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Auf dem deutschen Arbeitsmarkt herrscht zunehmende Dynamik. Während sich wie schon im Vorjahr die emotionale Bindung an den Arbeitgeber nach einem „PandemieHoch“ auf einem sehr niedrigen Niveau einpendelt, erreicht die Wechselbereitschaft einen Rekordstand.
Nur 14 Prozent der Befragten (2022: 13 %) erleben ein durch gute Führung geprägtes Arbeitsumfeld, das in einer hohen emotionalen Bindung resultiert. Der diesjährige Wert liegt zwar leicht über dem des Vorjahres, ist aber im Zeitverlauf der zweitniedrigste seit 2011. Der überwiegende Teil der Arbeitnehmenden (67 %, 2022: 69 %) ist nur gering gebunden und macht Dienst nach Vorschrift. Die Zahl der Arbeitnehmenden, die bereits innerlich gekündigt haben, nimmt weiter zu und liegt mit 19 Prozent so hoch wie seit 2012 nicht mehr (2021: 14 %, 2022: 18 %). Innere Kündigung ist aber nicht nur ein Problem für Unternehmen, deren Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit darunter leidet, sondern auch ein volkswirtschaftliches: Denn die dadurch entstehenden Kosten aufgrund von Produktivitätseinbußen belaufen sich laut Berechnungen auf Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2023 auf eine Summe zwischen 132,6 und 167,2 Milliarden Euro.
Mut zum Risiko: Fast die Hälfte will innerhalb eines Jahres den Arbeitgeber wechseln
Die Folge: Nur noch etwas mehr als die Hälfte (53 %, 2022: 55 %) der Beschäftigten will in einem Jahr mit Sicherheit noch bei ihrem jetzigen Arbeitgeber sein. Damit setzt sich der konsequente Abwärtstrend der letzten fünf Jahre weiter fort: 2018 hatten noch 78 Prozent diese Aussage ohne Einschränkung bejaht. Bei der mittelfristigen Wechselbereitschaft hat sich die Tendenz ähnlich besorgniserregend entwickelt. Der Anteil derjenigen, die fest davon überzeugt sind, in drei Jahren noch in ihrem Unternehmen sein zu wollen, ist im Laufe der Jahre auf jetzt 40 Prozent (2022: 39 %) kontinuierlich geschrumpft. 2018 lag der Wert noch bei 65 Prozent.
Dabei scheinen sich die Wechselwilligen mehr am Arbeitsmarkt zu orientieren als an der angespannten wirtschaftlichen Lage. Denn sieben von zehn Befragten (71 %) schätzen den Arbeitsmarkt positiv ein, auch wenn die Wahrnehmung nach dem Rekordhoch 2022 (81 %) etwas abgekühlt ist. Ablesen lässt sich das auch daran, dass etwas weniger nach Arbeitskräften „gejagt“ wird. Ein Viertel der Befragten (25 %) gab an, dass sie in den zurückliegenden zwölf Monaten von einem Headhunter oder einer Headhunterin eine Stelle angeboten bekommen haben (2021: 31 %, 2022: 27 %).
„Schlechte Führung wird zum Risikofaktor für den Unternehmenserfolg. Trotz Dauerkrisenmodus sehen Deutschlands Beschäftigte für sich persönlich gute Chancen in einer für sie weiterhin vorteilhaften Lage. Auch wenn der zurzeit stattfindende wirtschafts- und transformationsbedingte Stellenabbau einiger Unternehmen zunehmend Schlagzeilen macht, ändert das grundsätzlich nichts daran, dass es schon jetzt zu wenig Arbeitskräfte gibt und sie durch den Eintritt der Babyboomer ins Rentenalter von Tag zu Tag weniger werden“, sagt Marco Nink, Director of Research & Analytics von Gallup EMEA. „Bei Unternehmen allerdings drückt die wirtschaftliche Entwicklung auf Geschäftsergebnisse und Stimmung. Über dem Kosten- und Krisenmanagement vergessen Führungskräfte oft das People Management. Dabei kann das eine nicht ohne das andere funktionieren.“
Denn hohe emotionale Bindung macht sich bezahlt: Von den hoch Gebundenen wollen 79 Prozent in einem Jahr noch bei ihrer derzeitigen Firma sein (ohne Bindung: 31 %), und lediglich fünf Prozent von ihnen sind derzeit aktiv auf Jobsuche (ohne Bindung: 24 %). 63 Prozent würden ihren Arbeitgeber Freunden oder Familienangehörigen uneingeschränkt empfehlen (ohne Bindung: 4 %). Das ist vor allem für das Recruiting von Bedeutung.
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