Die Metastudie des Instituts für Führungskultur, kurz IFIDZ, zeigt: Die Kompetenzanforderungen an Führungskräfte werden vielschichtiger und komplexer, doch am Wichtigsten bleibt die Beziehung von Mensch zu Mensch.
„Welche Kompetenzen benötigen Führungskräfte, um im Zeitalter der Digitalisierung erfolgreich zu sein?“ Um dies herauszufinden, hat das IFIDZ, Frankfurt, eine Metastudie erstellt, für die 61 im Zeitraum 2012 bis 2018 erschienene Studien und Umfragen zum Themenfeld „Führung & Leadership“ ausgewertet wurden. Ziel der Metastudie war es unter anderem zu ermitteln:
- Welche Kompetenzen brauchen Führungskräfte – den analysierten Studien zufolge – im digitalen Zeitalter?
- Welche neuen Kompetenzen werden von ihnen erwartet? Und:
- Welche Kompetenzen haben für den Führungserfolg die höchste Relevanz?
Untersucht wurden hierfür 61 Studien und Befragungen zum Themenkomplex Führung unterschiedlichen Charakters, an denen insgesamt über 100,000 Personen teilnahmen – meist Führungskräfte, zum Teil jedoch auch Mitarbeiter und Wissenschaftler.
Die Inhalte dieser Primärstudien wurden für die Metastudie primär formal-deskriptiv ausgewertet. Das heißt, analysiert wurde vor allem, in wie vielen Studien werden gewisse Kompetenzen als relevante Führungskompetenzen genannt. Danach wurde von diesen Kompetenzen wiederum entsprechend der Häufigkeit ihrer Nennung in der Metastudie ein Kompetenz-Ranking erstellt.
Insgesamt werden in dem Ranking 86 Führungskompetenzen aufgelistet, die den Primärstudien zufolge eine Relevanz für den Führungserfolg haben. Die absolut am häufigsten genannten Kompetenzen sind:
- Kommunikationsfähigkeit (57 Prozent),
- Veränderungsfähigkeit (39 Prozent) und
- Wertschätzung/Mitarbeiterorientierung (33 Prozent).
Dabei werden in der Studie und in dem Kompetenz-Ranking jedoch drei Kompetenz-Arten unterschieden.
- „Analoge“ Kompetenzen: Sie umfassen Kompetenzen, die bereits im „vor-digitalen Zeitalter“ (z. B. in den 1980er Jahren) bekannt und relevant waren und die sich in ihrem Wesen und Inhalt nicht oder nur marginal geändert haben.
- „Analogitale“ Kompetenzen: Sie umfassen Kompetenzen, die zwar schon im „vor-digitalen Zeitalter“ bekannt und relevant waren, die sich aber durch die Digitalisierung in ihrem Wesen und Inhalt signifikant verändert haben.
- „Digitale“ Kompetenzen: Sie umfassen Kompetenzen, die im „vor-digitalen Zeitalter“ entweder noch nicht existierten oder kaum Bedeutung hatten und erst im Kontext der Digitalisierung relevant wurden.
Die in den Primärstudien am häufigsten genannten „analogen“ Kompetenzen sind:
- Veränderungsfähigkeit (39 Prozent),
- Wertschätzung (33 Prozent) und
- Innovationsfähigkeit (30 Prozent).
Die am häufigsten genannten „analogitalen“ Kompetenzen sind:
- Kommunikationsfähigkeit (57 Prozent)
- Netzwerkfähigkeit (26 Prozent) und
- Entscheidungsfähigkeit (25 Prozent).
Die am häufigsten genannten „digitalen“ Kompetenzen sind:
- Transparenzorientierung (31 Prozent),
- Digital-/IT-Kompetenz (28 Prozent) und
- Heterarchiefähigkeit (26 Prozent).
Aus der Auswertung der Primärstudien, die der Metastudie zugrunde liegen, lässt sich dem IFIDZ zufolge unter anderem folgender Schluss ableiten: Das
das Anforderungsprofil an Führungskräfte im digitalen Zeitalter scheint – angesichts der 86 Kompetenzen, die in den Primärstudien genannt werden – so vielschichtig und komplex zu sein, dass die perfekte Führungskraft als „Master of the Universe“ erscheint.
Dabei darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden: In den Primärstudien ist der Begriff „Kompetenz“ nicht eineindeutig definiert. Zudem stehen die genannten Kompetenzen (bzw. Fähigkeiten, Fertigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale) oft in einer Wechselbeziehung zueinander und variiert sowie ändert sich die Begrifflichkeit. So werden zum Beispiel in den bis 2015 publizierten Studien recht häufig die Begriffe „Schnelligkeit“ und „Flexibilität“ als Kompetenzen genannt, in den später erschienenen Studien hingegen dominiert eher der Begriff „Agilität“. Zudem ist in den Studien mal von „Motivationsfähigkeit“, mal von „Inspirationsfähigkeit“ und mal von damit verknüpften Eigenschaften wie „Vorbild sein“ oder „Visionär sein“ oder „optimistisch sein“ die Rede. Deshalb ist das Fazit zulässig: Führung im digitalen Zeitalter ist zwar anspruchsvoll, jedoch keine Aufgabe, die nur Menschen mit Superkräften bewältigen können.
Ein weiterer interessanter Befund ist dem IFIDZ zufolge: Die Anforderungen an Führung im digitalen Zeitalter scheinen „analoger“ zu sein als die Digitalisierung der Wirtschaft bzw. des Business der Unternehmen vermuten lässt. Kategorisiert man nämlich die 86 Kompetenzen hinsichtlich ihrer Beziehung zur Digitalisierung, ergibt sich folgendes Bild: Von den 86 Kompetenzen können
- 72 Prozent als analoge,
- 15 Prozent als analogitale und
- 13 Prozent als digitale
eingestuft werden.
Das heißt, der Führungsprozess ist auch im digitalen Zeitalter ein weitgehend analoger, denn: Menschen führen Menschen. Die Digitalisierung hat zwar einen großen Einfluss auf die Arbeits- und Kommunikationsprozesse, sie ersetzt die menschliche Beziehung aber nicht. Keinesfalls sollte, warnt das IFIDZ, jedoch angesichts dieser Tatsache die Bedeutung der „digitalen und analogitalen Kompetenzen“ unterschätzt werden, denn: Von den Top-15-Kompetenzen haben acht, also mehr als die Hälfte einen entsprechenden Charakter.