Die CeBIT hat gezeigt, Digitalisierung ist in aller Munde. Doch viele Unternehmen wissen gar nicht, was damit eigentlich gemeint ist. Sie folgen einem Trend und definieren Digitalisierung als Zukunftsthema – leider aber oft, ohne einen wirklichen Plan zu haben. Das zumindest bemängelt André Daus. Der Unternehmenstuner und Experte für komplexe Veränderungsprozesse monierte nicht nur im Rahmen seines Vortrages auf der CeBIT die Konzeptionslosigkeit vieler Unternehmen, sondern aktuell auch im Rahmen vieler Beratungsmandate. „Alles, was ein Unternehmen veranlasst, muss einem Ziel dienen – einem Ziel, das sich nachvollziehbar rechnet.“
Leider, so der gelernte Bank- und Diplom-Kaufmann, sei das nicht nur beim Thema Digitalisierung so. „Oft wird ein Begriff in den Raum geworfen, den alle gut finden, und dann wird einfach was gemacht – ohne Plan, ohne Ziel, ohne Verstand“, stellt Daus fest. Oft seien die Konsequenzen gar nicht absehbar. Dabei sei eine technologische und gesellschaftliche Entwicklung nicht per se gut, alles habe auch Schattenseiten und erfordere eine Abwägung. „Wenn diese Abwägung dann getroffen ist und zu den unternehmerischen Zielen, zum Geschäftszweck, passt, erst dann kann sinnvollerweise agiert werden. Dann ist auch Hochdruck angesagt.“ So sieht Daus das auch beim Thema Digitalisierung: „Es muss klar sein, was gemeint und gewollt ist.“ Es brauche eine klare Definition. Die Aussage „Wir stellen unsere bisherigen manuellen Prozesse zukünftig auf computergestützte Workflows um, um damit Wege zu verkürzen, Verwaltungsaufwand zu reduzieren und Abläufe zu beschleunigen, und am Ende werden wir x Euro eingespart haben“, habe Sinn. Dann sei klar, was gemeint ist und welchem Ziel es dienen soll. Oft aber fehle genau diese individuelle und konkrete Definition des Begriffs Digitalisierung.
In der Verantwortung sieht der Risikoanalyst Daus hier auch die Politik. Viel zu leichtfertig werfe diese Begriffe in den Raum, die dann zum Hype werden, zudem oft gefördert durch Milliardensubventionen, aber eben ohne Gesamtstrategie und Chancen-Nutzen-Abwägung. Ähnlich sei es leider oft auch in Unternehmen: Einer gebe was vor und andere laufen entweder hinterher oder aber versuchen, die Entwicklung aus persönlichen Motiven heraus zu bremsen. Deswegen, so Daus, sollten konkrete Innovationsmaßnahmen auch nicht basisdemokratisch in der Belegschaft diskutiert werden. „Erst wird mit klarer Definition entschieden, dann informiert, dann umgesetzt“, fordert Daus von modernen Managern, der nicht zuletzt wegen seiner extremen Zielstrebigkeit und Ergebnisorientierung immer wieder im Rahmen komplexer Projekte um Rat gefragt wird. Eine Devise, die bei weitem nicht nur für das Thema Digitalisierung gelte, sondern für viele Begriffe, die wie Monstranzen von Managern vor sich hergetragen würden.
Außerdem, so Daus, brauche es eine neue Fehlerkultur. So lange Fehler bestraft würden und ausschließlich als Manko gelten, werde Innovation immer sehr langsam vonstattengehen. „Erst wenn Fehler belohnt werden und die aus ihnen gewonnen Erkenntnisse in das Unternehmen als Lösung einfließen, entsteht Fortschritt.“ Das Wichtigste aber sei der Abgleich aller Entscheidungen mit dem Nutzen für das Geschäftsmodell. „Auf dem Markt konkurrieren Geschäftsmodelle, Ideen und Konzepte miteinander, nicht Projekte, Begriffe und trendige Vorhaben. Nur, was dem Ergebnis dient, ist es wert, umgesetzt zu werden“, so Daus abschließend.