Nachfolgeplanung ist wichtiger denn je – doch noch immer schenken Unternehmen diesem Aspekt zu wenig Aufmerksamkeit. Das ist eines der zentralen Erkenntnisse aus dem jüngsten Webinar der Lumesse Talent Akademie. Thematisch drehte sich dabei alles rund um die strategische Nachfolgeplanung. Redner war Martin Sonnert, Mitglied des Vorstands der Transformation Management AG in St. Gallen (TMAG). Im Rahmen des Webinars wurden ebenfalls die 170 teilnehmenden HR-Entscheider aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Stand Ihres Nachfolgemanagements befragt. Dabei zeigte sich ein eklatanter Mangel an Prozessen und Strukturen in Sachen Nachfolgeplanung. So identifiziert lediglich ein Viertel der Befragten (24,1 Prozent) ihre für den Unternehmenserfolg so wichtigen strategischen Schlüsselpositionen in einem systematisch strukturierten Prozess. So gut wie alle (96,4 Prozent) definieren kaum oder nur teilweise, welche Fähigkeiten und damit Talente für bestimmte Schlüsselpositionen benötigt werden. Zudem hat der Großteil (92,4 Prozent) kein konzernweit gültiges Kompetenzmodell, das auf der Unternehmensstrategie basiert und ein zentrales Element für ein strategisches Talentmanagement ist. Für Sascha Grosskopf, Marketingleiter Europa bei Lumesse, sind dies erschreckende Ergebnisse: „Viele Unternehmen haben die Bedeutung von Talentmanagement und Nachfolgeplanung für die Konzernstrategie noch nicht auf der Agenda. Wenn wichtige Talente ausfallen, befinden sich diese Unternehmen schnell im freien Fall, denn der weltweite Wettbewerb um Talente wird mit Sicherheit nicht geringer werden.“
Auch in Sachen Prozesse sieht es bei der Nachfolgeplanung nicht gut aus: Beim Großteil der Unternehmen hapert es in Sachen strategischer Planung an den „Basics“: 95,6 Prozent haben nur bedingt oder gar keine klaren Entwicklungspfade, die mit den strategischen Erfordernissen in Einklang stehen. Magere 13 Prozent haben einen Notfallplan für besonders wichtige Stellen entwickelt und lediglich 8,7 Prozent kennen detailliert die Risiken in ihrer Nachfolgepipeline. Martin Sonnert zeigte sich nicht verwundert: „Unsere bisherigen Untersuchungen zeigen, dass sich eindeutig die Spreu vom Weizen trennen lässt. Nur sehr wenige Unternehmen (< 10 Prozent) erreichen einen hohen Reifegrad im Talentmanagement, haben also ein strategisch ausgerichtetes, durchgängiges System. Die breite Masse versucht gerade unternehmensweite Standards einigermaßen vernünftig zu implementieren oder zu managen, während ein gutes Drittel immer noch auf dem Experimenttierstatus festhängt und kaum vorankommt.“
Die Talent Management AG stellt immer wieder fest, dass es oft insbesondere an den Grundlagen für ein wirklich erfolgreiches Nachfolgemanagement fehlt. Nämlich an der Transparenz über die strategischen Schlüsselpositionen mit deren spezifischen Erfahrungsprofilen, gebündelt in sinnvolle Erfahrungscluster: und zwar gemeinsam mit den Geschäftsverantwortlichen identifiziert und nicht im stillen Kämmerlein von HR. Denn erst dann kann eine strategische Nachfolgeplanung mit entsprechend gestalteten Entwicklungspassagen für die Talente wirklich funktionieren. Und erst dann ist es einem Unternehmen wirklich möglich, die Kompetenzen zu entwickeln und zu sichern, die für den zukünftigen Erfolg notwendig sind. Martin Sonnert abschließend: „Zudem fehlt es oft am Verständnis für das Talent- bzw. Nachfolgeproblem. Denn wenn keine Nachfolge-Risiko-Matrix existiert, die die Schwachstellen der aktuellen und vor allem zukünftigen Talentsituation augenscheinlich macht, muss man sich nicht wundern, wenn die Entscheider immer noch lieber auf ihr Bauchgefühl bei der Besetzung von wichtigen Positionen vertrauen und eben nicht gemeinsam mit HR nach den passenden internen Kandidaten suchen.“