Laut einer Studie nutzen nur 13 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Deutschland die Möglichkeit, auch international nach Fachkräften zu suchen. Viele verlassen sich auf den deutschen Stellenmarkt und sind anschließend enttäuscht, wenn sich kein geeigneter Bewerber findet. "Mit verheerenden und teuren Folgen", wie der Personalberater und Spezialist für internationale Personalvermittlung Dr. Thomas Wendel feststellt. Im Ausland gebe es vergleichsweise viele gut ausgebildete Fachkräfte und Experten - insbesondere in der IT, bei Ingenieuren und in technologischen Berufen. Da gerade diese Branchen ohnehin sehr international agierten, sei auch die deutsche Sprache als besondere Hürde für eine Einstellung deutlich zu relativieren.
"Die deutschen Unternehmen sind zu verwöhnt", meint Dr. Thomas Wendel, der mit seiner Personalberatung tw.con auf die Vermittlung hochqualifizierter Fachkräfte aus dem europäischen Ausland spezialisiert ist und primär für Mittelständler aus der Hightech-Branche rekrutiert. Im Vergleich zu kleineren Volkswirtschaften wie beispielsweise den Niederlanden oder den skandinavischen Staaten ließen deutsche Unternehmen beträchtliche Personalpotenziale außer Acht. "In diesen Ländern gibt es einen sehr hohen Anteil ausländischer Spezialisten. Würden die dortigen Unternehmen Norwegisch, Schwedisch oder Niederländisch als Formalqualifikation an erste Stelle setzen, gebe es ganze Wirtschaftszweige nicht", erklärt er. Viel wichtiger als die Sprache - die könne man ja lernen - seien Themen wie Qualifikation, Motivation und Integrationsfähigkeit im weitesten Sinne. Tugenden, die man gerade bei sogenannten High Potentials erwarten könne und auch häufig antreffe, gerade dann, wenn diese wegen der besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen in ein anderes Land zögen. "Deutschland ist attraktiv für Top-Qualifizierte." Leider würde genau diese Zuwanderungsbereitschaft von Spitzenkräften seitens der heimischen Unternehmen zu wenig genutzt.
Ein Grund dafür: Gerade mittelständische Unternehmen scheuen den vermeintlichen Aufwand, den sie bei der internationalen Personalvermittlung und einem internationalen Rekrutierungsprozess vermuten. "Das ist aber dank EU und mit professioneller Unterstützung leicht zu bewältigen", relativiert der Rekrutierungsexperte Wendel. Hier müsse kein Unternehmen Sorge haben, in Bürokratie zu ertrinken. Auch die Kosten seien relativ zu sehen. Eine unbesetzte Stelle mit den entsprechenden Verlusten an Produktivität koste ein Vielfaches. Das gehe schnell in die Zigtausende. Fachkräftemangel lasse sich nicht aussitzen.
"Es ist ein Umdenken erforderlich. Deutschland ist wirtschaftlich ein Global Player. Leider verhalten sich viele Personalentscheider und Geschäftsführer nicht so. Die Internationalisierung muss endlich auch global in die Personalwirtschaft und in den Köpfen der Entscheider ankommen", so Wendel abschließend.