Fachbeiträge

Ausgabe 1 / /2021
Fachbeitrag Human Resources

Learning & Development: Mitarbeiterkompetenzen individuell weiterentwickeln

von

In den vergangenen 15 Jahren haben innovative Unternehmen der Internet-Ära völlig neue Branchen hervorgebracht und hochqualifizierte Arbeitskräfte zu ihrer Unterstützung angeworben. Woher wussten die Unternehmen, wie sie diese Rollen schaffen sollten? Und woher wussten sie, welche Fähigkeiten für die Besetzung dieser Stellen erforderlich sein würden?

In den vergangenen 15 Jahren haben innovative Unternehmen der Internet-Ära völlig neue Branchen hervorgebracht und hochqualifizierte Arbeitskräfte zu ihrer Unterstützung angeworben. Woher wussten die Unternehmen, wie sie diese Rollen schaffen sollten? Und woher wussten sie, welche Fähigkeiten für die Besetzung dieser Stellen erforderlich sein würden?

Bildquelle: (C) Gerd Altmann

Es gibt zwei Möglichkeiten, um den Bedarf an Qualifikationen und Kompetenzen zu steuern:

  1. Der datengetriebene Ansatz basiert darauf, Modelle zu erstellen oder zu nutzen, um einen Ausgangspunkt zu identifizieren, und dann Daten zu analysieren, um die Initiative nach Bedarf anzupassen. Dieser Ansatz beginnt mit dem Businessplan des Unternehmens, der in die Top-Fähigkeiten unterteilt wird, die zu dessen Unterstützung benötigt werden. Dies führt zu einer unternehmensweiten Taxonomie für zukünftige Fähigkeiten. Mehrere namhafte Unternehmen, darunter Amazon und JP Morgan Chase, haben diesen Ansatz gewählt.

  2. Der mitarbeitergetriebene Ansatz basiert auf Crowdsourcing der benötigten Fähigkeiten durch Gespräche mit denjenigen, die die Arbeit ausführen. Die Aktivitäten der Mitarbeiter können sowohl für Social Learning als auch für die Zusammenstellung des Kompetenzen-Pools in Unternehmen genutzt werden. Jüngsten Forschungsergebnissen von Degreed zufolge sind 90 Prozent der Arbeitnehmer zuversichtlich zu wissen, welche Fähigkeiten sie benötigen, um in ihrer aktuellen Rolle besser zu arbeiten. 82 Prozent sind zuversichtlich zu wissen, welche Fähigkeiten sie benötigen, um ihre Karriere voranzubringen.

Auswahl der geeigneten Strategie

Die Entscheidung bezüglich des grundlegenden Ansatzes ist der erste Schritt zur Schaffung von beruflicher Mobilität im Unternehmen, aber sicherlich nicht der letzte. Ganz gleich, welchen Ansatz ein Unternehmen wählt, ist Agilität der Schlüssel zum Erfolg. Hierbei stellen sich die folgenden Fragen:

  • Welche Rolle spielen die Führungsteams bei der Umsetzung einer auf Fähigkeiten basierenden Vision für die Zukunft?
  • Welche Partnerschaften gibt es, die helfen, eine unternehmensweite Kompetenzstrategie und -taxonomie voranzutreiben?
  • Verfügt das Unternehmen über die Technologie, die Prozesse und die auf Berechtigungen basierende Kultur, die eine mitarbeitergetriebene geprägte Strategie unterstützen?
  • Verfügt es über die Tools und das Team, um die verschiedenen Datenpunkte, die aus einer sich entwickelnden Crowdsourcing-Strategie hervorgehen könnten, zusammenzufassen, zu analysieren und Entscheidungen zu treffen?

Um die Transformation zu einer zeitgemäßen Learning & Development (L&D)-Vorgehensweise zu erreichen, sind sechs Schritte erforderlich:

1. Verfeinerung der inhaltlichen Strategie

Beliebte Plattformen bieten jedes Mal frische, relevante Inhalte für die Verbraucher, siehe Instagram, Netflix, aber auch Tinder oder Bumble. Sie sind modern, hochwertig und maßgeschneidert. Unternehmen, die ein neues Lernökosystem implementieren wollen, sollten ihre langfristige Inhaltsstrategie planen. Empfehlenswert ist eine Verlagerung von klassischen Schulungen auf andere Ressourcen. Schulungen haben immer noch ihren Platz im L&D-Angebot. Laut jüngsten Untersuchungen gaben nur 26 Prozent der Befragten an, dass sie sich an ihre Personalabteilung oder Schulungsteams wenden, wenn sie etwas Neues lernen wollen. Die gleiche Studie hat Folgendes ergeben:

  • 65 Prozent der Arbeitnehmer nutzen spezifische Websites zum Lernen.
  • 53 Prozent benutzen Suchmaschinen.
  • 62 Prozent wenden sich an ihre beruflichen Netzwerke.
  • 45 Prozent fragen Mentoren.
  • 44 Prozent fragen Teamkollegen.
  • 33 Prozent nutzen soziale Online-Communitys.

Unternehmen sollten alle diese - offensichtlich leichter zugänglichen und beliebteren - Lernmodalitäten in eine moderne Inhaltsstrategie einbeziehen.

2. Definieren eines neuen Zielbetriebsmodells

Einige Lernprozesse, wie das Compliance-Training, finden in einem jährlichen Rhythmus statt oder müssen zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfinden. Andere Lernprozesse müssen nicht unbedingt einem festen Zeitplan unterliegen, sondern sollten eher bedarfsorientiert sein. Die L&D-Strategie sollte sich viel mehr an einer Notaufnahme orientieren. In der Notaufnahme wird eine kleine Schnittwunde nicht mit einem Herzinfarkt gleichgesetzt. Medizinische Fachkräfte priorisieren auf der Grundlage dringender Bedürfnisse - und die L&D-Abteilung sollte nicht anders agieren.

3. Handeln wie ein Leistungsberater

Wenn man sich wie ein Geschäftspartner - oder eine Notaufnahme - verhält, heißt das, dass man zu Dingen Nein sagen muss - oder zumindest "nicht jetzt". Um echte Ergebnisse zu sehen, ist konsequente Effizienz nötig. Moderne L&D-Abteilungen können nicht mehr einfach nur Bestellungen entgegennehmen. Stattdessen sollte sich die Priorisierung auf Daten und nachgewiesene Lücken stützen. Wenn dies der Fall ist, werden L&D-Führungskräfte zu Leistungsberatern für das Unternehmen, die echte, nachweisbare Ergebnisse erzielen.

4. Nutzung eines datengetriebenen Lerndesigns

Daten können auch bei der Entscheidungsfindung helfen, sie machen sie intelligenter in Bezug auf das Lernangebot. F&E-Führungskräfte nutzen Daten, um zu verstehen, welche Art von Inhalten am besten funktioniert und wie und wann die Menschen diese Inhalte am ehesten konsumieren. Daten sind für den Nachweis der Wirkung unerlässlich. So empfiehlt es sich, immer mit einem Benchmarking der aktuellen Fähigkeiten des Unternehmens zu beginnen. Die L&D-Initiativen gilt es hinsichtlich Retention, Performance, Engagement, Geschwindigkeit bis zur Produktivität und anderen Kennzahlen, die sich auf größere Unternehmen auswirken, zu prüfen.

5. Erwartungen der Interessengruppen managen

Die verschiedenen Interessengruppen sind gewohnt an die Art und Weise, wie Unternehmen L&D traditionell betrieben haben. Während es anfangs vielleicht interne Unterstützung gibt für Neuerungen, wird manch einer vielleicht skeptisch, wenn er die Veränderungen sieht oder erkennt, dass seine Wünsche nicht immer sofort erfüllt werden. Es ist äußerst wichtig, die Erwartungen aller Interessengruppen zu managen, von den Führungsteams bis hinunter zu den Endbenutzern.

6. Neue L&D-Fähigkeiten entwickeln

In diesem neuen Zeitalter von L&D werden neue Fähigkeiten erforderlich sein. Fähigkeiten wie Marketing, Datenanalyse, digitaler Journalismus, Community Management und andere sind das, was L&D-Führungskräfte heute entwickeln sollten. Leider sind nicht alle für diesen Wandel bereit. Etwa ein Drittel einer durchschnittlichen L&D-Abteilung wird bereit sein, sich der Zukunft des Lernens zu stellen und neue Fähigkeiten zu entwickeln. Das nächste Drittel wird bereit sein für die Modernisierung, aber könnte nach einer gewissen Unterstützung verlangen, um dorthin zu gelangen. Das letzte Drittel könnte wirklich mit dem Ausmaß dieser Transformation zu kämpfen haben. Dieser Teil sollte die Möglichkeit bekommen, Verantwortung für die Teile des Lernens übernehmen, die auf traditionellere Weise funktionieren, wie z.B. Compliance- und Führungstraining.

Wodurch zeichnet sieht eine gute L&D-Lösung aus?

Lerntechnologie ist wie ein leistungsstarkes Fahrzeug, ein Sportwagen, den der Fahrer wirklich beherrschen muss, um ihn fahren zu können, weil er sonst einen Unfall baut und jäh gestoppt wird. Dies lässt sich zwar vermeiden, indem man langsam und vorsichtig fährt und nur ein Minimum des Potenzials abruft. Dann stellt sich jedoch die Frage nach dem Sinn eines besonders leistungsstarken Fahrzeugs. Unternehmen, die in ein leistungsstarkes Tool investieren wollen, werden den maximalen Nutzen nur dann erzielen, wenn sie sich die Zeit nehmen, zu lernen, wie sie die neue Technologie effektiv nutzen können. Dies bedeutet nicht nur eine Änderung der Denkweise, sondern auch der Lernkultur des L&D-Teams.

Sinnvoll ist eine Lösung, die so agil und flexibel ist wie die Mitarbeiter. Unternehmen sollten nicht nur nach Funktionalitäten Ausschau halten, sondern nach einem Partner. Es geht schließlich immer um Menschen, nicht um Technik. Ein guter Partner wird die Kreativität im Unternehmen herausfordern und neue Wege aufzeigen, um bestehende und künftige Herausforderungen zu meistern.


Der Autor:

Dan Tesnjak ist Vice President EMEA bei Degreed.

 

 

 

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