Fachbeiträge
Hoher Krankenstand? Oft liegt es an der Unternehmenskultur!
von Ralf Struprat
Die Zahl der Krankmeldungen hat ein Rekordniveau erreicht. Wie kann das sein? Sind tatsächlich mehr Krankheitserreger als früher unterwegs? Oder lassen sich die Ursachen möglicherweise in den veränderten Arbeitsbedingungen finden? Fakt ist: Gesundheit und Krankenquote sind Top-Themen der nächsten Jahre. Sowohl psychisch – zum Beispiel durch die rasante Digitalisierung und ständige Veränderungen – als auch physisch – zum Beispiel durch das ständige Sitzen – sind wir im Job zunehmend belastet.
Inhaltsübersicht:
- Wie die Unternehmenskultur den Krankenstand beeinflusst
- Weshalb ein hoher Krankenstand Unternehmen langfristig schadet
- Kommunikative Maßnahmen, mit denen sich ein hoher Krankenstand senken lässt
- Druck macht krank? Nicht unbedingt!
- Von der Analyse zum Maßnahmenplan
Wie die Unternehmenskultur den Krankenstand beeinflusst
Doch nicht nur die steigende Belastung ist ein Faktor. Ein wesentlicher Einflussfaktor auf das Wohlbefinden von Teammitgliedern ist die Unternehmenskultur, der Geist im Unternehmen. Das Ergebnis einer repräsentativen Befragung der AOK von rund 2000 Angestellten ergab: Beschäftigte, die ihre Unternehmenskultur als schlecht empfinden, klagen dreimal häufiger über körperliche und psychische Beschwerden als Beschäftigte, die ihre Unternehmenskultur positiv wahrnehmen.
Weshalb ein hoher Krankenstand Unternehmen langfristig schadet
Wenn sich ein Mitarbeiter nach dem anderen krankmeldet, lehrt das viele Chefs das Fürchten. Und das aus gutem Grund, denn ein hoher Krankenstand bringt Auswirkungen mit sich, die ein Unternehmen langfristig im Kern erschüttern können. Die Kosten für einen Krankheitstag – inklusive Opportunitätskosten – betragen pro Mitarbeiter durchschnittlich 450 Euro. Hochgerechnet ergeben sich daraus schnell sechs- oder siebenstellige Beträge.
Es ist davon auszugehen, dass ein hoher Krankenstand auch den Rest des Teams enorm belastet. Häufig sogar so sehr, dass selbst die fittesten Mitarbeiter ab einem gewissen Punkt nicht mehr in der Lage sind, ihr Bestes zu geben. Die Konsequenz: Die Ausfallzeiten werden immer höher und auch die Kunden werden schnell unter dem daraus resultierenden Qualitätsverlust zu leiden haben. Zudem wird die Fluktuation steigen und der Ruf des Unternehmens als Arbeitgebermarke nimmt dauerhaft Schaden.
Kommunikative Maßnahmen, mit denen sich ein hoher Krankenstand senken lässt
Konsequenz und eine offene Kommunikation mit dem Team sind ganz entscheidende Hebel bei einer hohen Krankenquote. In vielen Unternehmen gibt es hier Handlungsbedarf. Die folgenden sechs Kommunikations-Tipps vermitteln Teammitgliedern Wertschätzung, steigern die Motivation und fördern eine positive Unternehmenskultur.
- Führungskräfte sollten den Mitarbeitern in Gesprächen ehrlich und mit einem gehörigen Maß an Wertschätzung erklären, dass jedes einzelne Teammitglied für den Erfolg des Unternehmens mitverantwortlich ist. Auch im Arbeitsalltag sollte diese Wertschätzung kommuniziert werden.
- Wenn ein Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfällt und das Team Überstunden macht, sollten sich sowohl die Führungskraft als auch der erkrankte Mitarbeiter bei dem Team für geleistete Überstunden bedanken und den Mitgliedern das Gefühl vermitteln, dass ihr Einsatz geschätzt wird.
- Als Führungskraft sollte man das, was von den Mitarbeitern erwartet wird, auch vorleben – selbst dann, wenn es von Zeit zu Zeit unangenehm sein mag. Ein Vorgesetzter, der in Zeiten außergewöhnlicher Belastung selbst die Ärmel hochkrempelt und mit anpackt, macht einen äußerst guten Eindruck.
- Verantwortliche sollten die Kommunikation mit Mitarbeitern, die häufig krank sind, suchen und bewusst versuchen, mehr über die Gründe herauszufinden. Möglicherweise ist die Arbeitsbelastung zu hoch und es finden sich im Gespräch Ideen, um die Situation für beide Parteien zu verbessern.
- Ähnlich wichtig ist auch die Kommunikation im Moment der Krankmeldung. Mitarbeiter sollten sich persönlich krankmelden und rechtzeitig mitteilen, wann sie wieder einsatzfähig sind. Der betroffene Mitarbeiter bekommt auf diese Weise die Möglichkeit, seinem Team den nötigen Respekt zu erweisen. Außerdem kann die Führungskraft im direkten Gespräch unter Beweis stellen, dass sie die Bedeutung einer direkten und vertrauensvollen Kommunikation kennt.
- Wenn der Krankenstand durch verändertes Führungsverhalten gesunken ist, ist die Arbeit noch nicht getan. Im nächsten Schritt geht es an die Aufarbeitung und die Frage, wie ein Wiederansteigen des Krankenstands bereits im Vorfeld vermieden werden kann. Führungskräfte, die dauerhaft erfolgreich sein möchten, bleiben am Ball und versuchen kontinuierlich, ihre Unternehmenskultur zu verbessern.
An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: Auch wenn Führungskräfte über mögliche Krankmeldungen nicht glücklich sind, sollten sie sicherstellen, dass sie ihre Gefühle im Griff behalten, denn sonst ist davon auszugehen, dass die nächste Krankmeldung nicht per Telefon, sondern per E-Mail kommt. Und das wird die Bemühungen, eine transparente und vertrauensvolle Unternehmenskultur zu etablieren, zurückwerfen.
Druck macht krank? Nicht unbedingt!
Doch was, wenn Teammitglieder einfach zu viel Druck verspüren? Sätze wie „wir haben zu viel Druck. Ist doch klar, dass wir krank werden“, sind in den meisten Unternehmen gang und gäbe. Das gilt vor allem dann, wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, mehr Arbeit aufgedrückt zu bekommen als sie bewältigen können. Schlimmstenfalls führt dieser Eindruck sogar dazu, dass sich die halbe Belegschaft eine Krankmeldung besorgt und mögliche Investitionen in die Zukunft mangels Kapazitäten blockiert werden.
Aus Sicht der Mitarbeiter ist das auf den ersten Blick verständlich. Denn wer läuft schon gerne einen Marathon, wenn er das Gefühl hat, niemals die Ziellinie passieren zu können? Urlaub auf Krankenschein ist allerdings auch keine Lösung – weder für das Unternehmen noch für den überforderten Angestellten. Stattdessen muss eine Möglichkeit her, mit dem Druck, der in vielen Branchen völlig normal ist, sinnvoll umzugehen. Wie das geht? Indem Führungskräfte ihr Team dabei unterstützen, nicht nur fachlich, sondern auch mental zu wachsen. Sei es das Setzen von Prioritäten oder die Fähigkeit, in Krisensituationen einen klaren Kopf zu behalten – all das kommt nicht von selbst, sondern muss erst erlernt werden.
Sobald Führungskräfte damit beginnen, ihren Mitarbeitern Stressbewältigungsmethoden an die Hand zu geben, wird zumindest der psychische Druck verpuffen. Und damit ist bereits eine Menge erreicht. Neben den genannten kommunikativen Maßnahmen sollten Führungskräfte also auch Ressourcen und Weiterbildungsmaßnahmen anbieten, mit denen Teammitglieder ihre mentale Fitness trainieren können.
Von der Analyse zum Maßnahmenplan
Häufig nehmen Führungskräfte Warnsignale nicht rechtzeitig wahr und reagieren zu spät. Nicht alle Krankheitsfälle lassen sich über einen Kamm scheren, und gerade deshalb sollten sich Vorgesetzte darum bemühen, mit offenem Blick auf die Krankenstatistiken zu schauen. Wenn ein hoher Krankenstand eine der Top-Herausforderungen im Betrieb ist, sollte eine fundierte Analyse die Grundlage für den Maßnahmenplan bilden.
Und dieser Prozess sollte so früh wie möglich angestoßen werden.
Ganz am Anfang steht die einfache Zahlenanalyse. Wie hoch ist die Krankenquote überhaupt? Wo steht sie im Vergleich zu der Branche? Welche Mitarbeiter sind besonders häufig krank? Es geht darum, Muster zu erkennen. Diese geben Aufschluss über die Gründe für die hohe Krankenquote. Im Anschluss wird der Maßnahmenplan erstellt und konsequent umgesetzt – zum Beispiel im Rahmen einer Gesundheitskampagne, mit kommunikativen Ansätzen und Unterstützung der Krankenkassen.
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