2003/6 | Fachbeitrag | Kompetenzmanagement

Eine Brücke zwischen explizitem und implizitem Wissen

von Reinhard Lucas

 

 

Inhaltsübersicht:

 

 

 

 

 

Nicht jede Art von Wissen, das für Unternehmen und andere Organisationen wichtig ist, kann dokumentiert werden: Das Erfahrungswissen oder die gestalterische Kreativität einzelner Mitarbeiter lassen sich nur bis zu einem gewissen Grad für andere nutzbar machen. Der Ausweg: Man dokumentiert, wer im Unternehmen über welche Fähigkeiten und Erfahrungen verfügt, und stellt dieses Meta-Wissen zum Abruf und zur weiteren Nutzung bereit. Ein solches Kompetenzmanagement ist nicht nur etwas für Personalabteilungen. Es hilft auch Projektleitern beim Aufbau neuer Teams oder unterstützt in Form Gelber Seiten die Mitarbeiter bei der Expertensuche.

 

 

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Nicht jedes Wissen lässt sich dokumentieren

 

 

 

Die Bedeutung von Wissensmanagement wird heute nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Wirtschaft allgemein anerkannt. Im Zentrum steht oft der Wunsch, das implizite, also nicht dokumentierte Wissen einzelner Mitarbeiter für andere nutzbar zu machen. Viele Versuche werden unternommen, um verborgenes Wissen aus den Köpfen zu holen und in Form von Dokumenten und Datensätzen darzustellen. Doch das ist schwierig und teilweise gar nicht möglich, denn manche Wissensformen sind ihrem Wesen nach schlecht oder gar nicht für eine solche Art der Darstellung geeignet. Beispiele sind prozedurales Wissen, das an die Ausübung mechanischer Bewegungen gebunden ist, oder die Fähigkeit, Informationen aus unterschiedlichen Domänen zu kombinieren und kreativ zu nutzen. Jeder Autofahrer weiß, dass theoretisches Wissen und Fahrpraxis zwei völlig verschiedene Dinge sind.

 

 

 

 

 

 

Doch genau dieses schwer oder nicht darstellbare Wissen ist für die tägliche Arbeit von großer Bedeutung. Nicht selten ist gerade das spezielle Talent eines guten Designers oder das teilweise prozedurale Know-how eines Technikers gefragt. Alle Ansätze, die sich auf Wissensbasen (Organizational Memories) stützen, führen hier ins Leere, denn selbst die beste Dokumentation kann bei solchen Aufgaben nicht weiterhelfen: Kreativität und praktische Erfahrung lassen sich nicht anlesen.

 

 

 

 

 

Was also tun? Wenn schon das eigentliche Wissen nicht immer dokumentiert werden kann, so sollten zumindest Informationen darüber, wer im Unternehmen über solches Wissen verfügt, bereitgestellt werden. Aus diesem Grund versucht man seit einigen Jahren, in Form von Profilen oder Gelben Seiten Meta-Informationen über Mitarbeiter abzulegen und so mehr Transparenz über die im Unternehmen vorhandenen Fähigkeiten und Erfahrungen zu schaffen. Werden diese Informationen nicht nur verwaltet und durchsucht, sondern gibt es darüber hinaus auch noch eine Koordinations- und Planungsinstanz, die diese Daten analysiert und daraus Schulungs-, Einstellungs- oder gar neue Akquisitionsprogramme ableitet, so entsteht eine eigene Management-Disziplin: das Kompetenzmanagement.

 

 

 

 

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Kompetenzmanagement hat viele Aspekte

 

 

 

Der Versuch, Mitarbeiterqualifikationen zu erfassen und zu managen, ist nicht neu: Seit rund zwanzig Jahren richten die Personalabteilungen großer Unternehmen ihre Fort- und Weiterbildungsprogramme nicht nur an den Interessen der Mitarbeiter aus, sondern vor allem am Bedarf des Unternehmens. Dazu werden Mitarbeiterprofile erstellt, gesammelt und zum Teil elektronisch gespeichert oder ausgewertet. Ziel dieser Bemühungen aus dem Blickwinkel der Personalabteilung ist es, individuelle Karrierewege aufzuzeichnen und den Personalbedarf des Unternehmens durch gezielte Weiterbildung vorhandener Mitarbeiter zu decken statt durch externen Einkauf oder die Einstellung neuer Mitarbeiter.

 

 

 

 

 

Doch nicht nur Personalabteilungen und Business-Developer haben ein massives Interesse daran, einen Überblick über im Unternehmen verfügbare Fähigkeiten und Erfahrungen zu erhalten. Auch Projektleiter, die neue Teams aufbauen müssen, brauchen diese Informationen. Gerade die Teambildung, eine der klassischen Aufgaben eines Projektleiters, wird heute immer schwieriger: Statt überschaubarer Abteilungsgrößen steht durch Fusionen, Allianzen und flexiblere Organisationsstrukturen oft ein so großer Mitarbeiter-Pool zur Verfügung, dass es unmöglich wird, die Fähigkeiten und Talente des einzelnen Mitarbeiters auch nur annähernd zu kennen. Die Verteilung auf mehrere Standorte und Telearbeit verschärfen dieses Problem noch. Kompetenzmanagement liefert dem Projektleiter genau die Informationen, die er zur Zusammenstellung optimal besetzter Teams benötigt.

 

 

 

 

 

 

Eine dritte Sichtweise auf das Kompetenzmanagement ist die der Mitarbeiter. Oft kann ein kurzes Gespräch mit einem erfahrenen Fachmann aufwendige Informationsrecherchen oder langwierige Testphasen überflüssig machen – doch wer weiß in einem großen Unternehmen schon, ob und wo ein solcher Experte zu finden ist? Auch hier helfen die Informationen des Kompetenzmanagements weiter.

 

 

 

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Einsatzfelder des Kompetenzmanagements

 

 

 

Wird Kompetenzmanagement unter den letzten beiden Aspekten betrieben, so sind die im Personalbereich bewährten papierbasierten Profile zu schwerfällig. Die logische und zeitgemäße Konsequenz ist also, solche Meta-Informationen über die Mitarbeiter elektronisch vorzuhalten und einer breiteren Nutzergruppe zur Verfügung zu stellen. Daraus ergeben sich jedoch einige neue Herausforderungen.

 

 

 

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Die Technik muss stimmen

 

 

 

Wenn ein größerer Personenkreis die Informationen des Kompetenzmanagements nutzen soll, dann muss der Zugriff schnell und komfortabel sein – komplexe, mühsam zu erlernende Abfragesprachen wären unwirtschaftlich. Arbeiten die Nutzer eines Kompetenzmanagement-Tools dezentral, zum Beispiel in verschiedenen Niederlassungen, dann muss auch dafür gesorgt werden, dass die Profile zu jeder Zeit und an allen Standorten gepflegt und nachgefragt werden können. Webbasierte Systeme sind hier also klar von Vorteil.

 

 

 

 

 

Auch der veränderte Umgang mit den Profilen will technisch vorbereitet sein. Eine Personalabteilung kann mit relativ starren Profilen arbeiten. Sollen die Mitarbeiterprofile jedoch gleichzeitig als Gelbe Seiten dienen, so sind häufige Änderungen erforderlich, damit der tägliche Wissenszuwachs, zum Beispiel aus neuen Projekten, abgebildet wird: Neue Themen, neue Produkte, neue Methoden müssen aufgenommen werden, vorhandene Einträge sind neuen Überbegriffen zuzuordnen. Nur dynamische Profile erfüllen ihren eigentlichen Zweck, nämlich aktuelle Informationen über aktuelles Wissen vorzuhalten.

 

 

 

 

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Ohne Vertrauen geht es nicht

 

 

 

Neben den technischen Anforderungen sollten auch die organisatorischen Aspekte des Kompetenzmanagements nicht vernachlässigt werden. Mitarbeiterprofile sind –insbesondere dann, wenn sie Bewertungen enthalten – hochsensible Daten, die als Papierversion meist in den Tresoren der Personalabteilung verschwinden. Technische Datenschutzmechanismen können nur zum Teil die Angst nehmen, dass die elektronisch vorgehaltenen Profile zu anderen Zwecken als der Projektplanung oder Expertensuche verwendet werden. Hier bedarf es einer allseits akzeptierten Betriebsvereinbarung, die den Gebrauch dieser Daten eindeutig regelt.

 

 

 

 

 

Noch wichtiger aber ist eine offene Unternehmenskultur, in der die Mitarbeiter sich gegenseitig vertrauen und auch der Unternehmensführung Vertrauen entgegenbringen. Eine solche Unternehmenskultur ist auch Voraussetzung, um die Aktualität der Daten zu wahren: Nur das Bewusstsein, dass mehr Transparenz notwendig ist, wird die Mitarbeiter zur regelmäßigen Pflege ihrer Profile motivieren. Wenn nicht nur den Führungskräften der Blick auf die Profile erlaubt ist, sondern dieselben Daten einem größeren Nutzerkreis als Gelbe Seiten zur Verfügung stehen, verbessert sich gleichzeitig das Verhältnis zwischen Geben und Nehmen für den einzelnen Mitarbeiter – ein weiterer Anreiz zur Aktualisierung des eigenen Profils.

 

 

 

 

 

 

Doch welche Informationen werden eigentlich benötigt? Die Definition von Begriffen, die Projekterfahrungen und Produktkompetenz verdeutlichen sollen, kann Konflikte bei Stellenbeschreibungen und der Festlegung von Aufgaben und Rollen hervorrufen. Schillernde Funktionsbezeichnungen sind hier wenig nützlich. Vielmehr sollten die abrufbaren Meta-Informationen bzw. der Zugriff darauf unterteilt werden in einen Bereich, der sich an Technologien, Methoden, Produkten und bestimmten Themen orientiert, und einen weiteren Bereich, der Informationen über spezielle Projekt-, Branchen- oder Kundenerfahrungen bietet.

 

 

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Two in one: Die ExperTeam-Lösung

 

 

 

Die Unternehmen der ExperTeam-Gruppe haben sich sowohl den technischen als auch den organisatorischen Herausforderungen gestellt. In das gruppenweit eingesetzte, webbasierte Wissensmanagement-System ExperKnowledge wurden Kompetenzmanagement-Komponenten integriert, welche die geforderte Zweiteilung beim Blick auf die Profildaten verwirklichen.

 

 

 

 

 

 

Hinter den Menüs „Mitarbeiter“, „Objekt“ und "Org-Einheit" liegen die Stammdaten des Mitarbeiters; die Kategorie „Lebenslauf“ gibt eine Kurzübersicht über die Arbeitsstationen. Die wesentlichen Kompetenz-Informationen sind jedoch in den Kategorien „Wissen“ und „Erfahrung“ enthalten. Damit wird sowohl eine Recherche nach Mitarbeitern mit Fachwissen zu bestimmten Technologien möglich als auch nach Mitarbeitern, die in früheren Projekten schon Kontakt zum Kunden XY hatten.

 

 

 

 

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Ein Blick auf das Kompetenzmanagement-System der ExperTeam-Gruppe

 

 

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Fazit

 

 

 

Den eigentlichen Charme dieses Systems macht die Integration der Lösung in die Wissensbasis der ExperTeam-Gruppe aus. Dadurch wurde die Möglichkeit geschaffen, in einem einzigen System sowohl nach dokumentiertem Wissen zu suchen als auch Wissensträger ausfindig zu machen. Die Suche nach bestimmten Technologien (z.B. Java) liefert sowohl das explizite Wissen in Form von Dokumenten als auch die Referenz auf kompetente Ansprechpartner. Für die ExperTeam-Gruppe ist damit der Brückenschlag zwischen explizitem und implizitem Wissen gelungen.

 

 

 

 

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