Um die Digitalisierung ist es in vielen deutschen Personalabteilungen noch nicht allzu gut bestellt: Aktuelle Studien zeigen sogar, dass der HR-Bereich zu den Schlusslichtern gehört. Das war nicht immer so - in den 70er und 80er Jahren glänzten Personalabteilungen mit den ersten ERP-Systemen sogar als Vorreiter der Digitalisierung. Heute fühlen sich viele HR-Manager jedoch von der unüberschaubaren Auswahl an Technologien, Anbietern und Möglichkeiten geradezu erschlagen und sehen einen riesigen Digitalisierungsberg vor sich, den es zu erklimmen gilt. Doch das muss nicht sein: Ulrich Jänicke, CEO der aconso erklärt, welche sechs HR-Trends 2018 für Personaler wichtig werden und wie aus Hürden Sprungbretter werden können.
1. Mobiles Arbeiten und neue Arbeitszeitmodelle
Dank Cloud-Computing und mobilen Endgeräten können Mitarbeiter heute theoretisch von nahezu überall aus und zu jeder Zeit arbeiten. Mit den neuen Möglichkeiten steigen aber auch die Ansprüche - starre Arbeitszeiten und der klassische Nine-to-five-Job haben für viele ausgedient. Vielmehr sind jetzt Arbeitszeitmodelle gefordert, die sich an den individuellen Bedürfnissen und Lebenssituationen des einzelnen Mitarbeiters orientieren. Die IG Metall etwa hat in diesem Jahr mit ihrer Forderung zur 28-Stunden-Woche für maximal zwei Jahre - die sogenannte "verkürzte Vollzeit" - die Initiative ergriffen. Personaler sollten zudem bedenken, dass mobiles und flexibles Arbeiten in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiges Instrument zur Mitarbeitergewinnung und -bindung ist.
2. Künstliche Intelligenz und HR-Analytics
Künstliche Intelligenz und HR-Analytics waren die Trendthemen im vergangenen Jahr und werden es auch 2018 bleiben. Denn hier verbirgt sich für Personaler noch viel ungenutztes Potenzial. Bisher sind nur die wenigsten Unternehmen in der Lage, auf Knopfdruck einfache HR-Leistungskennzahlen, wie die aktuelle Anzahl von Mitarbeitern, Altersverteilung oder Gewinn pro Mitarbeiter abzurufen. Diese sind jedoch in einer sich immer schneller verändernden Arbeitswelt extrem wichtig, da sie Orientierung bei wichtigen Personalentscheidungen bieten. So können HR-Manager etwa rechtzeitig gegensteuern, wenn die Belegschaft überaltert. Andernfalls erfasst das Unternehmen vielleicht eine plötzliche Ruhestandswelle, die sich wenn überhaupt nur mit Verlusten wieder ausgleichen lässt. Zukünftig ist sogar denkbar, dass intelligente Systeme Prozesse wie die Zeugniserstellung komplett ohne menschliches Zutun erledigen.
3. Zukunftsgerichtetes Talent Management
Das Thema künstliche Intelligenz ist dabei natürlich nicht auf die Personalabteilung beschränkt - im kompletten Unternehmen werden intelligente Systeme immer mehr Routineaufgaben übernehmen. Mitarbeitern bleibt damit mehr Zeit für Strategie- und Managementaufgaben. Es liegt jetzt an den HR-Verantwortlichen, für ein zukunftsgerichtetes Talent Management zu sorgen, das lernwillige Mitarbeiter mit Schulungen und Weiterbildungen auf die neuen Herausforderungen vorbereitet. So können Personaler gleichzeitig sicherstellen, dass das Unternehmen über das notwendige Know-how verfügt und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
4. VUCA-Leadership
Auch Führungskräfte müssen auf die neuen Herausforderungen des digitalen Zeitalters vorbereitet werden. "VUCA-Leadership" ist hierbei das Stichwort. Denn die Unternehmenswelt wird zunehmend dynamischer (Volatility), unvorhersehbarer (Uncertainty), komplexer (Complexity) und kaum planbar (Ambiguity). Starre und stark hierarchische Führungsstrukturen sind längst nicht mehr zielführend. Um schnell auf sich verändernde Situationen reagieren zu können, geht es jetzt vielmehr um Weitblick, abteilungsübergreifende Vernetzung und eine Vertrauenskultur im Unternehmen. Die Herausforderung für HR ist daher einerseits, passende Führungskräfte mit den nötigen Soft Skills zu finden beziehungsweise heranzubilden. Andererseits muss die Personalabteilung auch die entsprechenden Technologien zur Verfügung stellen, um das Management bei strategischen Entscheidungen - etwa mit verlässlichen HR-Leistungskennzahlen - zu unterstützen.
5. 100 Prozent digitale Prozesse
Bisher sind nur etwa 15,6 Prozent der Arbeitsabläufe in HR-Abteilungen digitalisiert - und selbst bei diesem kleinen Teil läuft nur selten der ganze Prozess völlig papierlos ab. Die Folge ist immenser Zeitverlust durch Medienbrüche. Beispielsweise druckt ein Großteil der Personalabteilungen das Arbeitszeugnis noch immer aus, damit die Führungskraft es händisch unterzeichnen kann. In Zeiten, in denen der Personalausweis in Deutschland über eine rechtsgültige elektronische Unterschriftsfunktion verfügt, ist das jedoch mehr als unnötig. Ein weiteres Beispiel ist der Recruiting-Prozess: Hier können Scan-Dienstleister etwa Papierunterlagen in das Bewerbermangementsystem des Unternehmens integrieren, sodass der Recruiter damit ohne Zeitverlust digital weiterarbeiten kann. Personaler sollten 2018 also unbedingt die Prozesse in der HR-Abteilung unter die Lupe nehmen und mithilfe professioneller Dienstleister optimieren. Denn zukünftig werden 100 Prozent digitale Prozesse Voraussetzung sein, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
6. Individuelle HR-Services aus einer Hand
Wenn Prozesse in HR-Abteilungen zukünftig komplett digital ablaufen sollen, ist es wichtig, dass sie optimal ineinandergreifen. Um dies sicherzustellen, sollten Personaler 2018 vor allem nach Dienstleistern Ausschau halten, die mehrere maßgeschneiderte HR-Services aus einer Hand bieten können. Nur so ist garantiert, dass sich die verschiedenen Dienste unkompliziert verknüpfen lassen und damit im Optimalfall nur Kosten für die individuelle Abstimmung der Services auf das Unternehmen anfallen. Zudem kann die bestehende HR IT-Landschaft auf diese Weise je nach Bedarf der HR-Abteilung um neue Dienste erweitert werden.
"Digitalisierung ist nicht so schwer, wenn man sie problemorientiert und in kleinen Schritten angeht. Das ist das, was Personalabteilungen heute zu überfordern scheint - dieses Zerlegen einer Gesamtdigitalisierung in einzelne kleine, überschaubare Stücke und Projekte. Grundlegend ist dabei, sich bewusst zu machen, was aktuell wichtig ist. Dazu gehören 2018 auf jeden Fall mobiles Arbeiten, künstliche Intelligenz und 100 Prozent digitale Prozesse", erklärt Ulrich Jänicke, CEO aconso AG.
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