Fachbeiträge

Ausgabe 2 / /2018
Fachbeitrag Innovationsmanagement

Design Thinking bei 3M: Der Kunde als wichtigste Ressource

von Monica Dalla-Riva

Nie zuvor hat sich der Markt so rasant verändert wie heute. Was gestern noch Trend war, kann morgen schon wieder „out“ sein. Produkte müssen, um zu bestehen, einen Nerv der Zeit treffen. Design Thinking kann hierbei helfen: Als Kreativ-methode, die technische Machbarkeit, wirtschaftliche Rentabilität und Kundenbedürfnisse unter einen Hut bringt. Dabei lenkt Design Thinking den Fokus zurück auf die wichtigste Ressource eines Unternehmens: den Kunden. Diesen Trend hat auch der Multitech-Konzern 3M erkannt.

Inhaltsübersicht:

Täglich werden hunderte Apps auf den Markt gebracht – die wenigsten davon können sich dauerhaft durchsetzen. Woran liegt das? Innovatoren verfolgen mit ihren Apps zumeist ein ganz bestimmtes Ziel, jedoch verlieren sie während des Entwicklungsprozesses häufig den Kunden und seine Bedürfnisse aus den Augen. Ein Produkt, das zu Beginn des Prozesses sinnvoll und innovativ erschien, kann zwei Jahre später schon wieder unnütz oder überflüssig sein. Dieses Problem betrifft immer mehr Branchen.

In den vergangenen Jahren ist deshalb das Interesse von Unternehmen an Design Thinking erheblich gestiegen. Gleichzeitig, das zeigen beispielsweise Diskussionen auf Fachveranstaltungen und Kongressen, gibt es noch kein einheitliches Verständnis davon, was Design Thinking wirklich ist und was es leisten kann. Wichtig scheint daher klar zu stellen, dass Design Thinking weder eine Unternehmensphilosophie ersetzt noch ein Werkzeug ist. Es handelt sich schlicht um eine Kreativmethode, die die Arbeitsweise von Unternehmen durch eine Verlagerung der Prioritäten transformieren möchte - von der Technologie hin zum Kunden und seine Bedürfnisse.

Das Ziel, die Bedürfnisse des Kunden voll und ganz in den Fokus der Entwicklung neuer Innovationen zu bringen, wird durch die Integration des Kunden in den gesamten Entwicklungsprozess erreicht. Das beinhaltet nicht nur eine „Gefällt es oder gefällt es nicht“-Befragung der Kunden, sondern vielmehr eine aktive Mitarbeit in jeder Phase der Entwicklung. Und genau das ist es, was Design Thinking von anderen Kreativmethoden unterscheidet – die Integration des Kunden in den Entwicklungsprozess.

Beziehung zum Produkt schaffen

Kunden sind das größte Kapital eines Unternehmens. Und es spielt keine Rolle, ob sich eine Firma beispielsweise mit innovativen Technologien oder mit medizinischen Dienstleistungen befasst. Produkt und Service können noch so innovativ sein, wenn diese für den Kunden nicht von Nutzen oder Bedeutung sind, werden sie sich auf dem Markt nicht durchsetzen.

Letzten Endes geht es also darum, ein Produkt zu entwickeln, das dem Kunden einen so großen Mehrwert bietet, dass dieser nicht nur bereit ist Geld dafür zu zahlen, sondern er auch dauerhaft bei dem Produkt und seinem Anbieter bleibt. Das ist nur möglich, wenn Entwickler zukunftsorientiert auf die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden eingehen und sich kontinuierlich die Frage stellen: Was wird in den nächsten Jahren gebraucht? Und: Welche Bedürfnisse haben die Kunden von Morgen?

Denn Kunden, ihre Bedürfnisse sowie ihre Wünsche, sind nicht statisch: Was ihnen heute gefällt oder nützlich erscheint, kann sich innerhalb kürzester Zeit verändern. Kunden ändern ihre Meinung, ändern ihre Lebensweise. Design Thinking verfolgt das Ziel, die Beziehung der Kunden zu einem Produkt zu verstehen und dieses Wissen sinnvoll zu nutzen.

Visualisierung und Teamarbeit als Erfolgsindikator

Teamübergreifende und grenzüberschreitende Zusammenarbeit sind wichtige Instrumente im Rahmen von Design Thinking. Es sind Indikatoren für die erfolgreiche Entwicklung und das Bestehen eines Produkts: Studien wie etwa von Frost & Sullivan belegen, dass diese Form der Kooperation ein wichtiger Erfolgsfaktor in Unternehmen ist. Bei rund einem Drittel aller Unternehmen steht die wirtschaftliche Performance im direkten Zusammenhang dazu, wie intensiv in der Organisation miteinander gearbeitet wird.

Um das zu ermöglichen, setzen immer mehr Unternehmen auf offene Coworking Spaces. Dadurch wird eine ganz neue Form des Arbeitens gefördert: das Netzwerken untereinander. Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen profitieren auf verschiedenste Weise von teamübergreifenden und grenzüberschreitenden Kooperationen; andere Perspektiven, neue Sichtweisen und die Konfrontation von Angesicht zu Angesicht führen meist zu effektiverem Arbeiten und somit zu vielversprechenden Lösungen.

Zudem spielen Hilfsmittel zur Visualisierung von Ideen eine zunehmend große Rolle im Entwicklungsprozess. Das Bedürfnis und die Erwartung teils komplexe Sachverhalte anschaulich dargestellt zu bekommen liegt nicht zuletzt in einem generellen, gesellschaftlichen Trend zur Visualisierung begründet. Man denke nur an die steigende Beliebtheit von Apps wie Instagram.

Eine gute Visualisierung kann zudem dazu beitragen, Kunden den Mehrwert einer Innovation zu verdeutlichen - wenngleich das einer der schwierigsten Schritte im Prozess ist. Die Vermittlung des Mehrwerts können Unternehmen auf ganz unterschiedliche Arten umsetzen; durch Videos, anschauliche Pressemeldungen oder durch das Präsentieren eines Prototypens. Dabei geht es nicht so sehr darum, ein schon fertiges Produkt zu präsentieren, sondern vielmehr darum, dem Kunden zu zeigen, in welche Richtung sich dieses entwickeln könnte.

Was lange währt, setzt sich endlich durch

Design Thinking ist an und für sich kein neues Thema. Die Methode ist etwa 15 Jahre alt und hat ihren Ursprung in der Denkweise von Designern. Doch immer mehr Unternehmen schenken seit etwa eineinhalb Jahren Design Thinking mehr Beachtung, als je zuvor. Auch in den Medien rückt Design Thinking zunehmend in den Fokus. Das wachsende Interesse deutet nicht zuletzt darauf hin, dass in der Unternehmenswelt ein Umdenken unausweichlich scheint.

Der Markt wird immer komplexer und schnelllebiger. Er bietet Kunden eine riesige Auswahl an Anbietern. Dass sich einige Unternehmen wie zum Beispiel Apple, Google oder Amazon trotz des großen Wettbewerbs gegenüber anderen deutlich abheben und den Markt dominieren, haben sie zumeist Kreativmethoden wie Design Thinking zu verdanken. Auch in Deutschland integrieren immer mehr Unternehmen Design Thinking in ihren Arbeitsalltag.

Rückschläge auf dem Weg zur Innovationskultur gehören dazu und sind willkommen

Die Verlagerung des Fokus hin zu den Bedürfnissen der Kunden wirkt sich nicht nur auf einzelne Arbeitsschritte aus – sie kann auch die gesamte Unternehmenskultur verändern, neue Innovationsprozesse in Gang bringen oder bestehende verbessern. Design Thinking in der Unternehmenskultur zu verankern ist deshalb, auch nach Erfahrungen von 3M, ein mitunter aufwändiger Prozess, der ein gewisses Maß an Zeit und Energie kosten kann. Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter auf diesem Weg unterstützen, indem sie beispielsweise Workshops und Programme anbieten, um für die Methode zu sensibilisieren. Ein einheitliches Verständnis sowie Experimente mit Design Thinking erleichtern die Integration in den Arbeitsalltag zusätzlich.

3M hat vor einigen Jahren, trotz seines langjährigen Status als eines der innovativsten Unternehmen weltweit, die Bedeutsamkeit von Design Thinking erkannt und nutzt die Methode in dem Versprechen, jedes Unternehmen voranzubringen, jedes Zuhause zu verbessern und jedes Leben zu bereichern. Um für die Kreativmethode zu sensibilisieren, hat 3M unter anderem im September des vergangenen Jahres mit der School of Design Thinking des Hasso-Plattner-Instituts in Potsdam zusammen gearbeitet und an einer Podiumsdiskussion teilgenommen. Das Institut ist gemeinsam mit der d.school in Stanford, USA ein Vorreiter bei der Verbreitung von Design Thinking.

Fokussierung auf das größte Kapital – den Kunden

Gründe warum Design Thinking erst jetzt zunehmend Einzug in die Unternehmen verschiedenster Branchen hält, hängt sicher auch mit einer gewissen Skepsis gegenüber den einhergehenden Veränderungen zusammen. Design Thinking ist eine Kreativmethode, die für viele eine ganz neue Art der Arbeitsweise darstellt. Sie lässt zudem Rückschläge zu beziehungsweise nimmt diese sogar gerne in Kauf. Die Nähe zum Kunden wird über alle Prozesse gestellt. Nur so lässt sich heutzutage eine erfolgreiche Innovation auf den Markt bringen: Auch wenn es viel Energie kostet, reduzieren Rückschläge am Ende die Gefahr des Scheiterns eines Produkts.

Viele Unternehmen fragen sich dennoch, warum sie das Risiko einer grundlegenden Veränderung des Entwicklungsprozesses eingehen sollten, da die traditionelle Arbeitsweise doch grundsätzlich immer funktioniert hat. Die Antwort darauf lautet: Wer sich langfristig auf dem Markt gegen andere behaupten will, sollte seinen Fokus im Bereich Innovation noch stärker und umfassender voll und ganz auf seine Kunden legen – und damit auf eine der wichtigsten Ressourcen eines Unternehmens

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