Unsere Arbeitsgesellschaft verändert sich. Bei den meisten Menschen findet mittlerweile eine strikte Trennung von Arbeits- und Privatleben statt. Gesundheit, Nachhaltigkeit, Freizeit und vieles mehr haben an Bedeutung gewonnen. Themen wie Burnout, Work-Life-Balance und Sabbatjahre sind in. Kaum noch jemand identifiziert sich ausschließlich über seine Arbeit oder lebt ganz und gar für den Job. Viele Unternehmen reagieren aber zu spät auf diese Entwicklung, denken und handeln noch in alten Strukturen, findet der Experte für einen positiven Umgang mit der Informationsflut, Helgo Bretschneider. „Insbesondere gilt das für unternehmensinterne Medien und Informationskanäle. Mails, SMS und das Smartphone mit all seinen Anwendungen sind omnipräsent –auch in der Freizeit“, erklärt der Buchautor Bretschneider, dessen Werk „Und täglich grüßt die Datenflut“ dieses Phänomen aufgreift. Das Ergebnis sei eine stressigere Arbeitswelt mit einer kaum zu bewältigende Menge an Informationen und Daten, die auf die Menschen einströmten. Eine Maschinerie, die den Menschen zunehmend außer Acht lasse. Dieses Thema müsse bedacht werden – bei Arbeitnehmern und im Management. „Hier können manche schon bei der Workbalance anfangen“, sagt er provokant.
„Das menschliche Bedürfnis nach Ausgleich und Erholung wird in den meisten Unternehmen schlicht nicht ausreichend berücksichtigt“, meint der Trainer und professionelle Vortragsredner. Statt das Arbeits- und Privatleben miteinander zu verbinden und zu „versöhnen“, entstünden zwei Parallelwelten, die gegen- und nicht miteinander arbeiteten. Stress, Demotivation, mangelnde Identifikation, „Dienst nach Vorschrift“ und nicht zuletzt Burnouts als Ergebnis einer andauernden Überforderung seien die Folge. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, seien Unternehmen gefordert, umzudenken und den Begriff der Zeit neu zu definieren. Längere Erholungsphasen, betriebliches Gesundheitsmanagement sowie die Förderung einer neuen Kultur der Bescheidenheit und auch des Nein-Sagens müssten dringend gefördert werden, so die Forderung des Experten. Ebenso sei eine Einbindung der Familie in die Arbeitswelt stärker von Nöten, damit die Arbeit wieder ohne schlechtes Gewissen und mit hoher Motivation getan werden könne. „Die Vermenschlichung der Arbeitswelt sollte mehr in den Vordergrund“, so Bretschneider, „und das nicht nur auf Arbeitnehmerebene, sondern auch in der Führung. Denn Stress ist ein Thema aller Hierarchieebenen.“ Hier liege auch die Chance, sich verstärkt als „guter und moderner Arbeitgeber zu präsentieren“.
Zeit nicht nur als Arbeitszeit anzusehen, sondern unter dem Aspekt der Lebens- und Qualitätszeit wertzuschätzen, ist für Bretschneider ein erster Schritt in die richtige Richtung. „Das, was einige Unternehmen bereits in ihre Prozesse und Arbeitszeitmodelle integriert haben, sollte sich in allen Betrieben durchsetzen und zur Voraussetzung für einen erfolgreichen Arbeitsalltag werden“, verdeutlicht er. Dazu gehöre auch ein achtsamer und respektvoller Umgang mit den Mitarbeitern und deren persönlichen Ressourcen, Lebensphasen und Planungen. Es gebe zahlreiche Praxisbeispiele und Modellprojekte – in kleinen und großen Unternehmen.