Für Wirtschaft und Personaler steht das Jahr 2018 ganz im Zeichen der digitalen Transformation und dem damit einhergehenden Fachkräftemangel. “Die Themen, die uns 2017 beschäftigt haben, bleiben auch in diesem Jahr aktuell und werden sich sogar noch zuspitzen”, sagt Dr. Ole Mensching. Er ist CEO und Gründer der Headhunting-Agentur CareerTeam und weiß: “Diese Entwicklung hat weitreichende Folgen für die Arbeit von Personalern und HR-Managern.”
“Active Sourcing” statt Ads und Jobbörsen
Der Kampf um digitale Talente, der “War for Talents”, wird 2018 noch härter – und dies hat Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Unternehmen passende Fachkräfte finden werden. Digital-Experten haben es längst nicht mehr nötig, sich aktiv auf Stellen zu bewerben, da sie davon ausgehen können, dass Arbeitgeber auf sie zukommen. Für Unternehmen wird es also immer schwerer werden, über Jobanzeigen geeignete Kandidaten zu finden. “Personaler werden verstärkt aktiv nach passenden Fach- und Führungskräften suchen müssen um ihre Vakanzen zu besetzen”, so Mensching. Bei dieser auch als “Active Sourcing” bekannten Vorgehensweise, komme es insbesondere auf gute Vernetzung, genaue Jobprofile und eine persönliche Ansprache an.
Ohne Personal-Strategie geht nichts
Um Unternehmensziele zu erreichen, ist fachkundiges Personal unabdingbar – auch und gerade im Bereich der Digitalisierung. Da Verfügbarkeit und Ressourcen in Sachen Personal knapp sind, bedarf es einer durchdachten HR-Strategie, wie entsprechende Mitarbeiter gefunden, engagiert und eingesetzt werden können und sollen. Da sich die Suchzeiten für passende Kandidaten erhöhen, muss diese Planung zudem früher und genauer als in der Vergangenheit erfolgen. “Einfach vermeintlich versierte digitale Fachkräfte zu recruiten, wird nicht zum Ziel führen”, weiß Dr. Ole Mensching. “Personaler müssen im Bilde sein, was die Zielsetzungen der Firma sind und ihren Input dazu liefern.” Dies bedeutet auch, dass HR-Chefs in Zukunft vermehrt ins Top-Management integriert werden müssen. Gemeinsam mit CEOs, CDOs und CFOs können sie die Marschrichtung in Sachen Personal- und Einstellungspolitik strategisch erarbeiten. Auf der anderen Seite werden auch die Fachabteilungen sich stärker in den Recruitingprozess involvieren müssen. Gute Bewerber sind zunehmend nur noch durch gute Fachgespräche auf Augenhöhe von einem Job zu überzeugen.
HR-Multitalente sind gefragt
Neben Ausbildung einer strategischen Denk- und Handlungsroutine wird sich die Arbeit von Recruitern weiter diversifizieren. “Besonders im Zuge von Active Sourcing müssen sich Personalabteilungen daran gewöhnen, mehr und besser ausgestaltete Wege im Aufspüren und Engagieren von Fachkräften zu gehen”, sagt Mensching. “Notwendig ist eine holistische Herangehensweise, die verschiedene Kommunikationskanäle und Handlungsweisen umfasst.” Dies bestätigen zum Beispiel Monster Deutschland und die Universität Bamberg mit ihren gemeinsam erarbeiteten Anforderungen an “Recruiter von morgen”: deren Arbeit umfasse Marketing, soziale Medien, Performance Management, Networking sowie die Anwendung mobiler Technologien. “In größeren HR-Teams können sich die Mitarbeiter in einem Bereich spezialisieren. In kleinen Abteilungen muss der Einzelne jedoch mehrere Aufgaben übernehmen, was zwangsläufig zu einer hohen Belastung und Mehrarbeit führt.”
Schlechte “Candidate Experience” wird zum Recruiting-Killer
Besonders kleine und mittelständische Firmen, die den digitalen Wandel meistern müssen, stehen vor einem Dilemma: Einerseits befinden sie sich im “War for Talents” in einer finanziell nachteiligen Position gegenüber den “Big Playern”. Andererseits können sie diese Nachteile oft nicht entsprechend mit potenten, aber kostspieligen Personalabteilungen ausgleichen. Daher laufen gerade sie Gefahr, Jobkandidaten eine schlechte “Candidate Experience” zu liefern, also einen unzufriedenstellenden Bewerbungsprozess. Besonders wenn im Recruiting ungeübte Fachabteilungen ihre Kandidaten selbst suchen müssen, ergeben sich oft langwierige Bewerbungsprozesse, in denen wenig mit den Kandidaten kommuniziert wird. “Bewerber, die einem Unternehmen grundsätzlich positiv gegenüber eingestellt sind, werden so verschreckt”, weiß Dr. Ole Mensching von CareerTeam. Darum gelte: Kommunizieren, informieren und den persönlichen Kontakt zum Kandidaten pflegen. Hilfreich seien außerdem Plattformen zur Arbeitgeberbewertung, wie etwa kununu. “Hier können auch kleine Unternehmen punkten und Nachteile in der Markenbekanntheit mit guten Bewertungen durch Arbeitnehmer ausgleichen.”