Fachbeiträge
"Esp@cenet – Schweizer Patente online"
von Jörg Wittkewitz
Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) fördert das geschäftliche Potenzial, das in Patenten liegen kann. Damit die Öffentlichkeit – im Besonderen die kleinen und mittleren Unternehmen – für die Informationen in den Patentschriften sensibilisiert wird, haben die Schweiz und andere Mitglieder der Europäischen Patentorganisation ihre Datenbanken im Internet zugänglich gemacht. In Esp@cenet kann mit Hilfe intelligenter und schneller Suchmechanismen nach den unterschiedlichsten Kriterien recherchiert werden. Jörg Wittkewitz stellt dieses mit Unterstützung des Knowledge-Management-Anbieters Verity realisierte Retrieval-Projekt vor.
Von Jörg Wittkewitz
Inhaltsübersicht:
- 114 Jahre Patentwesen im Internet
- Suchen und Finden in Esp@cenet
- Patentrecherchen statt Doppelentwicklungen
Das Eidgenössische
Institut für Geistiges Eigentum (IGE) fördert das geschäftliche
Potenzial, das in Patenten liegen kann. Damit die Öffentlichkeit
im Besonderen die kleinen und mittleren Unternehmen
für die Informationen in den Patentschriften sensibilisiert
wird, haben die Schweiz und andere Mitglieder der Europäischen
Patentorganisation ihre Datenbanken unter der Website www.espacenet.ch
im Internet zugänglich gemacht. Dort kann mit Hilfe intelligenter
und schneller Suchmechanismen nach den unterschiedlichsten Kriterien
recherchiert werden.
114 Jahre Patentwesen im Internet
Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE)
hat seinen Sitz in Bern. Es ist für die Belange des geistigen
Eigentums in der Schweiz zuständig und wurde 1888 gegründet.
Am 1. Januar 1996 erhielt es den Status einer selbständigen
öffentlich-rechtlichen Anstalt. Es hat die Aufgabe, die Belange
des Immaterialgüterrechts und vor allem seine Vorteile in der
Schweiz bekannter zu machen. Dazu gehört auch, auf die relevanten
Patentinformationen hinzuweisen und wie man sie ausschöpfen
kann. Im Internetzeitalter hat das IGE im Verbund mit weiteren
europäischen Patentbehörden hierzu mit der in Esp@cenet
zugänglichen Online-Sammlung von Patentdokumenten einen neuen,
zeitgemäßen Weg gewählt.
Eine Datenbank mit mehr als 200 GB Bilddaten und eine weitere mit
rund 700.000 Dokumenten und einem Umfang von 1,2 GB ermöglichen
den Blick auf alle Patente der Schweiz seit Gründung des Instituts
im Jahr 1888. Die Nutzung der Datenbank vermittelt einen guten Eindruck
über die Tiefe und Breite des Wissens in den Patentdokumenten.
Es kann nach Aussage des IGE jedoch nicht die professionelle Recherche
ersetzen, wenn es um endgültige Entscheidungen geht.
"Die Bereitstellung der gesamten Palette an Patentinformationen
in elektronischer Form war für die jüngeren Patente aus
den vergangenen zwei Jahren kein Problem, da sie bereits mit Computern
erfasst wurden", so Sabine Blaser, Projektleiterin Projektmanagement
& Internet am IGE. "Deutlich aufwendiger war die Einbeziehung
der Daten von 1888 bis zum Jahr 2000. Die Dokumente wurden sukzessive
eingescannt und nach Bild- und Textdaten getrennt. Erst auf diese
Weise konnte die manuelle Recherche in Unmengen von papiergebundenen
Dokumenten entfallen. Heute stehen alle Schweizer Patente auf Abruf
bereit und können im Internet auf einem Prototypen unter www.espacenet.ch/swiss.html
in ihrer ursprünglichen Form angesehen werden." Sabine
Blaser unterstreicht diesen Aspekt, denn im europäischen Verbund
ist nur die Schweiz in der Lage, bis ins 19. Jahrhundert sämtliche
Dokumente online anbieten zu können. Für die Recherche
benötigt der interessierte Nutzer nur einen Web-Browser.
Suchen und Finden in Esp@cenet
Bei der Vielzahl der Dokumente und Daten, die sich aus Bildern,
Metadaten wie Titel und Patentinhaber sowie Kurzbeschreibungen zusammensetzen,
mussten die Datenbanken und das Filesystem mit einer leistungsfähigen
Suchmaschine verbunden werden, damit die Suche den unterschiedlichen
Anforderungen gerecht wird, was mehr als reine Basis-Funktionen
erfordert. Unterstützung fand das IGE bei Verity, einem führenden
Anbieter von Knowledge-Management-Tools und -Plattformen. "Die
Verity-Suchmaschine hat nicht nur die Suche mit Wildcards und Scores
ermöglicht, sondern konnte eine Geschwindigkeitssteigerung
realisieren, die wir zuvor nicht für möglich gehalten
haben", so Sabine Blaser weiter.
Die digitalisierten Schweizer Alt-Daten, die im europäischen
Patentamt in Den Haag elektronisch archiviert sind, wurden von den
VMS-Servern auf die NT-Server des IGE übertragen und in ein
für das Internet nutzbares Image-Format konvertiert. Verity
hat im Anschluss daran den Zugriff auf die Textdaten mit der entsprechenden
Indizierung ermöglicht und thematische Kollektionen erstellt,
die ein leichtes automatisches Update erlauben.
Welche Such-Optionen in der Schweizer Version des Esp@cenet realisiert
wurden, zeigt ein einfacher Blick auf die Website: Außer dem
Titel, in dem mit Booleschen Verknüpfungen die Suche präzisiert
werden kann, gibt es sieben weitere Eingabefelder und Suchindizes.
Innerhalb kürzester Zeit stehen die entsprechenden Dokumente
zur Verfügung und können online angesehen bzw. als PDF-File
heruntergeladen werden.
Über die Such-Maske von Esp@cenet können die Nutzer nach unterschiedlichsten Kriterien in über 700.000 Schweizer Patentschriften recherchieren. |
Das Web-Hosting für die Bereitstellung der Schweizer Patentdaten
erfolgt im Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum.
Sabine Blaser fügt hinzu: "Ohne die Suchmaschine von Verity
könnten wir die geforderte Performance mit den Servern nicht
sicherstellen." Im IGE wird die Verity-Suchmaschine jedoch
nicht nur für den öffentlich zugänglichen Teil des
Internetauftritts genutzt, sondern darüber hinaus auch auf
dem Patentserver, der für die Nutzung durch internationale
Patentinstitute und registrierte Anwender zur Verfügung steht.
"Der IBM-Patentserver, den wir auch hier in der Schweiz nutzen,
setzt ebenfalls auf einer Datenbank auf, die alle derzeit rund 7,5
Millionen Patente enthält", erklärt Alfred Hänni
von der IGE-Systemtechnik ergänzend. "Das schnelle Indizieren
der Informationen, die in Jukeboxen auf mehr als 7.000 CDs archiviert
sind, übernimmt ebenfalls die Suchmaschine von Verity. Wegen
der erfolgreichen Nutzung des Produktes auch in anderen Ländern,
standen daher alternative Angebote nie zur Debatte."
Patentrecherchen statt Doppelentwicklungen
Welche Möglichkeiten ausführliche Patentrecherchen in
vielen Bereichen bieten können, unterstreicht die Erkenntnis,
dass allein bei europäischen Unternehmen jährlich rund
15 Millionen Euro für Doppelentwicklungen ausgegeben werden.
Und das nur, weil sie zuvor nicht sichergestellt haben, ob innovative
Lösungen für ihre Produkte oder Ziele in ähnlicher
Form bereits existieren. Das IGE vermittelt folgerichtig den Kontakt
zwischen Markt und Erfindern zum beiderseitigen Nutzen eine
Win/Win-Situation.
Der internetbasierte Auftritt des Instituts mit Hilfe einfach zu
nutzender Recherche-Optionen für jedermann wird nun dazu beitragen,
die sinnvolle Nutzung einer unerschöpflichen Quelle von innovativen
Ideen in die Unternehmen zu tragen. Ein erwünschter Nebeneffekt
ist dabei auch, künftig mit dem eigenen intellektuellen Kapital
sensibler umzugehen. Ohne die netzbasierte IT-Welt und den Einsatz
hoch spezialisierter Such- und Retrieval-Technologien wären
diese Ziele kaum zu erreichen.
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