„Wir werden uns immer mehr bewusst, dass die wichtigsten Fragen zur Technologie nicht technische, sondern menschliche Fragen sind.“ Dieser berühmte Satz stammt vom legendären Managementberater Peter Drucker; er schrieb ihn 1967. Fast fünfzig Jahre später eröffnete Charles-Edouard Bouée, Vorstandschef von Roland Berger, im Münchener Büro der Unternehmensberatung das Peter Drucker Forum zur Frage „Wie menschlich ist Ihre digitale Agenda?“. Mehr als 50 hochrangige Führungskräfte aus Old und New Economy verfolgten die lebhafte und fundierte Debatte zum immer schneller werdenden Wandel im Arbeitsleben des noch jungen 21. Jahrhunderts.
Bouée betonte: „Wir dürfen Digitalisierung nicht nur unter dem Aspekt, Menschen durch Maschinen zu ersetzen, betrachten. Technologie ist die Spitze des Eisbergs, nur ein Teil eines Dreigespanns, zu dem auch Organisation und Kultur gehören. Eine Veränderung, die ausschließlich technologiegesteuert ist, hat nur wenig Erfolgschancen.“ Dr. Richard Straub, Präsident der Peter Drucker Society und Mitveranstalter, schloss sich dem an: „Von allen auf unserem Planeten verfügbaren Ressourcen werden gerade die menschlichen Fähigkeiten am wenigsten ausgeschöpft. Technologie kann uns dabei helfen, dieses gewaltige, brachliegende Potenzial an Fähigkeiten, Wissen, Motivation und Talent zu nutzen. In einer Sharing Economy könnte das die soziale Innovation in einem nie dagewesenen Ausmaß vorantreiben.“
Auf dem Podium saßen Laurent Blanchard, Vice President Global Field Operations für Europa von Dassault Systèmes, Dr. Lars Finger, Vice-President E-Commerce der Otto Group, Andreas Haug, Managing Partner von e.Ventures, Jane McConnell, Digitalisierungsexpertin, und Thomas Sattelberger, Sprecher des Nationalen MINT Forums. Die Diskussionsleitung und Moderation übernahm Sarah Cliffe, leitende Redakteurin bei der Harvard Business Review.
Die Podiumsgäste waren sich einig, dass die Digitalisierung Grenzen aufbricht und so Innovationspotenzial freilegt, durch das eine äußerst leichte, offene, flexible und vielseitige Umgebung entsteht. Digital bedeutet somit auch, das Umfeld für fortgesetztes Lernen zu schaffen – auch für solche Unternehmen, die bereits seit langem auf dem Markt etabliert sind. Organisationen sollten sich außerdem verstärkt auf Kernelemente wie Transformation, Beteiligung, Kreation und Wagnis konzentrieren, um dem digitalen Wandel erfolgreich zu begegnen. Es geht um Technologie, aber es reicht nicht aus, IT-Experten einzustellen – die ganze Organisation muss auf die digitale Reise mitgenommen werden. Startups und junge Unternehmen aus dem E-commerce-Bereich sind hingegen mit dieser Art des Wandels nicht konfrontiert. Für sie bedeutet das Fehlen einer langen Tradition geradezu einen strategischen Vorteil, denn „Digital Natives“ betrachten die Welt mit unvoreingenommenem Blick. Wenn der Zugang zu Kapital, Ressourcen, Talenten, Technologie und Wissen nicht begrenzt ist, gelten auch keine Ausreden. Viele Startups begeistern sich für das Aufbrechen von Grenzen: Open Source und Sharing treten an die Stelle von geistigem Eigentum und Wissensmonopol.
Die Teilnehmer der gemeinsamen Diskussionsrunde von Roland Berger und dem Peter Drucker Forum hoben auch hervor, dass die Digitalisierung des Geschäftslebens mit einer großen Experimentierfreude der Mitarbeiter einhergeht. Diese sollten bereit sein, ihren Beitrag zu leisten, um Firmenstrukturen zu dezentralisieren und sich gegenüber der externen Umwelt zu öffnen. „Ohne entsprechendes Bewusstsein und Entschlossenheit des Managements werden Organisationen den digitalen Wandel nicht schaffen“, sagt Charles-Edouard Bouée, Vorstandschef von Roland Berger. Peter Drucker bezeichnete Manager einmal als die „wichtigste Führungsgruppe der Gesellschaft“. Diesem Aufruf sollten Manager Folge leisten, damit die digitale Agenda auch wirklich Erfolg haben kann.