Fachbeiträge
Wissensnetze als Langzeitgedächtnis
von Thomas Kamps
Die Ansätze, um Wissen formal fassen zu können, reichen von Propositionen, wie sie im Rahmen der KI-Forschung vorgeschlagen wurden, über mathematische Regeln ausgedrückt als Prologregeln oder Begriffsverbände bis hin zu Wissensnetzen. Letztere haben den Vorteil, dass sie effizient handhabbar und mit geeigneten Werkzeugen pflegbar sind. Und dieser Vorteil ist wesentlich, denn wenn Wissen zum erfolgsentscheidenden Faktor eines Unternehmens wird, dann muss es von den Verantwortlichen im Unternehmen auch entsprechend seiner Wichtigkeit gehegt und gepflegt werden können. Thomas Kamps beschreibt die Arbeitsweise von Wissensnetzen und welche Möglichkeiten dieser Ansatz zur Erfassung des Unternehmenswissens eröffnet.
Von Thomas
Inhaltsübersicht:
- Alle reden von Wissensmanagement – aber was ist Wissen?
- Ein Wissensnetz ist ein Langzeitgedächtnis
- Ein Wissensnetz dient als vernetzter Index von Inhalten
- Wissensqualität sichern heißt redaktionell arbeiten
- Effektiver Zugriff durch interaktive Visualisierung
- Neue Möglichkeiten, unternehmensinterne Geschäftsprozesse zu optimieren
- Neue Horizonte für das E-Business
- Fazit
Wissensmanagement
ist derzeit Megathema. Nach einer Studie von Merrill Lynch wird
der Markt von Enterprise Information Portals (EIP) von 5,8 Milliarden
Dollar in 1999 auf 14,9 Milliarden Dollar im Jahre 2002 ansteigen.
Die Zeichen der Zeit werden von Entscheidern insofern erkannt, als
Wissen im Begriff ist, mit ihrer Hilfe zu einer eigenen Produktivkraft
zu werden. Die Geschwindigkeit ist so atemberaubend, dass die gerade
eben gepriesenen EIP schon von so genannten EKP (Enterprise Knowledge
Portals) überholt werden.
Alle reden von Wissensmanagement aber was
ist Wissen?
Ein Problem,
welches sicherlich zu einem guten Teil der Dynamik des E-Business
geschuldet ist, besteht darin, dass es für Verantwortliche
nicht leicht ist, Wissen von Wissen zu unterscheiden; denn der Begriff
verschwimmt zunehmend zu einem undefinierbaren Etwas im Meer der
tagtäglichen Veröffentlichungen und Verlautbarungen. Mal
sind Dokumente in Text- oder Multimedia-Datenbanken gemeint, ein
anderes Mal handelt es sich um Fakten, die in konventionellen, feldbasierten
Speichermedien aufbewahrt werden. Bisweilen werden damit nicht gespeicherte
Inhalte von E-Mails oder sogar von verbalen Konversationen referenziert.
Man bedenke, dass es in letzterem Fall nicht einmal ein irgendwie
geartetes elektronisches Dokument gibt, welches den Inhalt transportieren
könnte. In den meisten Fällen ist jedoch intuitiv klar,
dass Wissen die Essenz dessen meint, worauf die Inhalte der Dokumente
bzw. Konversationen im Kern reduziert werden können.
Für effizientes
Wissensmanagement liegt es nun nahe, den Begriff des Wissens formaler
zu fassen; denn das ist die einzige Möglichkeit, Wissen maschinell
zu kontrollieren und operationalisierbar zu machen. Es ist auch
die entscheidende Voraussetzung für ein funktionierendes Unternehmensgedächtnis.
Dieses soll gewährleisten, dass externalisierte Mitarbeiterkompetenz
aufgefangen und somit langfristig für das Unternehmen gesichert
wird.
Um Wissen formal
fassen zu können, wurden in der Literatur die unterschiedlichsten
Repräsentationen untersucht, von Propositionen, wie sie im
Rahmen der KI-Forschung vorgeschlagen wurden, über mathematische
Modelle ausgedrückt als Prologregeln oder Begriffsverbände
bis hin zu Wissensnetzen.
Letztere haben den
Vorteil, dass sie sehr effizient handhabbar und mit geeigneten Werkzeugen
pflegbar sind. Dies ist entscheidend; denn wenn Wissen zum erfolgsentscheidenden
Faktor eines Unternehmens wird, dann muss es von den Verantwortlichen
im Unternehmen entsprechend seiner Wichtigkeit gehegt und gepflegt werden
können. Bis zu welchem Grad dies bei Anbietern von Wissensmanagement-Systemen
möglich ist, wird zu einem wichtigen Auswahlkriterium für solche
Systeme.
Ein Wissensnetz ist ein Langzeitgedächtnis
Unter einem
Wissensnetz kann man sich eine Art Langzeitgedächtnis vorstellen,
dessen Grundeinheit ein Begriff ist, der mit anderen Begriffen über
semantische Beziehungen in Relation steht. Ein Wissensnetz besteht
in der Regel aus einer Vielzahl solcher Beziehungen. Je nachdem,
um welche Sorte von Wissen es sich handelt, kann ein solches Netz
aus Tausenden oder sogar Hunderttausenden von Begriffen samt Beziehungen
bestehen. Ein Beispiel liefert das unten abgebildete Teilnetz zum
Thema "Europäische Union".
Teilnetz
zum Thema "Europäische Union"
Es verdeutlicht,
wie abstrakte Begriffe über verschiedene Relationen miteinander
in Beziehung stehen, etwa dass die EU eine internationale Organisation
ist oder dass die EU eine Kommission hat, deren Sitz sich in Brüssel
befindet. Darüber hinaus kann man erkennen, dass die EU als
internationale Organisation über Mitglieder verfügt, die
selbst souveräne Staaten sind, welche wiederum jeweils durch
einen Regierungschef vertreten werden.
Die aufgeführte
Liste von Beziehungen kann beliebig fortgesetzt werden, etwa dadurch,
dass Personen im Allgemeinen biografische Daten (möglicherweise
auch eine textuell verfasste Biographie) besitzen oder dass demografische
Angaben wie Bevölkerungsentwicklung, Regierungsform, Fl&eml;che,
Arbeitslosigkeit, charakteristische Attribute von Staaten usw. direkt
mit multimedialen Inhalten wie Kartenmaterial, Filmen etc. gekoppelt
sind.
Natürlich ist
das digitale Gedächtnis verhältnismäßig mechanisch.
Interessant ist nichtsdestotrotz, dass menschliche Erkennensprozesse recht
effizient simulierbar werden und so der Mechanik ein gewisses Maß
an Intelligenz eingehaucht werden kann. Hierzu ein Beispiel: Jeder einschlägig
gebildete Mensch, dem zwei Dokumente ähnlichen Inhalts vorgelegt
werden, kann diese ûhnlichkeit nach erstem Lesen recht unmittelbar feststellen,
auch wenn in den Formulierungen unterschiedliches Vokabular verwendet
wird. Dies ist erklärbar aus der Tatsache, dass der Mensch die relevanten
Begrifflichkeiten gelernt und diese aus seinem Langzeitgedächtnis
effizient abrufen, miteinander in Beziehung setzen und darum vergleichen
kann. Letzeres ist die Grundvoraussetzung des Verstehens überhaupt.
Die maschinisierte Form des Langzeitgedächtnisses, gestützt
auf Wissensnetze, steht in direkter Analogie zu diesem Verstehensprozess
und dient daher als exzellente Approximation des realen Gedächtnisses.
Darüber hinaus ist die computergestützte Version natürlich
extrem effizient darin, sehr große Wissensmengen nutzbar zu machen.
Ein Wissensnetz dient als vernetzter Index von Inhalten
Ein entscheidender
praktischer Nutzen bezogen auf Wissensnetze liegt darin, dass Wissensstrukturen
abgesehen von Quantität und Granularität des Wissens sehr
gut geeignet sind, beliebige Dokumente inhaltlich zu erschließen.
Damit dies wirkungsvoll gelingt, muss die Menge an heterogenen multimedialen
Informationen, wie sie im letzten Abschnitt beschrieben wurde, fassbar
werden. Diese Medienunabhängigkeit und ?integrierbarkeit ist
einer der zentralen Unterschiede zu klassischen, homogenen Datenbankkonzepten.
Wissensnetze fungieren als vernetzte Metainformation und stellen
nicht die Information selbst dar. Die Metaebene erlaubt potenziell
die wissensmäßige Erschließung beliebiger Inhalte.
Letzteres kann
sogar automatisch geschehen: Die Dokumente werden mit Hilfe geeigneter
Parser gelesen und mit dem Wissensnetz verglichen. Während
dieses Prozesses werden den Dokumenten Indexbegriffe zugeordnet,
die Elemente des Wissensnetzes sind. Darüber wird ein Zusammenhang
zwischen ihnen hergestellt, der die Bedeutung des Dokuments ausmacht.
Auf diese Weise können Dokumente auf semantischer Ebene verglichen
werden. Dies wird noch verstärkt, wenn im Wissensnetz die Begriffsebene
und die Benennungsebene unterschieden sind; denn in diesem Fall
können die Dokumente sprachunabhängig erschlossen werden.
Ein Beispiel: China ist ein abstrakter Begriff, der ein großes
Land in Ostasien bezeichnet, während "China", "Das Reich der
Mitte", "Chine" Benennungen dieses Begriffs in unterschiedlichen
Sprachen repräsentieren.
Die Trennung
von Begriff und Benennung ist auch Voraussetzung für das Finden
relevanter Dokumente und zwar sprachunabhängig. Auf
Basis einer solchen Technologie können effiziente semantische
Matching-Verfahren implementiert werden, welche präzise Ergebnisse
in Bezug auf Precision und Recall des Retrieval-Prozesses gestatten.
Damit kommen wir einer tatsächlich intelligenten Suche schon
wesentlich näher, zumindest für kontrollierte Wissensportale.
Aber auch die Suche im unkontrollierten Meer der Internet-Inhalte
wird sich signifikant verbessern, weil öffentliche Suchmaschinen
ohne explizites Zutun des Nutzers effizient mit kontrolliertem Wissen
beschickt werden können und darum im Rahmen ihrer Möglichkeiten
bessere Ergebnisse liefern.
Indizierte
Dokumente zum Thema "Europäische Union"
Wissensqualität sichern heißt redaktionell arbeiten
Wenn der Aufbau
von Wissen ausschlaggebend für den Unternehmenserfolg ist,
muss dies von dem Unternehmen auch kontrolliert werden. Dies ist
entscheidend im Hinblick auf verschiedene Gesichtspunkte:
- Konkurrenzvorteile durch Kontrolle:
Das repräsentierte Wissen existiert nur beim Unternehmen selbst und nicht beim Dienstleister. Es ist insofern garantiert, dass das Unternehmen vor der Konkurrenz über das Wissen verfügt. - Investitionssicherung:
Das Wissen kann nur vom Unternehmen selbst verwertet werden, was im Falle des Outsourcens zumindest schlecht bis gar nicht kontrollierbar wäre; denn Faktenwissen kann quasi nicht geschützt werden. - Nutzung bestehender Personalressourcen:
Große Unternehmen verfügen oft über Dokumentationspersonal. Eine Weiterqualifikation des bestehenden Personals kann mit geringem Zeitaufwand geleistet werden. Dieses wird dann unmittelbar produktiv und gewinnt innerhalb des Unternehmens an Bedeutung, weil der Nutzen im Zusammenhang mit effizienten Unternehmensportallösungen unmittelbar sichtbar wird. - günstiges Kosten-Nutzenverhältnis:
Im Rahmen einer Unternehmensportallösung kann das Verhältnis von Aufwand (durch Erstellung) und Nutzung sehr günstig werden; denn das Wissen wird nur einmal aufgebaut, kann aber durch die Internet-Lösung beliebig vielen Nutzern zur Verfügung gestellt werden. - Erweiterung und Pflege:
Das Wissen kann vom Unternehmen bedarfsgerecht und zeitnah erweitert und gepflegt werden. Neue Wissensbereiche können mit Hilfe der Werkzeuge leicht erschlossen werden.
Viele Aufgaben
beim Aufbau von Wissen lassen sich standardisieren:
Automatischer Import von Wissensstrukturen
Für viele
Anwendungen erweist es sich als opportun zunächst zu prüfen,
inwieweit schon existierende Wissensstrukturen in ein definiertes
Zielnetz integriert werden können. Andererseits können
in vielen Fällen Fakten entsprechend gegebener Parsingregeln
automatisch aus Inhaltsbeständen extrahiert werden. In die
Redaktionsumgebung integrierte Importmechanismen, die diese Prozesse
unterstützen, sind dann eine geeignete Hilfe.
Manuelles Editing
Neben den oben
angesprochenen Importmechanismen, um existierende Wissensstrukturen
automatisch einzulesen, bzw. den Faktenextraktionsmechanismen ist
die manuelle Redaktion in der Regel aus verschiedenen Gründen
unerlässlich: Existieren keine Wissensstrukturen, die hinzugezogen
werden könnten, dann muss das Netz manuell erstellt werden.
Werden verschiedene Wissensquellen kombiniert, bleiben oft Löcher
bestehen, d.h. benötigte Wissensstrukturen kommen in keiner
der Quellen vor. In diesem Falle müssen die Löcher von
Hand gestopft werden.
Was bedeutet
manuelles Editing? Die wichtigste Tätigkeit in diesem Zusammenhang
besteht darin, Knoten (Begriffe) des Netzes anlegen zu können
bzw. diese mit anderen Knoten bezüglich definierter Beziehungen
zu verbinden. Dazu ist es natürlich notwendig, dem Redakteur
angemessene Sichten auf das Netz zu erlauben. Netze lassen sich
auf anschauliche Art und Weise mit Hilfe grafischer Netzwerkdarstellungen
visualisieren. Interaktive Netzwerk-Layoutverfahren erlauben es,
in dem Wissensnetz grafisch zu navigieren. Dies ist sehr wichtig,
weil es die herkömmliche Art der Suche (das Eintippen von Begriffen
in eine Suchmaske, wie man es von Suchmaschinen im Internet kennt)
durch die explorative Suche ergänzt.
Die Netzwerksicht
lässt sich gut mit einer begriffszentrierten Formularsicht
kombinieren, in welcher Beziehungen des Begriffs zu anderen Begriffen
definiert bzw. Attribute des Begriffes gesetzt werden können.
Auch eine den Workflow unterstützende Foldersicht erweist sich
in der Praxis als ratsam.
(Semi-) Automatische Indizierung
In vielen Anwendungsszenarien
verfügen Unternehmen über große Bestände von
Inhalten, die jedoch nur allzu oft nicht erschlossen sind. Vorausgesetzt
ein Wissensnetz existiert schon, dann können mit Hilfe des
Wissensnetzes automatisch Vorschläge zum Indizieren des Inhalts
generiert werden. In diesem Fall entfällt das Lesen des Textes
durch Indizierer. Was bleibt, ist ein Kontrollprozess, der es zum
Zwecke der Qualitätssicherung ermöglicht, die vorgeschlagenen
Indizierungen zu verifizieren, zu modifizieren bzw. diese zu revidieren.
Auch hier ist in vielen Fällen ein pragmatisches Konzept der
Qualitätssicherung zweckmäßig: So könnten wichtige
Quellen strengeren Kontrollen unterzogen werden als weniger wichtige.
Als Nebeneffekt
kann das Wissensnetz während des Indizierungsprozesses erweitert
werden. Beispielsweise können Synonyme, die dem Wissensnetz
noch nicht als solche bekannt sind, mittels intuitiver Drag-and-Drop-Mechanismen
grafisch aufeinander abgebildet und als solche deklariert werden.
Manuelles
Editieren
Konsistenz
Wissensnetze können
sehr schnell sehr groß und unübersichtlich werden. Um mit dieser
Situation umgehen zu können, werden modernste Werkzeuge benötigt,
die es ermöglichen ein Netz aufzubauen und dieses konsistent zu halten,
d.h. bezüglich definierter Regeln den Redakteur auf Inkonsistenzen
und ihre Folgen aufmerksam zu machen. Dies ist insbesondere dann wichtig,
wenn solche Netze im Mehrbenutzerbetrieb aufgebaut werden. Für das
oben beschriebene Szenario wäre eine sinnvolle Regel sicherlich,
dass die Member- bzw. die Assoziations-Relation, die zwischen Organisationen
und Staaten definiert ist, sich gegenseitig ausschließen. In diesem
Fall sollte eine Wissens-Engine einen Redakteur darauf aufmerksam machen,
wenn er eine von beiden Beziehungen für das gleiche Land und die
gleiche Organisation anlegen will, obwohl die andere schon existiert.
Effizienter Zugriff durch interaktive Visualisierung
Wissen muss
nicht notwendigerweise nur indirekt genutzt werden, indem Such-
und ûhnlichkeitsprozesse optimiert werden. Wissensnetze können
intuitiv visualisiert werden. Im Gegensatz zur Internet-Suche, wo
mit Hilfe von einfachen Suchbegriffeingaben oft ein ungerichtetes
Stochern im Internet veranstaltet wird, unterstützen interaktive
Netzwerkvisualisierungs-Technologien explorative Suchstrategien,
bei denen das Suchziel von Anfang an nicht fest definiert ist.
Abweichend vom klassischen
Frage-Antwort-Paradigma müssen Suchergebnisse darüber hinaus
nicht notwendigerweise gesuchte Dokumente sein. Es wäre häufig
adäquater, eine dynamische Einschränkung des Suchraums anzuzeigen,
in dem geeignete Visualisierungsmethoden eine konfektionierte grafische
Abstraktion der gefundenen Ergebnisse erlauben, z.B. in Form von interaktiven
Diagrammen. Dies ist die Voraussetzung eines Mensch-Maschine-Dialogs,
bei dem die Suchmenge Schritt für Schritt reduziert oder gegebenenfalls
auch wieder erweitert wird. Auf diese Weise mutieren Such-Interfaces mehr
und mehr zu intelligenten Arbeitswerkzeugen.
Neue Möglichkeiten, unternehmensinterne Geschäftsprozesse
Neben der Möglichkeit,
ein Wissensnetz zum Erschließen einer einzelnen Datenquelle
zu verwenden, bietet es sich an, das Netz als Integrator für
verschiedene verteilte Datenbanken zu nutzen. Ein häufig auftretender
Fall ist, dass in großen Firmen die gleichen oder ähnliche
Informationen in unterschiedlichen Datenbanken vorliegen, ohne dass
diese voneinander wissen. Viel zitiert werden in diesem Zusammenhang
auch Projekte, die in verschiedenen Organisationseinheiten der gleichen
Firma mehrfach durchgeführt werden. Um solche Entwicklungen
zu vermeiden, ist es wichtig, den Informationszugriff möglichst
ökonomisch zu gestalten, d.h. das Wissen, welches den verschiedenen
Datenbanken zugrunde liegt, zu integrieren. Datenbankintegration
ist jedoch eine kostspielige und langwierige Sache.
Eine echte
Optimierung kann erreicht werden, indem das den Unternehmensdatenbanken
gemeinsame Wissen in einem Wissensnetz modelliert wird und dieses
die eigentlichen Inhaltsdatenbanken referenziert. Das hat den zusätzlichen
und nicht unerheblichen Vorteil, dass die Firmendatenbanken, welche
über lange Zeit aufgebaut und gepflegt wurden, nicht auf einmal
ersetzt werden müssen, sondern während eines Migrationsprozesses
integriert werden können.
Eine entscheidende
Voraussetzung für einen solchen Integrationsprozess ist jedoch
das Vorhandensein einer Kommunikations-Infrastruktur, welche es
erlaubt, verteilte Datenbanken kommunikationstechnisch zu integrieren.
Ein Wissensnetz, angeschlossen an eine solche Architektur, ist dann
in der Lage, die Datenbanken inhaltlich zu integrieren. Als Resultat
wird ein Mehrwertdienst erwartet, der darin besteht, dass sich die
verknüpften Informationsquellen nach außen homogen darstellen
und mit Hilfe individualisierter Zugriffsmechanismen abfragen lassen.
Es liegt auf der
Hand, dass die Kommunikations-Infrastruktur internetbasiert sein muss
und standardisierte Austauschformate wie XML benutzt. Es handelt sich
dann um eine offene, internetbasierte Softwarebus-Architektur.
Neue Horizonte für das E-Business
Eine Softwarebus-Architektur
erlaubt es, neuartige Produkte anbieten zu können. Beispielsweise
können verschiedene Verlage oder andere Inhaltsanbieter ihre
Produkte mit Hilfe gemeinsamer Web-Portale zusammen vermarkten,
ohne dass die jeweiligen Inhalte vollständig mit den Inhalten
anderer Anbieter fusioniert werden müssen. Im Gegenteil, virtuelle
Integration zur Laufzeit bietet die Möglichkeit, flexibel zu
jedem möglichen Zeitpunkt Koalitionen mit anderen Inhaltsanbietern
eingehen zu können bzw. diese wieder aufzulösen. Eine
internetbasierte Softwarebus-Architektur eröffnet somit auch
vollkommen neue Möglichkeiten für das E-Business.
So können
Wissensmodelle, die den Wissensnetzen zugrunde liegen, selbst zu
Produkten werden. Ein Wissensmodell beschreibt, ähnlich einem
Datenbankschema, Typen von Begriffen bzw. Typen von Relationen,
die diese zu einem Wissensnetz verknüpfen. Ein Wissensmodell,
etwa zum Aufbau literarischer Werke, ist für verschiedene Literatur-Wissensnetze
im Wesentlichen identisch. So würde z.B. das Wissensmodell
zum Aufbau eines Wissensnetzes "Thomas Mann" das gleiche sein wie
das zum Aufbau von "Heinrich Böll", obwohl die Inhalte der
Wissensnetze unterschiedlich wären. In beiden Fällen dreht
es sich allgemein (modellhaft) um Schriftsteller, Werke, Orte, Einflussbeziehungen
zwischen Schriftstellern, Verlegern usw. In beiden konkreten Netzen
würden natürlich unterschiedliche Personen, Werke, Orte
etc. eine Rolle spielen. ßberschneidungen wären aber nichtsdestotrotz
möglich.
Ein vollkommen
anderes Beispiel aus dem Bereich des unternehmensinternen Wissensmanagements
wäre ein Wissensmodell, welches Marketing- und Verkaufsinformationen
miteinander in Beziehung setzen würde, möglicherweise
noch gekoppelt mit Projektinformationen. Dieses Modell könnte,
eingeschränkt auf eine Branche, den unterschiedlichsten Unternehmen
als Grundlage für den Aufbau eines eigenen Wissensnetzes dienen.
Prädestiniert wären Wissensmodellierungen sicherlich auch
für den Bereich Personalinformations-Systeme, aber auch für
die Indizierung von Patentinformationen.
Auch ein Wissensnetz
selbst kann Gegenstand eines Produkts sein. ûhnlich wie Marktforschungsfirmen,
die ihren Kunden Marktdaten verkaufen, damit diese ihren Absatz optimieren,
können die Kunden von Wissensnetz-Anbietern durch Integration des
Netzes in ihre Infrastruktur ihre Wertschöpfungskette verbessern.
Beispiel: Ein Wissensnetz, welches enzyklopädisches Wissen repräsentiert,
ist von großem Nutzen für die Allgemeinheit und kann deshalb
in den unterschiedlichsten Online-Publikationen eine wichtige Rolle spielen.
So könnte z.B. ein "Brockhaus-Wissensnetz" Anwendung in den unterschiedlichsten
Wissensportalen finden, in denen allgemeines Hintergrundwissen mit den
eigenen oder den referenzierten Inhalten des Portals verbunden wird.
Durch die Bereitstellung
effektiver Wissens- und Distributionstechnologie werden neuartige Märkte,
Anwendungen und damit neue Geschäftsfelder entstehen. Ganze Industriezweige,
etwa die Verlagsindustrie, sind bereits komplett im Umbruch begriffen.
Dass diese Entwicklung bezogen auf die so genannten alten Industrien gerade
dort vehement beginnt, ist kein Zufall. Verlage handeln traditionell mit
Wissen und müssen daher für ihre Inhalte angemessene Vermarktungsstrategien
finden. Was dort "wissensbasiertes Publizieren" heißt, firmiert
nun unter dem Titel "Wissensmanagement" in den anderen Industrien, wo
wissensintensive Anwendungen auf ganz unterschiedliche Art und Weise (Personalinformation,
Produkt- und Projektmanagement, Mischformen etc.) Anwendung finden. Der
Zug ist nicht mehr aufzuhalten. Wissensbasierte Informationsportale werden
in Zukunft die Informationsplattformen innovativer Unternehmen sein.
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