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"Endlich", möchte man sagen. Der Bundeskanzler hat die Energiewende in Deutschland zur Chefsache erklärt. Bis zum Jahr 2030 sollen allein "vier bis fünf Windräder" pro Tag an Land hinzukommen, ließ er jüngst im Interview mit der "Bild am Sonntag" verlauten. Ähnlich große Ziele verfolgt die rot-grün-gelbe Bundesregierung beim Ausbau der Solarenergie hierzulande. Olaf Scholz: "Den Ausbau gehen wir generalstabsmäßig an: Gerade estellen wir einen Fahrplan, was bis wann an neuen Anlagen gebaut sein muss, damit wir unsere Ziele für 2030 erreichen."
Stromnetze halten den Ausbauplänen nicht stand
So weit, so gut. Doch der Bundeskanzler und seine Ministerinnen und Minister wissen sehr wohl, dass der reine Aus- und Zubau etwa an den norddeutschen Küsten oder den deutschen Mittelgebirgen wenig nutzt, wenn der auf diese Weise produzierte Ökowindstrom nicht auch über starke Netze in den windarmen Süden der Republik nach Bayern oder Baden-Württemberg transportiert werden kann. Dort vor allem residieren die großen Industrieunternehmen und damit Energieverbraucher.
Der Netzausbau in Deutschland aber stockt. Hinzu kommt, fast noch schlimmer, dass die vorhandene Netzinfrastruktur ausgesprochen analog gemanagt wird. Heute ist die Transparenz über die Auslastung der Netze, insbesondere in der Niederspannung, häufig gering. Aufgrund unübersichtlicher IT-Strukturen laufen zudem viele Prozesse bei Netzbetreibern manuell ab und verursachen hohen Arbeitsaufwand. Für eine weiter fortschreitende Energiewende müssen die Prozesse stärker digitalisiert und automatisiert werden.
Es gibt nur eine Antwort: Effizienz steigern
Der Handlungsdruck steigt. "Für das Gelingen der Energiewende müssen in den kommenden Jahren Millionen von erneuerbaren Erzeugungsanlagen wie PV-Anlagen oder Windkraftanlagen in die Netze integriert werden. Hinzukommen vermehrt Wärmepumpen und Ladepunkte für die zunehmende Flotte an Elektroautos. Das bedeutet, dass rund fünf bis zehn Mal so viele Netzanschlüsse im Vergleich zu vorher pro Jahr bewertet und realisiert werden müssen. Für eine erfolgreiche Energiewende ist es daher unabdingbar, unsere Netze auszubauen und sie effizienter zu gestalten. Diese dringend notwendige Effizienzsteigerung ist in dem Ausmaß nur umsetzbar, indem wir die Netze intelligenter konzipieren und so die Prozesse rund um den Ausbau automatisieren", sagt Dr. Simon Koopmann. Er ist CEO und Mitgründer des Kölner Cleantech-Softwareunternehmens envelio. 2017 hat sich die Firma als Spin-off der renommierten RWTH Aachen gegründet. Mit seiner "Intelligent Grid Platform" (IGD) möchte envelio die Energiewende weltweit vorantreiben, indem es intelligente Verteilnetze für Netzbetreiber und Netzkunden ermöglicht.
Energiewende-Macher Koopmann: "Aus unserer Sicht ist dieses Vorhaben lediglich mithilfe eines digitalen Zwillings des Netzes realisierbar. Dieser ermöglicht es Netzbetreibern, Planungs- und Betriebsführungsprozesse zu automatisieren und die immense Nachfrage nach Netzanschlüssen, die beispielsweise durch PV-Anlagen und Ladepunkte entstehen, zu bewältigen."
Heute veralten Netzbetreiber netzbezogene Daten häufig in verschiedenen, isolierten Systemen. Ein zentrales und validiertes Netzmodell, das alle Daten dauerhaft vereint, existiert hingegen nicht. Die Transparenz über freie Netzkapazitäten ist dadurch gering, und in vielen Arbeitsschritten ist manueller Input notwendig, zum Beispiel um Daten zusammenzuführen und zu validieren. So werden viele Prozesse zeitaufwendig und fehleranfällig.
Ein System, 75 Prozent geringere Kosten
Als Software-Assistenzsystem verwandelt die Intelligent Grid Platform dagegen die Stromnetze in digitale, flexible und interaktive Smart Grids. Wichtige Prozesse in der Netzplanung und Netzbetriebsführung können digital und automatisiert erledigt werden. Ein zentrales System für alle netzrelevanten Daten verspricht laut Anbieter eine bis zu 20-mal schnellere Abwicklung von technischen Prozessen und 75 Prozent geringere Kosten im Vergleich zum heutigen Prozess.
Der Grid Hub ist das Herzstück der Intelligent Grid Platform. Hier werden alle netzrelevanten Daten an einem Ort gebündelt und zu einem vollständigen Netzmodell verknüpft. Netztopologie, Betriebsmitteldaten, Versorgungsaufgabe - alle Informationen vom Umspannwerk bis zu den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern in einem Modell. Die Daten und Informationen können über die maßgeschneiderte App gesteuert werden - aber lassen sich auch über verschiedene Schnittstellen und APIs exportieren.