2014/10 | Fachbeitrag | DMS

Die Ressource Wissen: Was tun, wenn sie nur verstreut vorhanden ist?

von Eva Bischoff

Inhaltsübersicht:

Eva Bischoff, Geschäftsführerin von BCT Deutschland, erklärt im Interview den Trend Enterprise Information Management und wie Unternehmen vorhandene Informationen verfügbar und – noch wichtiger – tatsächlich nutzbar machen können.

wm: Frau Bischoff, es geistert ein neues Schlagwort durch die Geschäftswelt: Enterprise Information Management. Was genau steckt hinter der Bezeichnung und dem Kürzel EIM?

Eva Bischoff: Ein neuer Marktbegriff signalisiert immer, dass eine Entwicklung stattgefunden hat oder sich gerade abzeichnet. Neue Denkweisen, neue Perspektiven auf scheinbar Bekanntes benötigen entsprechend eine neue Begrifflichkeit – nur wenn ich etwas benennen kann, kann ich darüber sprechen! Bei EIM geht es um die Erkenntnis, dass es Informationen sind, die unverzichtbare Hinweise für das Unternehmenswachstum liefern. Entscheidungen kann man nur auf Basis validen Inputs treffen! Und diese Informationen müssen effektiv gemanagt werden, wollen sie für das unternehmerische Wissen nutzbar gemacht werden. Nur so erhalten Management und Corporate Governance die notwendigen Grundlagen für Führung und Controlling. Damit ist EIM vor allem ein strategisches Vorgehen, das einen ganzheitlichen Blick ermöglicht. Ein Vorgehen zu dem Zweck, alle Informationen in einem Unternehmen jederzeit ortsunabhängig verfügbar zu haben – und zwar zugeschnitten auf den jeweiligen Nutzer. Denn dann entsteht Wissen, immerhin der Wettbewerbsfaktor Nummer eins in Mitteleuropa!

wm: Wie kann ein solches strategisches Vorgehen aussehen?

Bischoff: Zunächst einmal müssen die unternehmerischen Ziele definiert werden. Wie gestalten Betriebe ihr Wachstum oder – Stichwort: Business Transformation – wie reagieren sie auf die immer schneller werdenden Veränderungen am Markt? Durch neue Produkte, eine optimierte Kundenkommunikation oder effizientere interne Abläufe? Oder vielleicht sogar mit einem Mix aus diesen Maßnahmen? Klar ist: Diese Ziele müssen die zu entwickelnde Software diktieren – nicht umgekehrt. Wichtig ist daher, Unternehmensführung, IT und – je nach Bedarf – einen verantwortlichen Prozessmanager gleichermaßen in die Analyse mit einzubeziehen. So kann aus den formulierten Zielen der wirkliche Bedarf herauskristallisiert werden. Wie ist die Ist-Situation? Was soll ein zukünftiges EIM-System für das Unternehmen leisten? Welche individuellen Rahmenbedingungen gibt es? Welche Rolle spielt Compliance? Dieser Bedarfsprüfung schließt sich die Abbildung aller relevanten unternehmerischen Prozesse an. Dazu kann es hilfreich sein, alle Protagonisten – also neben den genannten auch Mitarbeiter, Kunden und Dienstleister – mit einzubinden. Hier gilt es, die Menschen mitzunehmen, sie in den Veränderungsvorgang zu integrieren. Wenn diese sich in der späteren Lösung wiederfinden, werden sie mit der EIM-Plattform gern und somit auch erfolgreich arbeiten.

wm: Reichen da ECM- oder DMS-Lösungen als Software nicht mehr aus?

Bischoff: Ja und nein. Für Unternehmen, die von einem Papierarchiv mit großem Regallager für ihre Aktenordner auf schnelles und wendiges digitales Arbeiten umsteigen wollen, ist eine cloudbasierte Dokumentenmanagement-Lösung geeignet. Der Vorteil: Eine teure IT-Infrastruktur wird damit ersetzt und ohne großen Schulungsaufwand kann sofort jederzeit und überall griffbereit mit Dokumenten oder Akten gearbeitet werden. Wenn Standardfälle und Routineaufgaben in festgelegten Workflows von unterschiedlichen Sachbearbeitern abgewickelt, also Informationen mit einem vor allem internen Fokus verbunden und bereitgestellt werden sollen, wird die Entscheidung für eine innovative Software fürs Enterprise Content Management fallen. Geht es aber um die Einzelfallbearbeitung, das Einbeziehen der gesamten Wertschöpfungskette oder darum, die Datenströme aus Mobility, Social Media, Big Data und Cloud in den Griff zu bekommen, so greifen DMS und ECM zu kurz. Enterprise Information Management geht ein paar Schritte weiter. Unabhängig von der bestehenden IT-Umgebung schließt EIM die interne und externe Kommunikation sowie Informationsflüsse in der Zusammenarbeit – Stichwort Kollaboration – mit heterogenen Projektteams, Lieferanten und Kunden ein und macht diese effizienter. Es geht also um die Prozesse – und um die Menschen, die die Informationen eigenverantwortlich verarbeiten, anreichern und den jeweiligen Zielgruppen zur Verfügung stellen. Alles natürlich ganz im Sinne der Information Governance gemäß aktueller Datenschutzrichtlinien!

wm: Ist EIM also – provokativ gefragt – nichts anderes als ECM 2.0?

Bischoff: Wieder ein klares Jein. Definiert man EIM als um Kollaboration, Prozessorientierung und Kommunikation angereichertes ECM, so ist eine direkte Entwicklungslinie erkennbar. Aber EIM ist nicht alter Wein in neuen Schläuchen. Es steht für einen Wechsel der Perspektive: Während ECM für den Blick von unten nach oben steht – von Akten über Dokumente zu den Inhalten –, setzt EIM, wie gesagt, bei den Zielen der Unternehmen und ihren Bedürfnissen nach Information und Wissen an. Diese manifestieren sich in einer maßgeschneiderten Softwarelösung: nicht mehr daten-, sondern prozessorientiert, nicht mehr IT-getrieben, sondern von der Unternehmensführung gestaltet.

wm: Von der Akte zum Wissen, sozusagen?

Bischoff: Exakt. Wir beschäftigen uns mit vielen lebensnahen Fragestellungen aus dem Unternehmensalltag: Wie ist die Datenflut – in Akten, in Dokumenten, in Telefonnotizen und E-Mails sowie neuerdings auch in Sozialen Netzwerken – überhaupt noch zu bewältigen? Wie müssen Informationen angereichert werden, um einen Beitrag zum Prozessmanagement zu leisten? Und wie können sie möglichst gewinnbringend für die Wertschöpfungskette aufbereitet und nutzbar gemacht werden? Diese Fragen, das weiß ich aus vielen Anfragen und Beratungsgesprächen, beschäftigen sowohl das produzierende Gewerbe und deren Zulieferer als auch Dienstleistungsunternehmen und sogar Behörden.

wm: DMS, ECM und EIM sind also nicht auf einen Wirtschaftszweig beschränkt?

Bischoff: Weder auf die Branche noch auf die Unternehmensgröße! Überall ändern sich die Märkte stetig und schnell; die Kundenansprüche steigen. Nur umfangreiches Wissen über Markttrends, Kundenwünsche und Optimierungspotenziale führt zu Innovationen. Sei es in der Kundenansprache, in der Produktentwicklung oder in neuen Dienstleistungsformen. Da können wachstumsorientierte kleine Unternehmen von einem DMS, einer ECM-Software oder einer EIM-Lösung genauso profitieren wie der inhabergeführte industrielle Mittelstand oder Konzerne mit europaweiten Niederlassungen. Dass es mit Aktenschränken im Keller oder noch so gut sortierter Ordnerstruktur auf dem betriebseigenen Server nicht mehr getan ist, haben bereits viele Unternehmen erkannt. Sie wissen: Know-how entsteht aus Informationen und ihrer Vernetzung!

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Elektronisch gespeichertes Wissen strukturieren und auffindbar machen

Mit dem Trend zu Unternehmensportalen steigt die Menge an Informationen, auf die der einzelne Mitarbeiter zugreifen kann, weiter an. Als Folge der Informationsflut verbringen Mitarbeiter in Unternehmen einen beträchtlichen Teil ihrer Arbeitszeit mit der Suche nach Informationen und finden dabei oftmals die aktuell benötigten Inhalte nicht. Die Konsequenz: Der Mitarbeiter erstellt diese notgedrungen selbst...

Weiterlesen

So einfach wie Telefonieren

Damit ein Unternehmen im Wettbewerb bestehen kann, muss es unter anderem seine Geschäftsprozesse professionell abwickeln. Hierbei versprechen Collaboration-Tools maßgebliche Unterstützung, vorausgesetzt sie sind benutzerfreundlich. Der folgende Artikel zeigt, wie sie unternehmensintern und -extern vorteilhaft eingesetzt werden können....

Weiterlesen

Die E-Rechnung kommt! Fristen, Hintergründe & Chancen

Deutschland rückt dem Ziel einer standardisierten digitalen Arbeitswelt ein wichtiges Stück näher. Denn die letzte Frist für die Umsetzung der E-Rechnungsverordnung (ERechV) steht kurz bevor: Ab dem 27. November 2020 dürfen öffentliche Auftraggeber - bis auf wenige Ausnahmen - nur noch sogenannte E-Rechnungen annehmen. Für manche Dienstleister ist die Umstellungspflicht ein alter Hut. Doch für...

Weiterlesen

Informationen bündeln, strukturieren & elektronisch verwalten

WISSENplus
Ein großes Problem in Unternehmen, aber auch in Institutionen und Behörden besteht darin, geschäftsrelevante Informationen nicht nur zu sammeln, sondern sie auch adäquat zu strukturieren, zu archivieren und in einem zentralen Wissenspool quasi auf Knopfdruck jederzeit wieder verfügbar zu machen. Vor dem allseits bekannten Hintergrund, dass die Informationsflut zukünftig noch weiter steigen wird,...

Weiterlesen

Drei Szenarien für das Digital Office

WISSENplus
Gerade zu Beginn der Corona-Krise gab es eine hohe Nachfrage nach cloudbasierten Digital-Office-Lösungen. Denn der Großteil an Unternehmen musste aus der Not heraus schnell neue Arbeits- und Kommunikationsweisen etablieren. Laut einer Sonderauswertung des Bitkom-ifo-Digitalindexes arbeiteten im April diesen Jahres 75 Prozent aller Unternehmen von zu Hause aus - in der Informations- und Kommunikatio...

Weiterlesen

DMS EXPO 2012 setzt die Segel

„Where IT works“ – mit diesem gemeinsamen Claim trägt das Messeduo aus DMS EXPO und IT & Business auch in diesem Jahr der Nachfrage der Besucher Rechnung: 90 Prozent von ihnen interessierten sich bereits 2011 für Unternehmenssoftware, 85 Prozent kamen mit Investitionsabsichten zu dem IT-Event im Herbst. Daran anknüpfend richten die Ausstellungen den Fokus auf den Nutzen, den Unternehmen aus der IT ...

Weiterlesen

Die Zukunft des ECM-Marktes

WISSENplus
Mit der ECM-Technologie wird das physische Datenarchiv abgelöst. Gleichzeitig steigen die zu verwaltenden Datenmengen. Ein Teil des erhöhten Verwaltungsaufwands lässt sich durch sinkende Beschaffungskosten der Speichertechnologie einsparen. Zudem gehen die Transaktionskosten durch die Automatisierung der Datenverarbeitungsprozesse zurück. Dennoch steht die Frage im Raum, wie der größtmögliche Nutzen ...

Weiterlesen

Von der Akte zum Wissen: Informationen mit DMS, ECM & EIM nutzbar machen

WISSENplus
Wettbewerbsfaktor Nummer eins im 21. Jahrhundert ist, vor allem im rohstoffarmen Mitteleuropa, unbestreitbar Wissen. Dieses Wissen entsteht, wenn die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt dem richtigen Personenkreis gebündelt verfügbar gemacht werden. Erst dann können Vorstände, Geschäftsführer oder Inhaber Entscheidungen für unternehmerisches Wachstum und innovative Entwicklungen treffen. ...

Weiterlesen