Fachbeiträge

Ausgabe 11 / /2007
Fachbeitrag Kommunikation

Change Management: Mitarbeiter informieren, motivieren, aktivieren

von Stefan Bald

Der Bedarf an persönlicher Kommunikation in den Unternehmen steigt. Denn je eigenverantwortlicher die Mitarbeiter arbeiten, umso wichtiger ist ein gemeinsamer Wertekanon, an dem alle ihr Handeln orientieren. Und je schneller sich das Unternehmensumfeld wandelt, umso häufiger müssen die Mitarbeiter auf neue Strategien eingestimmt werden. Deshalb wurden in den zurückliegenden Jahren mehrere neue Konzepte der Großgruppen-Moderation entwickelt. Sie zielen alle darauf ab, die Mitarbeiter in den Prozess zu integrieren, sie zu einem bestimmten Verhalten zu motivieren und ihr Wissen und ihre Erfahrung für den Erfolg zu nutzen.

Von Stefan Bald

Inhaltsübersicht:

 

Wie können Unternehmen ihre Mitarbeiter über ihre Vorhaben informieren und sie dazu bewegen, diese mitzutragen? Und: Wie können sie sie in ihre Planungen einbeziehen? Vor solchen Fragen stehen Unternehmen oft, wenn größere Veränderungen anstehen. Dann gilt es einen Weg zu finden, um mit den Mitarbeitern in einen Dialog zu treten.

Open Space Technology

 

Konzept: Bei Open Space-Veranstaltungen geben die Organisatoren nur ein allgemeines Thema vor – zum Beispiel „Neue Märkte“ oder „Unser Unternehmen in zehn Jahren“. Die Teilnahme ist freiwillig. Jeder Mitarbeiter entscheidet selbst, ob und wie lange er teilnimmt.

 

Verlauf: Bei einer Open Space-Veranstaltung kann nach der Eröffnung jeder Teilnehmer ein Workshop-Thema vorschlagen. Danach tragen sich die Anwesenden für die verschiedenen Workshops ein. Anschließend finden zumeist zwei oder drei ein- bis zweistündige Workshop-Runden statt. Die Workshop-Ergebnisse werden protokolliert, die Protokolle anschließend vervielfältigt und in einem Reader gebündelt. Diesen bekommen die Teilnehmer, damit sie die für sie wichtigsten Ergebnisse herausfiltern und priorisieren können, sodass zum Beispiel eine Liste der fünf wichtigsten Themen entsteht. Hierzu werden Arbeitsgruppen gebildet, die nach der Veranstaltung weiter arbeiten. Die Teilnahme ist ebenfalls freiwillig.

 

 

Einsatzmöglichkeiten: Open-Space-Veranstaltungen haben eine sehr offene Struktur. Entsprechend sind die Ergebnisse, zumal in der Regel keine konkreten Absprachen getroffen werden, was mit ihnen geschieht. Open-Space-Veranstaltungen eignen sich vor allem als Kick-off für Veränderungsprozesse und zum Sammeln von Ideen.

 

Zukunftskonferenzen

 

 

Konzept: Die Grundmaxime von Zukunftskonferenzen lautet: Das gesamte System soll (über Vertreter) im Raum vertreten sein. Entsprechend umfangreich sind die Vorarbeiten – unter anderem um zu ermitteln, wer vom angestrebten Wandel betroffen ist und zur Konferenz eingeladen werden sollte.

 

 

Verlauf: Eine Zukunftskonferenz gliedert sich in fünf Phasen. Zunächst überlegen die Teilnehmer, mit welchen wichtigen Ereignissen sie oder ihre Organisation in den letzten fünf Jahren konfrontiert waren. In Phase 2 fixieren die Teilnehmer, welche Entwicklungen von außen auf das System einwirken und bewerten sie. Danach erarbeiten sie Möglichkeiten, um hierauf zu reagieren. In der Phase 3 entwerfen die Teilnehmer in Kleingruppen „Idealszenarios“ für die Zukunft. In Phase 4 wird im Plenum ermittelt:

 

 

 

 

  • Was kam in allen Präsentationen vor? Was wollen folglich alle erreichen? Und:
  • Wie könnten diese Ziele erreicht werden? Was sind mögliche Projekte?

 

In Phase 5 wird in Kleingruppen überlegt: Was wollen wir umsetzen und welche Unterstützung brauchen wir hierfür?

 

 

Einsatzmöglichkeiten: An Zukunftskonferenzen nehmen meist nur Vertreter der Betroffenen teil. Deshalb bleibt unsicher, ob das gesamte System die beschlossenen Maßnahmen trägt. Außerdem beziehen sich die Beschlüsse oft nur auf die Elemente, bei denen ein Konsens besteht. Die Punkte, bei denen ein Dissens herrscht, werden zwar konstatiert, aber nicht bearbeitet. Zukunftskonferenzen eignen sind nicht für Situationen, bei denen auch für die Betroffenen harte Entscheidungen getroffen werden müssen.

RTSC-Konferenzen

 

Konzept: Bei Real-Time-Strategic-Change-Konferenzen, kurz RTSC-Konferenz genannt, sind die relevanten Grundsatzentscheidungen (z.B.: „Wir schließen zehn Prozent unserer Filialen.“) bereits getroffen. Durch Information und Partizipation sollen die Mitarbeiter als Mitstreiter beim Umsetzen gewonnen werden.

 

Verlauf: Zu Beginn einer RTSC-Konferenz wird den Teilnehmern deren Verlauf und Ziel erläutert. Dann formulieren sie in Kleingruppen ihre Erwartungen an die Veranstaltung. Anschließend schildern im Plenum mehrere Externe – zum Beispiel Kunden – die Stärken und Schwächen der Organisation. Nach diesem Input überlegen die Gruppen, welcher Handlungsbedarf besteht. Dann schildert die Unternehmensleitung ihre Sicht der Dinge und zu welchen Entscheidungen sie kam. Anschließend formulieren die Gruppen Anregungen und Änderungswünsche. Die Unternehmensleitung wertet diese aus, gibt den Mitarbeitern ein Feedback und modifiziert ihre Entscheidungen, sofern sinnvoll. Danach sammeln die Teilnehmer in Kleingruppen Ideen für mögliche Aktivitäten, um die Ziele zu erreichen. Die wichtigsten Ideen präsentieren sie im Plenum. Die Unternehmensspitze bewertet die Vorschläge und beschließt, welche realisiert werden. Danach beginnt erneut in Kleingruppen das Planen der Umsetzung.

 

Einsatzmöglichkeiten: Ein Dilemma von RTSC-Konferenzen ist: Einerseits soll das von der Unternehmensleitung vorgegebene Ziel erreicht, andererseits der Prozess offen gestaltet werden. Zudem kommt (bei vielen Teilnehmern) der Einzelne im Plenum oft nur indirekt über den Vertreter seiner Gruppe zu Wort. Deshalb besteht die Gefahr, dass Einzelne ihre Meinung nicht ausreichend gewürdigt sehen und ihre Widerstände verstärkt werden. Entsprechend professionell muss die Planung und Moderation sein.

 

Appreciative Inquiry

 

Konzept: Der Grundgedanke des Appreciative-Inquiry-Ansatzes (AI, „Wertschätzende Anerkennung“) ist: In jeder Organisation schlummern positive Geschichten, die als Metaphern für Veränderungsprozesse genutzt werden können. Diese gilt es zu identifizieren.

 

 

Verlauf: Bei einem AI-Prozesses definiert zunächst eine Planungsgruppe das Kernthema – zum Beispiel Innovation. Danach erstellt sie einen Leitfaden für die Interviews, mit denen die positiven Geschichten ermittelt werden sollen. In den Folgewochen führen die Mitglieder der Planungsgruppe entsprechende Interviews mit Kollegen, aber auch Kunden und Lieferanten. Aus den Interviews werden die „besten“ Aussagen und Geschichten herausgefiltert. Sie werden in einem Reader gebündelt. Dann folgt der so genannte AI-Summit oder -Gipfel. Dort schildert die Unternehmensleitung der Belegschaft mittels einer Geschichte die Gegenwart und Zukunft des Unternehmens. Anschließend werden die in Interviews ermittelten besten Geschichten in einer kreativen Verpackung präsentiert – zum Beispiel via Film oder Theaterstück. Danach entwerfen die Teilnehmer in Arbeitsgruppen eigene Zukunftsbilder. Die Ergebnisse präsentieren sie in einer Art Galerie. Hieraus filtern die Teilnehmer die zentralen Themen heraus und formulieren Zukunftsaussagen. Diese werden erneut präsentiert. Anschließend überlegt jeder Mitarbeiter, für welches Ziel er sich engagieren möchte. Dann beginnt die Maßnahmenplanung in Kleingruppen.

 

 

Einsatzmöglichkeiten: Ein AI-Summit lebt von der Kraft der Geschichten und Zukunftsbilder. Wie stark eine Geschichte wirkt, hängt auch von der Art des Vortrags und der Beziehung zwischen Erzähler und Zuhörern ab. Die meisten Unternehmensführer sind keine Top-Erzähler. In großen Organisationen haben sie zudem zu den meisten Mitarbeitern keine persönliche Beziehung. Deshalb besteht die Gefahr, dass ihre Geschichten auf viele Zuhörer banal oder gar lächerlich wirken.

 

 

World-Cafés

 

Konzept: Ein World-Cáfe soll Personen, die sich selten sehen, miteinander ins Gespräch bringen und dazu veranlassen, sich über ein Thema auszutauschen.

 

Verlauf: Bei der Veranstaltung erläutert ein Moderator zunächst den Ablauf. Dann bittet er die Teilnehmer, sich an die im Raum aufgestellten kleinen Tische zu begeben, die wie Caféhaus-Tische eingedeckt sind. Dort sollen sie Kleingruppen von vier bis sechs Personen bilden und sich über ein vorgegebenes Thema unterhalten. Ihre Kerngedanken halten die Gruppen auf den Papiertischdecken oder auf Moderationskarten fest. Nach zirka 20 Minuten ist die erste Gesprächsrunde beendet. Nun wechseln die Teilnehmer die Tische und bilden neue Gruppen. Zurück bleibt jeweils nur ein so genannter Gastgeber. Er schildert der neuen Gruppe an seinem Tisch den Gesprächsverlauf in der vorherigen Runde und nennt die wichtigsten Ergebnisse. Dann diskutiert die neue Gruppe ebenfalls zirka 20 Minuten über dasselbe Thema. Danach werden für die nächste und zumeist letzte Gesprächsrunde neue Gruppen gebildet. Nun wird häufig zudem eine weiterführende Frage erörtert. Nach der letzten Gesprächsrunde tragen die Teilnehmer die Ergebnisse im Plenum zusammen. Danach ist das World-Café beendet.

 

 

Einsatzmöglichkeiten: World-Cafés bringen größere Gruppen von Personen miteinander ins Gespräch und lassen zwischen ihnen ein Gefühl der Gemeinschaft entstehen. World-Cafés werden primär als Einstiegselemente im Rahmen umfassender Veranstaltungsdramaturgien genutzt.

 

Fazit

 

 

Alle beschriebenen Konzepte der Großgruppen-Moderation sind Modell

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