Fachbeiträge

Ausgabe 9 / /2006
Fachbeitrag Wissenstransfer

Wissen teilen: Perspektive oder Illusion?

von Andrea Neusius

„Knowledge Sharing“ verspricht Unternehmern höhere wirtschaftliche Effizienz durch die gezielte Nutzung der Wissensressourcen ihrer Mitarbeiter. In der Praxis stößt die Wissensteilung jedoch schnell an ihre Grenzen. Hier erfahren Sie, wie die Führungsakademie der Bundeswehr Hamburg diesem Problem begegnet: Sie entwickelte ein Konzept für moderiertes Wissensmanagement.

Von Andrea Neusius

Inhaltsübersicht:

 

„Knowledge Sharing“ hilft im Arbeitsalltag, indem es Prozesse deutlich verbessert. So löst beispielsweise ein Servicetechniker ein unbekanntes Problem oft effizienter, wenn er auf das Wissen anderer Kollegen zurückgreifen kann und sich mit diesen aktiv austauscht. Lesen Sie, welche Vorteile sich die Bundeswehr von einem neuen System zum Wissenstransfer verspricht. 

 

"Da viele Arbeitnehmer die interne Konkurrenz fürchten, behalten sie ihr höchstes Gut, ihr individuelles Wissen, lieber für sich, anstatt andere davon profitieren zu lassen", erläutert Oberstleutnant Rainer Hindermann, Beauftragter für moderiertes Wissensmanagement an der Führungsakademie der Bundeswehr Hamburg. "Zudem wissen viele Personalverantwortliche zu wenig über die Ressourcen ihrer Mitarbeiter. Daher übersehen sie oft Kompetenzen, die nicht direkt mit den Verantwortungsbereichen der Angestellten zu tun haben." In Großunternehmen mit komplexen Strukturen ist der Wissensaustausch besonders schwer realisierbar, da meistens wenig Kommunikation zwischen den Mitarbeitern verschiedener Teilbereiche stattfindet.

 

Moderiertes Wissensmanagement

 

Hier geht die Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg einen Schritt weiter. Sie hat ein innovatives System zum Wissensaustausch entwickelt. Das so genannte moderierte Wissensmanagement geht über herkömmliches „Knowledge Sharing“ hinaus. Das Besondere: Eine interaktive Datenbank wird mit einem Expertennetzwerk, einer Wissensträgerdatenbank, gekoppelt. "In den Köpfen der Angehörigen der Führungsakademie ist viel wertvolles, individuelles Wissen vorhanden. Durch moderiertes Wissensmanagement, also der Kommunikation zwischen den einzelnen Mitgliedern, wird aus diesem personengebundenen Wissen kollektives, organisationales Wissen", erklärt Rainer Hindermann. "Moderiertes Wissensmanagement ermöglicht eine schnelle und kooperative Problemlösung. Dies führt zu einer höheren Flexibilität, was angesichts der sich wandelnden Anforderungen an die Bundeswehr notwendig ist." Essentiell ist die ständige Bereitschaft der Mitarbeiter zum Wissensaustausch: "Auch bei uns musste die Kultur des Wissensaustauschs erst etabliert werden", so Hindermann. "Durch gezielte Interaktion und offene, übergreifende Veranstaltungen haben wir mittlerweile erreicht, dass die Teilnehmer ihr Wissen teilen." Seit einem Jahr ist das System in der Führungsakademie erfolgreich im Einsatz.

 

Fernausbildung – Basis für moderiertes Wissensmanagement

Maßgeblich an der Entwicklung des moderierten Wissensmanagements beteiligt, ist die Projektgruppe Fernausbildung der Helmut-Schmidt-Bundeswehr-Universität in Hamburg. Der Direktor für Lehre an der Führungsakademie der Bundeswehr, Brigadegeneral Karl H. Schreiner, hebt die Vorteile für den militärischen Alltag wie folgt hervor: "Moderiertes Wissensmanagement unterstützt das ständig neben den regulären Lerneinheiten erforderliche Lernen und ermöglicht – im dienstlichen Alltag und insbesondere aus den Einsatzgebieten heraus – den schnellen Zugang zu Wissensquellen, um einsatzrelevante Erkenntnisse zu gewinnen oder weiterzugeben. So können Soldaten an den unterschiedlichen Einsatzorten im Ausland digitale Informationen aus Datenbanken rasch abrufen oder Kontakt zu Experten bekommen; beispielsweise, wenn am Einsatzort ein unbekanntes Kampfmittel auftaucht. Im militärischen Alltag kann ein schneller Wissensaustausch lebenswichtig sein. Vom moderierten Wissensmanagement profitieren alle."

 

Wissensmanagement auf dem 3. Fernausbildungskongress

 

Auf dem 3. Fernausbildungskongress der Bundeswehr vom 19. bis 21. September an der Helmut-Schmidt-Universität stellt die Führungsakademie der Bundeswehr Hamburg ihr System des moderierten Wissensmanagements in einem Workshop vor. Der Kongress bietet ein Forum für den Austausch und die Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und öffentlichem Dienst. Neben dem wissenschaftlichen Tagungsprogramm können sich die Besucher auch auf der integrierten Fachmesse über aktuelle Produkte und Entwicklungen zum Thema Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie moderne Technologien informieren.

 

 

 

 

Weitere Informationen: www.fernausbildung.org

 

 

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