Bewährte Lösungen, feste Kooperationen, alte Gewohnheiten: Weil weite Teile der Baubranche noch immer in analogen Strukturen agieren, eröffnen digitale Methoden wie Building Information Modeling (BIM) für die Bauindustrie völlig neue Vertriebswege. „Indem Baustoffhersteller ihre Produkte BIM-konform zur Verfügung stellen, erreichen sie Planer und Architekten über BIM-Autorensysteme auf der ganzen Welt, die bisher womöglich noch nicht mit deren Produkte gearbeitet haben. Dadurch definiert sich ein neues Marktsegment für die gesamte Baustoffindustrie, weil sie direkten Zugang zu neuen Architekten erhält. Zudem können Hersteller Planungsdaten direkt für Großabnehmer (GU) bereitstellen”, erklärt Matthias Uhl, Gründer und Geschäftsführer von Die Werkbank.
Digitale Auffindbarkeit entscheidend
BIM-Experte Uhl zufolge werden die Karten auf dem Herstellermarkt aktuell neu gemischt – und damit auch im Vertrieb. Planer und Architekten greifen beim digitalen Zeichnen in CAD-Programmen auf BIM-Objekte der Industrie zurück, die sie über Downloadportale herunterladen oder über Plugins in das Planungsprogramm integrieren. „Durch die Umstellung auf BIM erzielen Baustoffhersteller eine größere Präsenz. Sie werden für digitale Planer plötzlich erstmals sichtbar, weil sie dort auffindbar sind, wo sich die Quellen der digitalen Zeichner befinden. Dadurch wiederum werden auch bisher unbekannte Produkte und Lösungen in viel früheren Planungsstadien berücksichtigt”, erklärt Uhl.
Gerade für kleinere Betriebe bietet BIM damit ein Sprungbrett in neue Absatzmärkte jenseits des Heimatmarktes. „Einem Allgäuer Fensterbauer mit smarten Lösungen sind theoretisch keine Grenzen mehr gesetzt. Im Planungsprogramm kommt es vor allem darauf an, welche Lösung am besten die Planungsanforderung erfüllt“, erklärt Uhl. Die Digitalisierung durch BIM erhöht damit die Chancengleichheit für Produzenten unabhängig von der bisherigen Marktdurchdringung.
Hersteller müssen auf Aktualität und Datenhoheit achten
Das digitale Parkett ist nicht nur Gewinn im Vertrieb von Baustoffproduzenten, sondern stellt sie gleichzeitig vor ganz neue Herausforderungen. BIM-Objekte müssen für Planer und Architekten stets aktuell sein. „Wir beobachten, dass große Planungsbüros die eigenen Architekten dazu anhalten, BIM Objekte nur von Herstellern zu verwenden, die auf Single Sourcing setzen”, sagt Uhl. Single Sourcing bedeutet, dass BIM-Objekte eines Herstellers dessen PIM-System abbilden. „Ein Bauprodukthersteller kann auf diese Weise gewährleisten, dass die verwendeten Daten wirklich aktuell sind. Gleichzeitig profitiert die Industrieseite von dieser Technologie, weil nur auf diese Weise das Produktportfolio aufwands- und kostenoptimiert in BIM-Daten aufbereitet werden kann“, erklärt Uhl. Der Baustoffproduzent pflegt die Daten nach wie vor ausschließlich an einer einzigen Stelle, nämlich im hauseigenen PIM-System. Die Vorteile für die Industrie sind laut Uhl: nahtlose Prozesse, Datenhoheit, Aktualität und ein lückenloser Datenbereitstellungsprozess.
Datenintegrität rückt in den Vordergrund
Real Single Sourcing ist zugleich eine Garantie für Baustoffproduzenten, dass die Datenhoheit immer im eigenen Haus verbleibt. Durch diese Datenintegrität kann die Baustoffindustrie Produktions-, Vertriebs- sowie Produktdaten selbst erfassen und auf dieser Grundlage Produkte und interne Prozesse optimieren. Uhl: „Ein Hersteller kann zum Beispiel messbar machen, wie oft sein Produkt in einem bestimmten Gebäude geplant wird und damit Vorhersagen für das gesamte Warenwirtschaftssystem ableiten.“ Zudem haben Baustoffhersteller Sicherheitsrisiken selbst in der Hand.