Im Frühjahr 2017 verkündete das Marktforschungsunternehmen Gartner „ECM is now dead!“ mit der Begründung: Der Terminus Enterprise Content Management spiegelt nicht länger die Dynamik und die Bedürfnisse des Markts wider. Im gleichen Atemzug proklamierte Gartner die Geburt der „Content Services“. Weitere Analysten und Verbände zogen nach und fanden mit „Digital Office“ und „Intelligent Information Management“ – angelehnt an „Enterprise Information Management“ – weitere neue Begriffe. Als definitive Alternative zu ECM etablierte sich aber keines dieser verschiedenen Labels. Wie also ist es um die Zukunft des Enterprise Content Managements bestellt? Ein Kommentar von Thomas Kuckelkorn, Manager PR & Kommunikation bei BCT Deutschland.
Gebt dem Kind einen Namen!
Nüchtern betrachtet wird die Diskussion über den Tod von ECM vor allem auf Seiten der Anbieter und Analysten geführt. Der Endkunde war und bleibt primär an Software interessiert, die konkrete Themenbereiche und damit spezifische Bedürfnisse anspricht, etwa die Rechnungsverarbeitung. Deswegen ist die ECM-Diskussion aber bei weitem nicht überflüssig. Für eine kohärente Wahrnehmung der Fachdisziplin bedarf es nach wie vor eines einheitlichen und deutlichen Dachbegriffs.
Zwar wird ECM auch zukünftig seine Relevanz haben – sowohl in der Kommunikation der Hersteller als auch in den Wünschen und Bedürfnissen auf Anwenderseite. Allerdings ist ECM als Terminus sowie sein inhaltlicher Fokus auf die Digitalisierung von Content und Dokumenten nicht mehr ausreichend. Und auch Content Services greift als neuer Begriff aufgrund seines Schwerpunkts zu kurz. Darüber hinaus referenziert der Bestandteil Services (deutsch „Dienste“) direkt auf die Darreichungs- und Nutzungsform von Content. Hier geht es darum, „was“ bzw. „wie“ etwas bereitgestellt wird – nicht um das „Wieso“, also die Vision dahinter.
It’s all about information
In den letzten Jahren hat sich eine Vielzahl an Trends, Technologien und Infrastrukturen aufgetan, die Einfluss auf den ECM-Bereich haben. Neben dem „klassischen“ Content vor allem in Form von Dokumenten und Prozessen werden inzwischen auch Kollaborationsformen wie beispielsweise in sozialen Medien, Intranets und Portalen oder Meetings als Informationsquellen verstanden. Zudem sind unstrukturierte Inhalte als Objektinformationen potentiell wirtschaftlich im ECM-Umfeld nutzbar. Dazu zählen etwa Geo- oder IoT-Daten. Es geht folglich um die Erschließung, das Management und die Nutzung strukturierter und unstrukturierter Informationen, die mittlerweile längst miteinander verschmolzen sind.
Fazit
Dass heute immer noch eine Diskussion um die Zukunft von ECM geführt wird, zeigt deutlich den konkreten Handlungsbedarf. Neue Technologien, aufweichende Branchengrenzen und eine sich verändernde Gesellschaft bewirken, dass ECM als Terminus zunehmend in Frage gestellt wird. Es bedarf daher einer neuen „Hülle“, die die Zusammenführung von strukturierten und unstrukturierten Informationen ebenso berücksichtigt wie relevante (Technologie-)Trends, die den traditionellen ECM-Fokus ergänzen und erweitern wie beispielsweise Robotisierung, Internet of Things, Blockchain und KI.
Konsequenterweise sollten wir nur noch von „Information Management“ sprechen. Der Begriff ist besser „füllbar“ mit zusätzlichen funktionalen Ansätzen, kompatibler mit verschiedenen Anwendungsbereichen und lässt sich auch auf unterschiedliche Informationsarten und -quellen übertragen. Vor allem aber trifft er genau den Nagel auf den Kopf: Es geht heute um Informationen, die der richtigen Person zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen sollen.