Fachbeiträge
Customer Centricity im B2B: Kabelmanagement-Experte HellermannTyton setzt auf Personalisierung
von Arje Cahn
Wie alle Branchen befindet sich die Industrie in einem tiefgreifenden Wandel. Die Digitalisierung hat das Einkaufsverhalten von Konsumenten grundlegend verändert, und genauso informieren sich B2B-Käufer schnell und einfach über das Internet. Für Hersteller bedeutet das: Der Wettbewerb hat zugenommen, findet auf immer mehr Kanälen statt und die Customer Journey wird stetig komplexer. Hersteller werden nicht mehr nur als Verkäufer von Produkt XY wahrgenommen, sondern vielmehr als Lösungsanbieter, die mit personalisierten Angeboten und maßgeschneiderten Services auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen. Das ist nur möglich, wenn alle relevanten Daten zum Kunden zur Verfügung stehen. HellermannTyton hat die Entwicklung aufgegriffen: Um eine kundenzentrierte Digitalisierungsstrategie umzusetzen, hat das Unternehmen ein agiles, API-basiertes Headless-Content-Management-System eingeführt.
Inhaltsübersicht:
- Personalisierung als Schlüsselfaktor
- Daten gewinnbringend nutzen?
- Content separat pflegen und ausspielen
- Corporate-Website mit Self-Service-Portal
- Personalisierte Kundenerfahrung
- Fazit
Laut dem Branchenreport "B2B E-Commerce" des Instituts für Handelsforschung (IFH) Köln belief sich der Gesamtumsatz des B2B-Onlinehandels 2018 auf knapp 1,3 Billionen Euro. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Steigerung von 6,6 Prozent seit 2012. Obwohl digitale Absatzkanäle auch im Businessbereich fest etabliert sind, besteht hier noch Nachholbedarf. Eine Studie des Deutschen Dialogmarketing Verbands (DDV) und der Unternehmensberatung Absolit hat ergeben, dass bisher nur 36 Prozent der B2B-Unternehmen einen Multichannel-Ansatz im Marketing verfolgen. Einkaufsentscheider nutzen jedoch zunehmend auch Onlinekanäle, um sich zu informieren und Käufe vorzubereiten. Neben einem typischen CEO mittleren Alters mit vielen Jahren Berufserfahrung sind immer mehr Millennials in Entscheidungsprozesse involviert. Diese sind in der Onlinewelt zu Hause und daran gewöhnt, die Informationen zahlreicher Internetquellen in den Auswahlprozess einzubeziehen. Das führt dazu, dass sich Entscheider weniger intensiv mit den Anbietern direkt beschäftigen: Gartner zufolge machen Meetings mit Vertrieblern nur noch 17 Prozent der Zeit aus, die insgesamt für eine B2B-Kaufentscheidung investiert wird, wohingegen 27 Prozent in die selbstständige Onlinerecherche fließen.
Dabei achten Entscheider zum einen auf Kriterien, die auch B2C-Kunden beim Onlinekauf erwarten, allen voran ein günstiger Preis und ein angenehmes Einkaufserlebnis. Zum anderen spielen für Business-Käufer weitere Aspekte eine Rolle, wie etwa kundenspezifische Preise, individuelle Zahlungs- und Versandoptionen sowie eine hohe Servicequalität. Zudem erstreckt sich die Customer Journey im B2B-Bereich über einen längeren Zeitraum, in der Regel mehrere Monate bis zu einem Jahr.
Personalisierung als Schlüsselfaktor
Für Unternehmen heißt das: Es gilt, Interessenten an jedem Punkt der Kundenreise mit geeignetem Content zu unterstützen. Inhalt, Ton und Format der Botschaften müssen dabei zum jeweiligen Kanal passen - und, noch wichtiger, zu den tatsächlichen Bedürfnissen der Entscheider. Die oben zitierte Analyse von Gartner hat gezeigt, dass Käufer, die während der Entscheidungsphase für einen großen Auftrag die Informationen des Anbieters als hilfreich empfinden, den Kauf im Nachhinein dreimal seltener bereuen als Käufer, bei denen dies nicht der Fall war. Um den Informationsbedarf und die Wünsche der Kunden zu ermitteln, ist es notwendig, die vorhandenen Nutzerdaten aus dem CRM-System, den Social-Media und der Website zu analysieren. Für einzelne Mitarbeiter ist dies eine kaum zu bewältigende Mammutaufgabe. Neuartige Machine-Learning-Tools hingegen sind bereits gut darin, in großen Datenmengen Muster zu erkennen und aus dem bisherigen Nutzerverhalten Vorhersagen abzuleiten. Wer so das Big-Data-Chaos bändigt und sich von seinen Buyer-Personas ein klares Bild macht, ist in der Lage, Interessenten genau richtig zu adressieren.
Auch nachdem ein Kunde gewonnen ist, kommt es auf optimalen Service an. Es sollte für Kunden möglichst einfach und komfortabel sein, Produkte nachzukaufen. Ebenso müssen sie bei Fragen zum gekauften Produkt schnelle, effektive Hilfe erhalten. Ein angenehmes Einkaufserlebnis setzt voraus, dass die relevanten Informationen mit wenigen Klicks auffindbar sind: Welches Produkt benötige ich? Ist es in der gewünschten Menge vorrätig? Was kostet es? Lässt sich der Liefertermin genau festlegen? Wohin kann ich mich bei einem Problem wenden? Individuelle Konditionen sowie den passenden Service vor, während und nach dem Kauf zu bieten, funktioniert nur, wenn sämtliche Daten - sowohl zum Produkt als auch zum Kunden - über alle Abteilungen hinweg zentral zur Verfügung stehen. Nur dann sind Unternehmen in der Lage, die Customer Experience zu personalisieren.
Daten gewinnbringend nutzen
Worauf legen B2B-Kunden Wert? Was zeichnet eine erfolgreiche E-Business-Strategie aus? Und wie lässt sie sich technisch umsetzen? Diese Fragen treiben auch Alexander Platzbecker um, Head of Global E-Business bei HellermannTyton. Das Unternehmen mit deutschem Sitz in Tornesch bei Hamburg ist ein Hersteller von Produkten zum Bündeln, Befestigen, Verarbeiten, Verbinden, Isolieren, Schützen und Kennzeichnen von Kabeln und Leitungen. HellermannTyton hat Niederlassungen in 39 Ländern und beschäftigt mehr als 5.400 Mitarbeiter. Platzbecker verantwortet die weltweite E-Business-Strategie und deren Umsetzung einschließlich SEO-Maßnahmen, Content-Marketing, Social-Media-Aktivitäten und Monitoring. "Ich und mein Team verstehen uns als interne Serviceabteilung, die IT-Systeme so miteinander verknüpft, dass relevante Daten verfügbar sind, wann und wo immer Kunden und Mitarbeiter sie benötigen", erklärt Alexander Platzbecker. "Um unsere digitale Kommunikation stringent am Kunden auszurichten, brauchte es eine neue Infrastruktur: ein System für sämtliche Kanäle in allen Ländern, das Funktionen für die Produktpräsentation und -suche mit weiteren verkaufsfördernden Features kombiniert - und dabei auf eine einzige, zentrale Datengrundlage zurückgreift."
Content separat pflegen und ausspielen
Die passende Lösung für diese Herausforderung hat HellermannTyton in einem neuen Content-Management-System gefunden, das über APIs direkt auf die zentrale Cross-Media-Plattform des Unternehmens zugreift und so den Ansprüchen an Flexibilität und Personalisierung gerecht wird. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen CMS sind bei dem Java-basierten Headless-System von Bloomreach die Content-Pflege und die Content-Auslieferung an die verschiedenen Kanäle voneinander getrennt. Da die Frontend-Darstellung vom Backend entkoppelt ist, lassen sich Inhalte einmalig produzieren und unkompliziert an allen gewünschten Touchpoints bereitstellen. So kann HellermannTyton beispielsweise SEO-Content für die Website in rund 30 Sprachen erstellen - ohne dabei 30 separate Websites betreiben zu müssen.
Corporate-Website mit Self-Service-Portal
Auf der Grundlage dieses flexiblen Datenmanagement-Systems baut HellermannTyton seine globale E-Business-Strategie auf. Deren zentraler Baustein ist die neue Corporate-Website im Responsive-Design. Die Website bietet Kunden und Interessenten ein personalisiertes Nutzererlebnis. Mit dem - das CMS ergänzenden - Experience-Tool ist es etwa möglich, die Website-Besucher verschiedenen definierten Personas zuzuordnen und mit dem für sie relevanten Content zu versorgen. Darüber hinaus können sich Kunden online für den persönlichen Bereich "MyHellermannTyton" registrieren. Hier eingeloggt, profitieren sie von diversen Features: Merklisten, das Anzeigen von verwendeten Suchbegriffen, die Möglichkeit, eine Übersicht der vom Kunden verwendeten Hardware anzulegen, ein persönlicher Download-Bereich etc. Mit einem solchen Self-Service-Portal finden B2B-Käufer schneller, wonach sie suchen, und profitieren von einem reibungslosen Prozess. Das stärkt die Kundenbindung und gleichzeitig sinken die eigenen Service-Kosten.
Um auch intern die Verfügbarkeit von Informationen zu verbessern, hat HellermannTyton ein weltweites Intranet mit Single-Sign-on-Zugang aufgebaut. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden hier nicht nur umfassende Daten zu sämtlichen Produkten, sondern können auch ihr Wissen mit den Kollegen teilen und bestimmte Personalprozesse über das Portal abwickeln.
Personalisierte Kundenerfahrung
HellermannTyton hat ein "unternehmensweites digitales Ökosystem" etabliert, so Alexander Platzbecker. "Wir haben länderübergreifende Standards geschaffen, um unsere Multichannel-Strategie möglichst effektiv und effizient umzusetzen. Die Präsentation unserer Produkte, die Suchfunktionalitäten und weitere Features zur Personalisierung dienen alle demselben Ziel: jeden Kunden zu jeder Zeit mit den passenden Informationen und Angeboten zu versorgen", erläutert er. "Das hat sich unmittelbar in Zahlen niedergeschlagen: Wir beobachten einen deutlichen Anstieg der Sitzungs- und Besucherzahlen, der Sucheingaben und der Konversion."
Käufern und Interessenten eine personalisierte Einkaufserfahrung zu ermöglichen, ist einer der Schlüssel zu Customer Centricity. Insbesondere im B2B-Bereich ist es keine einfache Aufgabe, den Fokus konsequent auf den Kunden zu richten. Diejenigen, die ein Produkt auswählen, sind in der Regel nicht die, die es später nutzen. Darüber hinaus können weitere Parteien in den Kaufprozess involviert sein, beispielsweise die Geschäftsführung oder die Rechtsabteilung. Laut Gartner setzt sich ein typisches Buying-Center für eine komplexe B2B-Lösung aus sechs bis zehn Entscheidern zusammen. Umso wichtiger ist es, die relevanten Personas zu identifizieren und sie auf ihrer Customer Journey passgenau zu unterstützen. Dafür eignen sich verschiedene Content-Formate, die exakt die Bedürfnisse aufgreifen, die die Persona aufgrund ihrer Rolle im Entscheidungsprozess hat. Welche unterschiedlichen Inhalte verschiedenen Besuchergruppen auf der Website angezeigt werden, können die Content-Manager bei HellermannTyton jetzt ganz einfach mit wenigen Klicks festlegen. Die Software verfügt über ein eigenes Modul für Relevance Targeting. Dieses passt Web-Inhalte in Echtzeit an die Interessen unbekannter Nutzer an - ausgehend von Merkmalen wie etwa der Standort des Nutzers oder sein bisheriges Klickverhalten.
Fazit
Industrieunternehmen sollten den Fokus ihrer Commerce-Strategie auf eine begeisternde, personalisierte Customer Experience legen. So wie sich Kunden und Entscheider verändern, so muss sich zwangsläufig auch die Customer Journey verändern. Nur wenn sich Kunden mit ihren individuellen Bedürfnissen wahrgenommen und dementsprechend betreut fühlen, lassen sie sich dauerhaft binden. Big Data macht es möglich, zu erkennen, wofür Online-Nutzer sich interessieren, und durch Personalisierung gelingt es, ihnen genau das zu bieten. Suchergebnisse, Content und Kommunikation müssen stets den richtigen Nerv der Adressaten treffen. Darum gilt es, vielfältige Systeme miteinander zu verknüpfen und Daten zusammenzuführen. Informationsmanagement und Personalisierung sind somit zwei Schlüsselfaktoren eines kundenzentrierten Unternehmens. Alexander Platzbecker resümiert: "Die digitale Zukunft ist geprägt von einer sinnvollen Analyse personenbezogener Daten, um eine personalisierte Ansprache und personalisierte Services für Kunden und Mitarbeiter zu realisieren. Wer als Industrieunternehmen Multichannel-Commerce erfolgreich betreiben will, braucht dementsprechend flexible und miteinander kombinierbare IT-Systeme und -Tools. Daten ebenso effizient wie zielgerichtet zu nutzen, ist die Voraussetzung für eine Customer Experience, die den individuellen Kunden in den Mittelpunkt stellt."
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