Fachbeiträge

Ausgabe 2 / /2017
Fachbeitrag Best Practice

Social Innovation & Big Data gehören zusammen

von Stefan Müller

Was hat Big Data mit Social Innovation zu tun? Auf den ersten Blick wohl kaum etwas, im Detail aber sehr viel. Denn die großen Herausforderungen unserer Zeit – Klimawandel, demografische Veränderungen, Digitalisierung der Wirtschaft und des Lebens – verlangen neue Lösungsansätze. Social Innovation ist einer davon. Und mit Big Data stehen die notwendigen Werkzeuge zur Verfügung, um relevante Informationen und Entscheidungsgrundlagen zu gewinnen.

Inhaltsübersicht:

Das Zentrum für Soziale Innovation in Wien definiert Soziale Innovationen als Konzepte und Maßnahmen zur Lösung sozialer Herausforderungen, die von den betroffenen Gesellschaftsschichten angenommen werden. Bei technischen Innovationen geht es in der Regel darum, ein neues Produkt am Markt zu etablieren. Soziale Innovation haben hingegen zum Ziel, einen Wandel der gesellschaftlichen Verhaltensweisen herbeizuführen.

Nicht alle Innovationen sind soziale Innovationen

Lange Zeit galt die Überzeugung, dass technologische Innovationen auch soziale Innovationen nach sich ziehen. In vielen Fällen der Vergangenheit traf das zu. In den letzten Jahren aber überwiegt häufig die Skepsis. Dienste wie zum Beispiel Uber sind zweifellos innovativ, ob sie aber soziale Vorteile bringen – oder nicht vielleicht eher die Nachteile überwiegen –, ist umstritten. Trotz der prinzipiell unterschiedlichen Zielsetzungen technologischer und sozialer Innovation, können beide Welten sozial und geschäftlich gewinnbringend ineinandergreifen.

Im IT-Kontext wird der Begriff Social Innovation verwendet, um Initiativen zu bezeichnen, mit denen unter Einbeziehung gesellschaftlicher Akteure (wie NGOs, Regierungen, Unternehmen) und der Nutzung moderner Technologien wie Big Data oder Internet of Things soziale und ökologische Herausforderungen bewältigt werden sollen.

Idee mit Potenzial

Derlei Initiativen haben Potenzial – nicht nur für die angestrebte soziale Veränderung, auch im Hinblick auf das Business. Frost & Sullivan etwa bewertet die Marktchancen für soziale Innovation bis zum Jahr 2020 mit zwei Milliarden US-Dollar. Das Social-Innovation-Konzept wird aktuell von großen Unternehmen aufgegriffen und ist dort eng mit der Idee der Schaffung geteilter Wertschöpfung (creating shared value, kurz CSV) verbunden.

Social Innovation im Gesundheitsbereich

Einige Unternehmen forcieren das Thema und arbeiten intensiv an der Schnittstelle von CSV und geschäftlicher Wertschöpfung. Der dahinter stehende Leitgedanke ist, Technologien mit einer Verbesserung von sozialen und ökologischen Bedingungen zu verknüpfen. Zwei Beispiele: VitaEver ist eine Healthcare-Cloud-Lösung aus Italien, die integrierte Krankenpflege ermöglicht. Die Software verbindet alle Beteiligten via IT: Patient, ambulanter Pflegedienst, Hausarzt, Krankenhaus, Krankenversicherung und regionale Pflegebehörde. Informationen über den Krankheitszustand des Patienten können so nicht nur leichter ausgetauscht, sondern auch mit weiteren Daten (z.B. anonymisierten Daten aus Krankenhäusern) abgeglichen und daraus die richtigen Behandlungen abgeleitet werden. Die Qualität der Pflege verbessert sich dadurch, die Heilungschancen steigen und die Kosten für den Patienten und das Gesundheitssystem sinken.

Cell for Life hingegen ist eine Mobile Technologie aus Südafrika, die von staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen für die Gesundheitsprävention eingesetzt wird. In Entwicklungsländern gibt es vor allem auf dem Land kaum medizinische Infrastruktur, Mobiltelefone sind aber weit verbreitet. Die Technologien, die Cell for Life einsetzt, können von fast allen Menschen genutzt werden, weil dazu auch ein einfaches Handy ausreicht, das SMS senden und empfangen kann. So erfassen z.B. Mitarbeiter von Gesundheitsprojekten in entlegenen Gebieten Informationen von AIDS-Patienten. Die Daten werden dann zusammengeführt und ausgewertet. Dadurch lässt sich die Verbreitung des HIV-Virus in einer Region besser abschätzen, um z.B. HIV-infizierte Mütter gezielt ansprechen und in Kampagnen einbinden zu können. So lässt sich verhindern, dass sie den Virus an ihren Nachwuchs weitergeben. Mobil unterstützt lässt sich auch die Verteilung von AIDS-Medikamenten auf dem Land leichter organisieren und ihre Einnahme besser überwachen. Versorgungszentren erinnern per SMS ihre Patienten an die Einnahme ihrer Medikamente oder informieren sie über aktuelle Forschungsergebnisse, wie Unverträglichkeiten von Medikamenten, die eine Neueinstellung der Medikation erfordern. Patienten hingegen können über das Abschicken einer SMS die Adresse des nächsten Arztes oder Krankenhauses anfordern.

Big Data hilft

Soziale Innovationen sind nicht neu. Als Voraussetzung, Begleiterscheinung oder Folge von technischen Innovationen werden sie inzwischen aber immer stärker durch die IT-Unternehmen thematisiert. Neben anderen IT-Technologien spielen Big-Data-Lösungen eine wichtige Rolle. Sie liefern bereits bei der Planung und Umsetzung der Konzepte die notwendigen Informationen, indem Daten in bislang nicht gekanntem Ausmaß zusammengetragen und ausgewertet werden. Sie tragen auch zu einer erfolgreichen Steuerung der Initiativen bei, indem sie ihre ständige Überwachung und Analyse ermöglichen. Noch ist das Feld weitgehend unbeackert, denn das Konzept steckt noch in den Kinderschuhen. Die Möglichkeiten aber sind da und werden – das zeigt die ständig wachsende Zahl von Projekten – immer stärker genutzt werden.

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