2009/4 | Fachbeitrag | Burnout
Burnout – Aufklärung und Wissenstransfer tun not
Inhaltsübersicht:
In der Untersuchung „Feuer und Flamme“ von NAVO Consulting wird deutlich, wie äußerst ambivalent Unternehmen mit dem Thema Burnout umgehen. Den Ergebnissen liegen telefonische Interviews mit 52 Führungskräften aus dem oberen und mittleren Management sowie HR-Experten zu Grunde, die von Mai bis August 2008 geführt wurden. Im Gegensatz zu anderen Studien lag der Fokus der Analyse auf der Evaluierung von Führungskompetenzen, die notwendig sind, um Burnout im Ansatz zu vermeiden. Mit diesen Fähigkeiten sind Leistungsträger in der Lage, den täglichen Herausforderungen wesentlich professioneller und effektiver zu begegnen.
Burnout sehen 86 Prozent der Befragten als brennendes Thema an. Bei der Frage nach der Aktualität im eigenen Unternehmen lag das Ergebnis mit 67 Prozent deutlich niedriger. Dies macht offensichtlich, dass Burnout zwar wahrgenommen, aber als Problem „der anderen“ gesehen wird. Nur 38 Prozent sprachen von einem proaktiven Umgang mit dem Thema im eigenen Unternehmen. In jeder dritten Firma ist Burnout hingegen ein Tabu.
Hier ist die Personalabteilung gefordert, eine zentrale Rolle zu übernehmen. Aufklärung und Informationstransfer tun not. Doch da sie sich die HR-Verantwortlichen selbst in dem Dilemma befinden, keine 100 Prozent neutrale Instanz im Unternehmen zu sein, können auch sie nur punktuell den Hebel für proaktive Maßnahmen ansetzen und für eine Enttabuisierung sorgen.
Leistungsträger verfügen speziell in den ersten Berufsjahren über eine scheinbar endlose Energie. Schwächephasen sind jedoch vorprogrammiert, denn ein ständiges Belastungspensum am oder über dem Limit ist nicht durchzuhalten. Daher bedarf es neben den Hard Skills auch eine Reihe der immer wichtigeren Soft Skills, um den beruflichen Anforderungen langfristig gerecht werden zu können. Neben einer lückenlosen Aufklärung und dem offenen Umgang mit dem Thema Burnout (Unternehmenskultur) bedarf es folgender Kompetenzen, um die eigene Führungs-Kraft im Unternehmen, im Markt und im persönlichen Umfeld langfristig stabil zu halten und vorausschauend zu handeln sowie der Führungsverantwortung gegenüber Mitarbeitern gerecht zu werden:
- Reflexionskompetenz
- Kurzzeit-Entschleunigungs-Kompetenz
- Wahrnehmungs-Kompetenz
- Sich-helfen-lassen-Kompetenz
- Werte-Kanon-Kompetenz
- Prioritäten-setzen-Kompetenz
- Realistische-Selbsteinschätzung-Kompetenz
- Interesse-an-persönlichem-Wachstum-Kompetenz
In den sich in den letzten Monaten dramatisch veränderten Rahmenbedingungen sind diese Kompetenzen noch wichtiger denn je, um in schwierigen Zeiten Kurs zu halten und durch die Krise sogar zu wachsen. Denn: Jeder ist Bezugspunkt und gleichzeitig auch Umwelt für andere. Burnout ist kein isoliertes Problem, das einen Mitarbeiter „befällt“, sondern hat wechselseitige Ursachen und Auswirkungen im jeweiligen Kontext. Auch die Kompetenzen existieren nicht durch eine isolierte Vorbildwirkung, sondern müssen letztendlich von Unternehmensmitgliedern aller Hierarchiestufen gelebt und erfahren werden. Für die Vermittlung dieser Kompetenzen gibt es jedoch kein Patentrezept, sondern nur maßgeschneiderte Gesamtlösungen – auf die Unternehmen und Menschen in ihren jeweiligen Kontexten zugeschnitten.
Leistungsfähigkeit der Organisation erhalten
Die Ergebnisse der Untersuchung führten zu folgenden Lösungsstrategien mit Leitbildcharakter für Unternehmen:
- Perfekt ist unmöglich: Erwartungshaltung sich selbst und anderen gegenüber überprüfen.
- Verhalten ist kontext- und beziehungsabhängig: Mitarbeiter aktiv involvieren und Kontexte schaffen, die von Verantwortung getragen werden.
- Vertrauensvolle Spiegelung: Auf der Karriereleiter wird die Luft dünner, die Herausforderungen gestalten sich komplexer – ohne Vertrauensperson wird jeder Change zum Albtraum statt zur Chance.
- Selbstverantwortlicher Gestalter: Selbstfürsorge gibt dem Unternehmen Kraft und ist keine Zeitverschwendung.
- Burnout des Unternehmens vermeiden: Eine gelebte Fehler- und eine gute Form von Konfliktkultur vermeidet das kollektive Ausbrennen.
Eine betriebliches, präventives Gesundheitsmanagement, ein offener Umgang auch mit vermeintlichen Tabuthemen und konsequentes Selbstmanagement können helfen, diese fünf Grundsätze in der Unternehmensphilosophie zu verankern und die Leistungsfähigkeit der Belegschaft langfristig zu erhalten.