Fachbeiträge

Ausgabe 11 / /2001
Fachbeitrag Kommunikation

The Big E: E-Learning und E-Community

von Gabriele Vollmar

Alljährlich sorgt auf der Münchener IT-Messe Systems das von der Diebold Deutschland GmbH organisierte Systems Studio für spannende Podiumsdiskussionen. In diesem Jahr war auch wissensmanagement – Das Magazin für Führungskräfte mit zwei Sessions zu den Themen E-Learning und E-Community vertreten. Lesen Sie hier eine Zusammenfassung der lebhaft geführten Diskussionen.

 

Von Gabriele

 

Vollmar

 

 

 

Fast schon Systems-Tradition

 

geworden ist das von der Diebold Deutschland GmbH organisierte Systems

 

Studio direkt auf der Münchener IT-Messe. An allen Messetagen

 

löst hier eine spannende Podiumsdiskussion die andere ab. In

 

diesem Jahr war auch wissensmanagement dabei: Am 15. Oktober mit

 

dem Thema "E-Learning: das vernetzte Unternehmen lernt und

 

denkt anders" und am 16. Oktober mit "E-Communities: Wissensmanagement

 

durch Vernetzung der Köpfe".

 

 


Pippi Langstrumpf oder die Vorteile von E-Learning

 

 

Teilnehmer der ersten Gesprächsrunde waren Astrid Tietgens,

 

Geschäftsführerin der MIT New Media GmbH, Marianne Bürgel,

 

Geschäftsführerin der Agentur Standard, Dr. Volker Zimmermann,

 

Geschäftsführer der imc information multimedia communication

 

GmbH, Dr. Frank Kappe, CTO der Hyperwave AG sowie als graue, aber

 

nichtsdestoweniger diskutierfreudige Eminenz des E-Learning Prof.

 

Dr. Heinz Mandl von der Ludwig Maximilian Universität München.

 

Ach ja, und dann war da noch Pippi Langstrumpf, die bekanntlich

 

nie zur Schule ging, weil "wenn ich gerade gelernt habe, wie

 

viele Hottentotten es gibt und einer davon bekommt Lungenentzündung

 

und stirbt, dann war das ja alles umsonst".

 

 

systems1 picture

 

 

Kein Problem in Zeiten von E-Learning, meinte da Marianne Bürgel,

 

könnten doch Inhalte zeitnah aktualisiert werden. Den eigentlichen

 

Vorteil sieht Marianne Bürgel allerdings in der Kombination

 

von selbstgesteuertem Lernen am Computer und den Kommunikationsmöglichkeiten,

 

die uns Inter- bzw. Intranet bieten. Auch für Prof. Mandl zeichnet

 

sich hier E-Learning besonders durch eine neue didaktische Konzeption

 

aus: "E-Learning erlaubt ein fall- und problemorientiertes

 

Lernen. Die Lern-Motivation ist bei dieser Art zu lernen zum einen

 

größer, zum anderen ist die mittelbare praktische Anwendung

 

des Gelernten wesentlich einfacher." Mit E-Learning rücken

 

Lernen und Arbeiten also näher zusammen. "E-Learning ist

 

Teil einer größeren Problemstellung, nämlich Wissensmanagement

 

im Unternehmen", meinte deshalb auch Frank Kappe, "diese

 

beiden müssen stärker als bisher zusammengeführt

 

werden."

 

 

 

Doch "E-Learning stellt an die Lernenden andere, z.T. gesteigerte

 

Anforderungen", gab Prof. Mandl zu bedenken. "Dazu gehören

 

die Fähigkeit zur Selbststeuerung, zu kooperativem und kommunikativem

 

Lernen und schließlich zu individuellem Wissensmanagement.

 

Das sind Fähigkeiten, die wir in der Schule nicht lernen und

 

die zu erlernen uns die ungewohnte, weil virtuelle Umgebung nicht

 

leichter macht." Dagegen hielten zwei Vertreter der Plattform-Anbieter,

 

nämlich Volker Zimmermann: "Die Selbststeuerung kann von

 

der Lernplattform abgefangen werden, die den Teilnehmer durch den

 

Lernprozess steuert" und Frank Kappe: "Es gibt einen wesentlichen

 

Unterschied zwischen dem Lernen an der Uni und dem Lernen im Betrieb:

 

Die Motivation hier ist schlicht, dass der Mitarbeiter das lernen

 

muss, um die nächste Stufe auf der Karriereleiter zu erreichen

 

oder den Job zu behalten."

 

 

 

Einig waren sich alle Diskutanten aber darin, dass die Unternehmensführung

 

hinter E-Learning stehen müsse, um das Ganze auch voranzubringen.

 

"Steht ein Unternehmen vor der Entscheidung, E-Learning einzuführen,

 

sollte es zunächst eine Bedarfsanalyse durchführen: 'Wer

 

soll was lernen?‘", erläuterte Astrid Tietgens. "Und

 

das Unternehmen sollte sich die Frage stellen, in welcher Form Weiterbildung

 

dabei helfen kann, die Unternehmensziele zu erreichen." Marianne

 

Bürgel empfahl den Unternehmen außerdem noch, mit einem

 

überschaubaren Pilotprojekt zu beginnen. Einer der bedenkenswertesten

 

Ratschläge kam jedoch aus der sonst als etwas realitätsfremd

 

bezeichneten akademischen Ecke: "Von Anfang an in die Überlegungen

 

einbeziehen sollte man auch, wie man dann den Nachweis erbringen

 

kann, dass sich die teure Investition in E-Learning überhaupt

 

auszahlt", schrieb Prof. Mandl den Unternehmen ins Stammbuch.

 

Ein Punkt über den noch viel diskutiert wurde und wird.

 

 

Seitenanfang

Das Gummipuppen-Phänomen oder Gemeinschaft im Cyberspace

 

 

Ist die Rede von Wissensmanagement, scheint das neue Zauberwort

 

"Community" zu sein bzw. in Zeiten dezentraler Organisationsstrukturen

 

"E-Community". Zu diesem Thema diskutierten Dr. Ellen

 

Walther-Klaus, CIO Support bei T-Systems, Volker Wiewer, Vorstandsvorsitzender

 

der eCircle AG, Dr. Charles Savage, Präsident von Knowledge

 

Era Enterprising International Ltd., und Dr. Peter Schütt,

 

Leiter der Line of Business Knowledge Management EMEA Central bei

 

IBM Lotus Professional Services.

 

 

systems2 picture

 

 

Unternehmen sollten sich laut Peter Schütt die Frage stellen,

 

ob sie in Dokumentation (die dann niemand liest) oder in Mitarbeit

 

investieren. Letzteres bedeute dann eine Investition darin, Mitarbeiter

 

– auch in der virtuellen Welt – zusammenzubringen. Solche

 

virtuellen Räume bieten so genannte Community-Plattformen.

 

Nach den Funktionalitäten solcher Plattformen befragt, antwortete

 

Volker Wiewer: "Wichtig sind vor allem Tools für die Administration

 

der Community, die es erlauben, Regeln festzulegen, Inhalte zu strukturieren

 

und die Kommunikation klar und zielgerichtet zu steuern. Das geht

 

über einfachen E-Mail-Verkehr hinaus." Der Forderung nach

 

definierten Regeln stimmte auch Ellen Walther-Klaus zu: "Feste

 

Regeln, wie man miteinander kommuniziert, sollten unbedingt im Vorfeld

 

definiert werden. Hierzu sollte man sich die Frage stellen, wie

 

eigentlich persönlicher Austausch stattfindet und dann, wie

 

man diesen abbilden kann auf das virtuelle Forum."

 

 

 

Charles Savage ging dann noch einmal einen Schritt zurück,

 

vor das "E", um festzuhalten, dass Community Gemeinschaft

 

bedeute: "In einer Gemeinschaft werden auch Emotionen ausgetauscht,

 

spielen gemeinsame Werte eine wichtige Rolle." Da lag die Frage

 

nahe: Wie gut lässt sich Gemeinschaftsgeist in den Cyberspace

 

transportieren? Die Moderatorin äußerte Skepsis, "die

 

Cybergemeinschaft verhält sich zur wirklichen Gemeinschaft

 

wie die Gummipuppe zur menschlichen Nähe einer echten Frau",

 

und lockte damit die Diskutanten aus der Reserve. So ist es für

 

Volker Wiewer eine Frage des starken gemeinsamen Bezugs oder Interesses,

 

für Ellen Walther-Klaus schlicht eine Frage der Notwendigkeit:

 

"Je weiter entfernt die Community-Mitglieder voneinander sind,

 

desto bereitwilliger werden sie auf elektronische Tools ausweichen,

 

um sich auszutauschen." Einig waren sich die Diskutanten jedoch

 

darin, dass persönliche Treffen unabdingbar sind, um das notwendige

 

Vertrauen zu schaffen und gegebenenfalls Spannungen abzubauen.

 

 

 

Doch nicht nur an mangelndem Vertrauen und fehlender Nähe

 

scheitern Communities, sondern allzu oft auch, weil eine eindeutige

 

Zielsetzung fehlt. "Die Herausforderung für einen Moderator,"

 

meinte z.B. Volker Wiewer, "liegt darin, die Themen zielgerichtet

 

zu führen." Eine weitere Gefahr kann darin liegen, dass

 

die Community-Mitglieder schlicht mit der neuen Art zu kommunizieren

 

überfordert sind. "Virtuelle Kommunikation gehorcht anderen

 

Regeln. Sie muss deshalb geschult werden," weiß Ellen

 

Walther-Klaus aus Erfahrung.

 

 

 

Doch wie lassen sich ein Scheitern bzw. der Nutzen einer Community

 

überhaupt messen? "Der ROI ist relevant, aber nicht eigentlich

 

messbar," meinte Peter Schütt. "Eine Scorecard z.B.

 

kann aber die Auswirkungen zumindest ungefähr nachvollziehbar

 

machen." Ellen Walther-Klaus konterte mit der Forderung, mögliche

 

Messinstrumente von Anfang an mitzudefinieren.

 

 

 

Einig war man sich allerdings abschließend darin, dass wir

 

mit dem Einsatz von Communities erst am Anfang einer Entwicklung

 

stehen. "Wir lernen jetzt erst, wie Communities funktionieren",

 

glaubt Volker Wiewer, "und wie sie die Unternehmensstrukturen

 

verändern werden."

 

 

 

 

 

 

 

 

Videomitschnitte beider Podiumsdiskussionen finden Sie unter:

(Zum Abspielen der Videosequenzen benötigen Sie den RealPlayer.)

Die Videomitschnitte sind unter den angegebenen Internet-Adressen bis Mitte Januar verfügbar.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Online Fachbeiträge Ausgabe 9 / 2001
Fachbeitrag       Social Media

Die Kunden als Partner – warum Kunden-Communities immer wichtiger werden (3)

von Peter Schütt

Artikel lesen


Online Fachbeiträge Ausgabe 12 / 2003
Fachbeitrag       Weiterbildung

Elektronisches Lernen erreicht den Mittelstand

von Leonhard Fromm

Artikel lesen


62010
Praxis Wissensmanagement       Weiterbildung

TU Wien schult über virtuelle IT-Kurse

von Leonhard Fromm

Artikel lesen


62010
Human Resources       Weiterbildung

Blended Workflow Learning einführen, Implementierungshürden ausräumen

von Klaus Steven

Artikel lesen


82010
Human Resources       Weiterbildung

Talente mutig managen

von Stefan Janssen

Artikel lesen


Unsere Empfehlungen