Fachbeiträge
Strategien erfolgreich verwirklichen
von Armin Anwander
Was nützt die Genialität einzelner Konzepte, wenn die Organisation nicht auch die Fähigkeit besitzt, diese umzusetzen? Die von Armin Anwander entwickelten Navigationsinstrumente der Strategieverwirklichung zeigen, wie eine Führungsmannschaft Schritt für Schritt vom Ausbruch aus einer alten Welt hin zur Selbstverständlichkeit einer neuen Welt gelangt. Sie sollen helfen, den eigenen Standort zu bestimmen, das Umfeld einzuschätzen und zu entscheiden, in welche Richtung und wie man am besten voranschreitet.
Von Armin
Inhaltsübersicht:
- Schneller, konsequenter, flächendeckender und nachhaltiger
- Die Navigationsinstrumente der Strategieverwirklichung
- Die Landkarte des Akteurs
- Die Landkarte der Organisation
- Die Landkarte des Handelns
- Die Landkarte der Strategieverwirklichung
- Kommunikation ausrichten
Viele Untersuchungen
zeigen, dass die meisten Organisationen ihre fundamentalen Strategien
recht klar benennen können. Doch in der Praxis gelingt es nur
gut einem Drittel, aus diesen Strategien tatsächlich alltägliches
Handeln abzuleiten. Unternehmen, die kontinuierlich an der Spitze
ihrer Branche stehen, profitieren offensichtlich viel weniger von
der Genialität einzelner Konzepte als von den tief in der Organisation
verborgenen Fähigkeiten zur Strategieverwirklichung. Diese
Kräfte machen insbesondere dann den Unterschied aus, wenn die
ganze Branche erkannt hat, was man tun sollte. Denn die erfolgreiche
Organisation weiß auch, dass man es tun will und wie man es
tun kann.
Schneller, konsequenter, flächendeckender und nachhaltiger
Wer seine Strategien schneller, konsequenter, flächendeckender
und nachhaltiger verwirklichen will, verknüpft verschiedene
Aspekte:
- Strategiefindung und Strategierealisierung werden über alle Ebenen der Organisation hinweg integriert.
- Das Individuum und das Zusammenwirken der Akteure in der Organisation werden als Wesenskern jeglicher Entwicklung begriffen.
- Ein klares Zukunftsbild sorgt für den Leitstern auf dem Entwicklungspfad. Die Dynamik der Beteiligten wird in die Vorwärtsbewegung auf diesem Weg gelenkt und nicht auf das Hin- und Herspringen von der einen zur nächsten Management-M(eth)ode.
Die im Folgenden vorgestellten Navigationsinstrumente der Strategieverwirklichung
zeigen, wie eine Führungsmannschaft Schritt für Schritt
vom Aufbruch aus einer alten bis hin zur Selbstverständlichkeit
einer neuen Welt gelangt. Sie helfen, den eigenen Standort zu bestimmen,
das Umfeld einzuschätzen und zu entscheiden, in welche Richtung
und wie man am besten voranschreitet.
Die Landkarte des Akteurs
Da es letztlich immer die Menschen sind, die das Zukunftsbild für
das Unternehmen erfinden und dieses dann in alltägliches Handeln
umsetzen, ist es nur konsequent, dass das erste Navigationsinstrument
die Strategieverwirklichung aus der Sicht des Akteurs betrachtet.
Nur wenn es gelingt, die individuellen Ziele mit denen der Organisation
in Einklang zu bringen, können positive Impulse für die
weitere Entwicklung des Unternehmens entstehen. Daraus resultiert
die fundamentale Fragestellung: Was könnte einen Akteur dazu
bringen, sich selbst so weiter zu entwickeln und zu verhalten, dass
es für die Organisation von Nutzen ist?
Die Antwort liefert die Landkarte des Akteurs. Sie verdeutlicht,
wie die Motivation von Akteuren entsteht, weshalb sie handeln und
was ihr Lernen steuert. Die Entscheidung des Einzelnen, sich aktiv
an der Strategieverwirklichung zu beteiligen, bleibt hier kein einmaliger
Akt. Vielmehr entsteht diese Überzeugung in einer Vielzahl
kleiner Lernschritte auf dem Entwicklungspfad. Offensichtlich gilt
die Landkarte des Akteurs über alle Hierarchien hinweg: vom
Mitarbeiter am Fließband bis hin zur Top-Führungskraft.
Im rauen Gegenwind des Alltags werden Strategien konsequent ausgefiltert.
Nur, was von einer Vielzahl der Beteiligten als nützlich und
sinnvoll angesehen wird, überlebt den langen Marsch durch die
Hierarchie.
Die Landkarte der Organisation
Sinnvolles Handeln benötigt jedoch auch eine Richtung. Die
Schlüsselfragen im zweiten Navigationsinstrument der Strategieverwirklichung,
der Landkarte der Organisation, helfen, das Zukunftsbild einer Organisation
zu entwerfen und nach und nach zu verfeinern. Stehen beim Entwurf
dieses Bildes einzelne Management-Methoden zu stark im Mittelpunkt,
entstehen oft Schwerpunkte, die bereits nach wenigen Jahren einen
gegenteiligen Ansatz herausfordern. So folgt auf Mischkonzerne,
die Synergien ausschöpfen sollen, die Zerschlagung der entstandenen
Moloche in fokussierte Unternehmen. Phasen der Zentralisierung wechseln
mit der Aufforderung zur Dezentralisierung ab. Und der Schrei nach
einer Unternehmenskultur, in der das menschliche Miteinander den
Erfolg produziert, wird vom harten Shareholder-Kurs abgelöst,
der die Interessen der Aktionäre in den Mittelpunkt stellt.
Die kurze Halbwertszeit der Methoden führt oft dazu, dass
der neueste Ansatz den Vorgänger bereits ablöst, bevor
dieser zu den versprochenen Auswirkungen im Alltag geführt
hat. Dies geschieht meist in einem Umfeld, in dem Führungskräfte
und Mitarbeiter für Rastlosigkeit und nicht für wahrnehmbare
Erfolge honoriert werden.
Nach und nach ergibt sich so eine fundamentale Gefahr, die ein
Unternehmen auf Dauer blockieren kann. Wenn jede Methode als neuer
strategischer Ansatz missinterpretiert wird, geht die eigene Ausrichtung
im Wirrwarr der Methodenvielfalt unter. Dann verlieren Führungskräfte
und Mitarbeiter die Chance, die Früchte ihrer Arbeit auch einmal
zu ernten. Sie werden immer frustrierter und zunehmend setzt sich
eine breite Veränderungsresistenz bei allen Beteiligten durch.
Im Ergebnis entsteht eine Organisation, die verbal zwar jeweils
die neueste Methode propagiert, sich mit der Umsetzung jedoch so
lange Zeit lässt, bis die nächste am Horizont erscheint.
Und in aller Regel brauchen die Akteure darauf nicht all zu lange
zu warten.
Die Landkarte der Organisation empfiehlt deshalb eine ausgewogene
und vernetzte Betrachtung verschiedener Schwerpunkte:
- die Sicht der Kunden
- die Markt-Leistungsbeziehungen und die Wettbewerbsverhältnisse
- die Fähigkeiten zur Leistungserbringung
- die Sicht der Investoren
Aus diesem Blick ergibt sich ein ausbalanciertes Zukunftsbild,
das beschreibt,
- wozu es die Organisation gibt und wodurch sie sich auszeichnet
(Geschäftssystem) - wie das Unternehmen etwas macht, um für Kunden, Mitarbeiter und Investoren attraktiv zu sein und zu bleiben
(Handlungssystem) - wie die Organisation erkennt, ob ihr Tun erfolgreich war
(Feedbacksystem)
Die Landkarte des Handelns
Damit aus dieser neuen Welt irgendwann Realität wird, muss
sich die Organisation in Bewegung setzen und neue Kompetenzen erwerben.
Hier kommt es ganz wesentlich darauf an, welche Antworten die Führungsmannschaft
auf bestimmte organisatorische Fragestellungen gibt.
Genau diese Schlüsselfragen beinhaltet die Landkarte des Handelns.
Sie schlägt die Brücke vom Zukunftsbild der Organisation
zum alltäglichen Handeln des Akteurs. Nur, wenn dieser erlebt,
dass strategiegemäßes Handeln tatsächlich gewollt
ist, wird er seine Aktivitäten in eine neue Richtung lenken.
Das eigentliche Problem dabei ist, dass es die alte Welt gibt,
deren Vielfalt von Ankerpunkten jetzt aufgelöst und neu definiert
werden muss. Deutungsmuster und Denkmodelle, Abläufe, Strukturen,
Rollenbilder, Professionen, Ressourcen sowie Führungs- und
Bewertungssysteme der Wille zur Transformation kann an vielen
Stellen konterkariert werden.
Gerade die Erfolgsrezepte der alten Welt können von einem
Tag auf den anderen zu Barrieren für neues Verhalten werden.
Denn durch die neue Ausrichtung werden oftmals bisher als nützlich
angesehene Weltbilder, Fähigkeiten und Verhaltensweisen plötzlich
zu Behinderungen umgedeutet.
Führungskräfte sollten entsprechende Aussagen von Mitarbeitern
auf dem Entwicklungspfad deshalb nicht als Widerstand bekämpfen,
sondern als Ablösungs- und Verarbeitungsmechanismen für
kognitive Dissonanzen erkennen und anerkennen. Dabei ist auch Bewährtes,
selbst wenn es jetzt aufzugeben ist, ausreichend zu würdigen.
Dann kann sich die Organisation samt ihren Akteuren voller Engagement
den neuen Herausforderungen auf dem Entwicklungspfad widmen.
Die Landkarte der Strategieverwirklichung
Dieser Entwicklungspfad ist kein geradliniger Weg von A nach B.
Mitunter ist es eher eine holprige und langwierige Strecke, die
vom Bild der künftigen Organisation bis hin zum Handeln im
Alltag führt. Wer Erfahrungen mit solchen Prozessen hat, weiß,
dass es sich dabei jedes Mal um eine einmalige Erfahrung handelt.
Schließlich geht es um Innovationen, die unter ganz spezifischen
Voraussetzungen im jeweiligen Unternehmen aufblühen und dann
verbreitet werden müssen. Es gibt daher keine Allzeit-bereit-und-überall-anwendbar-Rezepte.
Doch es gibt Denkmodelle und Werkzeuge, die die Erfolgswahrscheinlichkeit
der eigenen Anstrengungen deutlich erhöhen.
Besonders irritierende Effekte auf dem Entwicklungspfad treten
dann auf, wenn Initiativen und Methoden, die zu einem Zeitpunkt
wirksam waren, in einer anderen Situation zu Unruhe und Frustration
führen. Ganz offensichtlich liegt dies daran, dass sich die
Erwartungen und Verhaltensweisen der Akteure auf dem Weg in die
Zukunft verändern. Damit ein adäquates Vorgehen und die
Koordination für die Führung erleichtert werden, empfiehlt
es sich, den Entwicklungspfad in folgende Phasen zu gliedern:
- Orientierung schaffen
- Bewegung erzeugen
- Handeln intensivieren
- Selbstverständlichkeit erzielen
Den einzelnen Phasen lassen sich bestimmte Herausforderungen zuordnen,
die auf dem Entwicklungspfad zu meistern sind. Die Landkarte der
Strategieverwirklichung veranschaulicht die Phasen und die dazugehörigen
Herausforderungen, die man symbolisch als Portale, die es auf dem
Entwicklungspfad zu durchschreiten gilt, verstehen kann. Ein Verwirklichungsmanagement
rundet diesen Kanon schließlich ab. Es übernimmt die
Aufgabe, den gesamten Prozess so weit wie möglich zu steuern
und durch geeignete Impulse voranzubringen. Für jede einzelne
Herausforderung kann nun das Zusammenspiel der Navigationsinstrumente
genutzt werden, um ein wirkungsvolles Vorgehen zu bestimmen.
Die Phasen und Portale der Strategieverwirklichung |
Kommunikation ausrichten
Am Beispiel "Kommunikation ausrichten", einem Portal
aus der Phase "Orientierung schaffen", sei das Vorgehen
abschließend beispielhaft verdeutlicht. Ziel der Kommunikation
ist es, Akzeptanz, Beteiligung und schließlich Commitment
zu schaffen. Dazu braucht es eine klare Richtung für die Kommunikationsanstrengungen
auf dem Entwicklungspfad. Ebenso müssen die Inhalte phasengerecht
aufbereitet werden.
Mit Hilfe der Landkarte des Akteurs wird erhoben, wann welche Fragen
zu beantworten sind. In einer frühen Phase wird es den Akteur
etwa stärker interessieren, welchen Nutzen er von seiner Mitarbeit
hat und ob die Führung die neue Strategie wirklich mit Nachdruck
verfolgt. Später benötigt er dann eher konkrete Hilfen,
die sein Handeln im Alltag möglich machen und bestärken.
Damit Handeln letztlich sinnvoll wird und um Motivation für
neue Entwicklungspfade aufzubauen, ist schließlich über
die erzielten Verbesserungen und Erfolge zu berichten.
Die Landkarte der Organisation, die unter anderem das Geschäfts-
und das Handlungssystem enthält, liefert die wesentlichen Inhalte
für die Kommunikation. Besonders wichtig ist es, einen Informationskern
zu bestimmen, der auf dem gesamten Entwicklungspfad und über
alle hierarchischen Ebenen hinweg als roter Faden dient.
Mit der Landkarte des Handelns und der Landkarte der Strategieverwirklichung
wird dann untersucht, wie durch die Vernetzung der einzelnen Kommunikationsimpulse
eine Erfolgsstory für die Akteure entstehen kann. Dieses dramaturgische
Gerüst, die Voraussetzungen, Inhalte und Formen gehen dann
in einen Kommunikationsguide ein, der als Grundlage für die
Aktivitäten in den folgenden Phasen dient.
Gleich, ob es in der Phase "Bewegung erzeugen" darum
geht, Promotoren einzubinden oder ob Strategie-Dialoge in der Phase
"Handeln intensivieren" gezielt geführt werden
die von der Führung ausgesandten Impulse lenken die Wahrnehmung
und Motivation in eine gemeinsame Richtung.
Wie für "Kommunikation ausrichten" können auch
für die anderen Portale die Herausforderungen und das jeweils
Erfolg versprechende Vorgehen systematisch abgeleitet und als Handlungsempfehlung
für die Praxis genutzt werden. Die Führungsmannschaft
profitiert damit von einem überschaubaren und zugleich hoch
wirksamen Handwerkszeug, das genutzt wird, um die Erfolgsfaktoren
der Strategieverwirklichung effektiv zu steuern. So werden die Ressourcen
der Organisation zielsicher eingesetzt, um auch dann noch mit entscheidenden
Wettbewerbsvorteilen zu glänzen, wenn alle Kontrahenten ähnliche
Strategien verfolgen.
Literatur
Anwander, Armin: Strategien
erfolgreich verwirklichen. Wie aus Strategien echte Wettbewerbsvorteile
werden. Berlin, Heidelberg, New York 2000.
Zum Weiterlesen: Mehr zum Thema Strategieverwirklichung erfahren Sie in Heft 6 November 2001 von wissensmanagement – Das Magazin für Führungskräfte: In seinem Beitrag "Das ABC der Strategiekommunikation" zeigt Markus Erle, wie gezielte Kommunikationsimpulse bei Veränderungsprozessen helfen, die Lücke zwischen einer Idee und ihrer Realisierung zu schließen. |
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