kontrolle diese Beziehungen beherrschen. Wichtig ist daher alle drei Punkte (Netzwerke, positive Gefühle und Nutzen) zu berücksichtigen und individuell auf die Strukturen in der Organisation, der gelebten Kultur und der möglichen Technik anzupassen.

 

Die Organisation

Was macht Ihr Unternehmen? Welche Strukturen zum Wissensaustausch online und offline gibt es? Wo arbeiten Menschen miteinander und wie? Welche Unterstützung erhalten sie zum Austausch?

  1. Die Bestandsanalyse über Struktur und Austauschmöglichkeiten ist ein wichtiger Schritt, um Wissenstransferprozesse zu optimieren. In einer weiteren Analyse sollte man feststellen, ob die Strukturen so aufgebaut sind, dass die Mitarbeiter die besten Dokumente finden und lesen können oder den besten Ansprechpartner finden. Was meinen Sie – was ist wichtiger?
  2. Welches Wissen brauchen wir für unseren Erfolg? Welches im Prozessmanagement, im Skills Management, in der Team-Organisation, in der Dokumentation, im Projektmanagement, im Anforderungsmanagement, in Reputation und Kommunikation, für Ideen und Innovation, für Lernen und Changemanagement?
  3. Zielbild entwickeln. Um ins Handeln zu kommen und Wissensmanagementmethoden (off- und online) einzuführen, sollte man in einem ersten Schritt ein konkretes Problem heranziehen. Das Pilotprojekt mit Wissenstransfertools sollte umgesetzt, Prozesse angepasst und Erfahrungen gesammelt werden. Danach evaluieren und mit weiteren Projekten starten.

 

Die Technik

Welche Rolle spielt Social Software für den Wissenstransfer? Welche Rolle spielen offline Managementtools für den Wissenstransfer?

Social Software bietet eine Fülle von Möglichkeiten, den Wissensaustausch im Unternehmen zu fördern. Jede Technologie hat ihre besonderen Vorzüge und Einsatzmöglichkeiten. (Mashups, Blog, Social Bookmarking, Social Networks, Microblogs, Forum, Tagging, Gadgets, Wikis) Doch erst die Kombination verschiedener Social Software und die individuelle Wahlmöglichkeit der Arbeitnehmer machen Social Software zu einem Erfolgsmodell. Unternehmen sollten sich für den richtigen Mix an Software folgende Fragen stellen und beantworten:

  1. Zu den Anwendern: Welche Tools könnten meine Mitarbeiter annehmen und was brauchen sie? Wie niedrigschwellig sollten die Medien sein?
  2. Zum Unternehmen: Was bleibt im Intranet zentral redigiert? Wofür wird Social Software im Internet genutzt? (Expertenblogs, Inhalte auf YouTube etc.) Was wird im Internet redigiert? (Twitter, Homepage) Wie wird die klassische Kommunikation verknüpft? (E-Mail, Newsletter) Welche Geschäftsfelder sind relevant? Und welche Möglichkeiten für eine übergreifende Integration von Intranet, Internet und den relevanten Geschäftsfeldern gibt es?

Eine gute technische Integration verknüpft Informationen aus verschiedenen Quellen, macht sie zugänglich und ist dann ein Erfolgsmodel, wenn … Ja, wenn das „Wenn“ nicht wäre. Wie fast alles im Leben, ist die einseitige Ausrichtung oft nicht so erfolgreich, wie der Mix zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten. Da Wissensaustausch nur zwischen Menschen stattfindet, sollten auch Techniken in Wissenstransferprozessen angewendet werden, die offline stattfinden – also im direkten Kontakt. Einige Tools für den Offline-Wissenstransfer sind Workshops, Tagungen, Story Telling, Lessons Learned, Wissensstafette, Mentoring System oder bei Experten, die in Rente gehen, PlanW (ein Wissenstransferprozess entwickelt von FÖHR).

 

Social Networks, Blogs & Co. - Web-2.0-Nutzung in Europa


Social Networks, Blogs & Co. – Web-2.0-Nutzung in Europa

 

Ein wichtiger Punkt neben den fachlichen Kompetenzen ist es auch, die sozialen Kompetenzen weiter zu entwickeln. Denn oft sind es menschliche Verhaltensweisen, wie Intoleranz gegenüber Fehlern, Mangel an Vertrauen, geringe Akzeptanz und Stellenwert von Wissen und unterschiedliche Kulturen, die Wissenstransfer verhindern. Fehler- und Feedbackkulturen sind deshalb ebenso wichtig wie interkulturelle Kompetenzen um Wissen von anderen aufzunehmen und eigenes Wissen verständlich darzulegen (on- und offline).

 

Die Kultur

Die passende Kultur in einem Unternehmen einzuführen ist Führungsaufgabe. Die passende Kultur ist jedoch ein Ziel und keine Voraussetzung für Wissenstransferprozesse

„Wir haben gar keine Zeit für so was.“ Oder: „Bei uns wird das sowieso nix.“ D och was noch nicht ist, kann ja noch werden – wenn man will. Die Weiterentwicklung der Firmenkultur ist ein dauerhafter Prozess, in dem die Führungskräfte die entscheidende Rolle spielen. Ihre Aufgabe ist es, die Moderatoren in einem „Netzwerkprozess“ zu sein, eine Vision, Werte und Leitlinien vorzugeben, Erfolge zu feiern und Entscheidungen zu treffen. Prof. Peter Kruse sagt dazu, dass die überzeugende Vermittlung einer von allen beteiligten Führungskräften gemeinsam getragenen Entwicklungsidee die zentrale Voraussetzung für Veränderung ist. Eine glaubwürdige Vision erleichtert es, Leistungseinbrüche zu ertragen, Unsicherheiten zu tolerieren und persönliche Risikobereitschaft vorzuleben. Haben Führungskräfte eine gemeinsame Vision, dann wirkt sich diese auf die Unternehmenskultur aus. Eine Aussage des Unternehmens zum Stellenwert des Wissens sollte deshalb im Leitbild des Unternehmens zu finden sein.

Konkret heißt dies aber auch, auf den „maßgeschneiderten" Arbeitsplatz zu achten, damit Mitarbeiter erleben, dass durch sie Wertvolles entsteht. Orientierung zu geben: Die Mitarbeiter sollen verstehen und spüren, worauf das Unternehmen ausgerichtet ist. Quantitative Ziele allein sind hier zu wenig. Es braucht Bilder und Analogien, um die Menschen in ihren Werten zu berühren. Die Werte, für die das Unternehmen steht, sollten aufgezeigt und erlebbar gemacht werden: Geht es nur um „Möglichst-hohen-Gewinn erzielen“ oder auch um etwas anderes? Den Bedarf, die Notwendigkeit von Maßnahmen deutlich zu machen: Mitarbeiter akzeptieren auch Einschnitte und hohe Leistungsziele, wenn sie erkennen, wo und warum sie gebraucht werden bzw. wofür etwas gut sein soll.

Offline- und Online-Wissenstransfertools sind Medien für die Vision und die Werte, die in einem Unternehmen gelebt werden. Eine gute Führungskraft muss nicht immer dabei sein (off- und online), aber sie gehört in bestimmten Bereichen in den Mittelpunkt der Kommunikation.

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