Fachbeiträge
Kulturwandel als Basis für eine erfolgreiche Transformation
von Gabriele Sommer
Demografischer Wandel, Globalisierung und Digitalisierung verändern unsere Arbeitswelt maßgeblich. Interdisziplinarität und die Bereitschaft, sich stetig weiterzuentwickeln, werden zu Schlüsselfaktoren, um in der volatilen Arbeitsumgebung beschäftigungsfähig zu bleiben. Der Begriff "Arbeit" muss in dem Zusammenhang völlig neu definiert werden. Die größte Herausforderung stellt dabei der Kulturwandel im Unternehmen dar, der damit einhergehen muss.
Inhaltsübersicht:
- Es braucht mehr als nur die technische Ausstattung
- Aufgaben müssen neugestaltet werden
- Flexibilität, Komplexität und „Solution Workforce“
- Fokus auf Arbeitsqualität statt -umfang
- Fachliche und persönliche Weiterbildung sind entscheidend
- Change als Challenge
- Wie den Kulturwandel angehen?
Es braucht mehr als nur die technische Ausstattung
Digitalisierung, KI und Automatisierung bieten Unternehmen viele Chancen, stellen sie aber auch vor gewaltige Herausforderungen. Denn sie verändern nicht nur einzelne Prozesse und Produkte, sondern revolutionieren ganze Branchen. Während der Corona-Pandemie hat die Digitalisierung zuletzt ordentlich Rückenwind bekommen: Unternehmen haben in Rekordzeit technisch "aufgerüstet". Mitarbeitende und Führungskräfte konnten unter Realbedingungen erleben, was bereits möglich ist. So wird beispielsweise zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten, das zuvor oftmals nur ein Lippenbekenntnis war, sicherlich nachhaltig mehr Akzeptanz erfahren. Wer jetzt aber denkt, es reiche aus, die technischen Voraussetzungen und digitalen Tools bereitzustellen, liegt falsch. Der digitale Wandel muss sich vor allem in der Unternehmenskultur wiederfinden und die Mitarbeiter mit einbinden.
Aufgaben müssen neugestaltet werden
Der Einsatz von KI-Systemen definiert eine Vielzahl von Rollen und Aufgaben neu. 80 Prozent der repetitiven, prozessorientierten Aufgaben soll bereits in drei bis fünf Jahren automatisiert sein. Davon werden alle Sparten und Ebenen im Unternehmen betroffen sein - auch die Führungsetage. Denn Algorithmen können immer mehr Prozesse auf Managementebene berechnen und Entscheidungsvorgaben machen. Studien zufolge könnten KI-Anwendungen schon in circa fünf Jahren drei Viertel aller Managementaufgaben übernehmen. Aber wo gewisse Aufgaben und damit Arbeitsplätze wegfallen, entstehen woanders neue. Denn Jobs bestehen meist aus mehreren Aufgabengebieten. Entfallen die repetitiven Aufgaben, schafft das mehr Zeit und Raum für Kreativität und Service. Hier liegt die große Chance für Unternehmen. Flexibilität, Komplexität und „Solution Workforce“
Projekte werden zunehmend interdisziplinärer und komplexer. Um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, wird ein Wandel vom Wissensträger zur so genannten "Solution Workforce" stattfinden, die unterschiedliche Informationen, relevante Wissensquellen und viele lose Enden eines Themas miteinander verknüpft. Das bedeutet, Mitarbeiter haben keine gleichbleibenden, eindeutig zugeordneten Aufgaben mehr. Stattdessen wird es Aufgaben- und Verantwortungsbereiche geben, in denen die Projekte je nach Kundenanforderung organisiert und strukturiert werden. Projektteams werden kurzfristig und flexibel - je nach Kompetenzen und Fähigkeiten - zusammengestellt. Damit wird sich die Aufgabe der Führungskräfte im Team ebenfalls verändern, da sie die diversen Themenkomplexe nicht "allwissend" verstehen können. Denkbar ist sogar, dass die Selbststeuerung der Teams nach Zielen genaue Anweisungen und damit auch die fachliche Leitung durch Führungskräfte ersetzt.
Fokus auf Arbeitsqualität statt -umfang
Von den Mitarbeitenden erfordert der Wandel viel Flexibilität und Stressresistenz. Nicht jeder Mensch kann gleich gut mit den damit verbundenen Unsicherheiten umgehen. Hinzu kommt, dass sich durch KI-Anwendungen und Automatisierung die Komplexität der Arbeit verändert: In einigen Bereiche werden die Tätigkeiten monotoner, in anderen hingegen vielschichtiger. Das erfordert, dass wir unser Verständnis von Arbeit mittelfristig neu schaffen. Der Umfang wird weniger wichtig werden, die Qualität dafür umso mehr.
Fachliche und persönliche Weiterbildung sind entscheidend
Eine repräsentative Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 1.000 Personen ab 16 Jahren hat ergeben: Drei von vier Bundesbürger:innen glauben, dass die Angestellten in Deutschland "gar nicht" oder "eher weniger gut" auf die durch den KI-Einsatz ausgelösten Veränderungen vorbereitet sind. Auf dem Weg zu einem grundlegenden neuen Verständnis von Arbeit ist es deshalb wichtig, alle Menschen mitzunehmen. Ein entscheidender Punkt hierbei sind Weiterbildungen. Diese müssen zum einen fachlich erfolgen, um die Technologie zu verstehen und sich der Herausforderung gewachsen zu fühlen. Neben Weiterbildungen im Bereich IT, KI oder anderen technischen Fachgebieten sollten auch Management-Methoden berücksichtigt werden. Zum anderen braucht es die persönliche Weiterentwicklung der Führungskräfte und Mitarbeitenden, um mit den Änderungen der Arbeitsanforderungen umgehen zu können und um Über-, aber auch Unterforderung zu vermeiden.
Change als Challenge
Alle beschriebenen Tendenzen und Veränderungen werden von verschiedenen Einflussfaktoren bestimmt. Ein entscheidender Faktor und damit auch eine der größten Herausforderungen in diesem dynamischen Umfeld ist die kulturelle Veränderung im Unternehmen. Um die Chancen des technologischen Fortschritts nutzen zu können, muss dieser mit dem Kulturwandel Hand in Hand gehen. Die Umsetzung ist aber deutlich schwieriger als die Anpassung der technischen Voraussetzungen. Damit der Kulturwandel gelingt, müssen alle Angestellten, vom Mitarbeiter bis zur Führungsebene, mitziehen und den Wandel gemeinsam mitgestalten. Unternehmen werden ku?nftig mit ihrer wertvollsten Ressource - dem Wissen und der Innovationskraft ihrer Mitarbeiter - sorgsamer umgehen müssen.
Wie den Kulturwandel angehen?
Eine zukunftsfähige Unternehmenskultur muss entsprechend überlegt gestaltet sein und idealerweise die Mitarbeiter von Anfang an einbinden. So hat TÜV SÜD im vergangenen Jahr seine Unternehmenskultur an die neue Strategie und die aktuellen Herausforderungen angepasst. Das geschah in einem integrativen Prozess: Ausgehend von bestehenden Werten und Zielen, die das Unternehmen regelmäßig in einer Mitarbeiterbefragung erhebt, wurde von der globalen HR-Abteilung ein erster Vorschlag gestaltet. Dieser wurde in über 40 Workshops mit mehr als 600 Mitarbeitern weltweit aus allen Hierarchiestufen gespiegelt, kommentiert und diskutiert. Dabei waren die bestehende Unternehmenskultur mit unserer Vision und Mission und unserer Strategie natürlich wichtige Einflussfaktoren, um die aktualisierte Kultur zukunftsfähig zu gestalten. Diese spiegelt unsere Unternehmenswurzeln und originären Werte und Ziele wider. Gleichzeitig soll sie Neugier auf Innovationen und Lust auf Wandel ebenso fördern wie kontinuierliches Lernen und Weiterdenken.
Nur eine Kultur, die dies vorlebt und einfordert, hilft Mitarbeitenden, sich und ein breites Skill-Set zu entwickeln und das zielführend einzusetzen. Die Kultur wird über die interne Kommunikation und unsere Führungskräfte im Unternehmen weltweit verbreitet. Dazu stehen in einer Toolbox verschiedene Materialien gebrauchsfertig zum Download bereit.
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