Fachbeiträge

Ausgabe 2 / /2005
Fachbeitrag Mittelstand

Wissensmanagement muss von allen gelebt werden!

von Josef Karner

Mittlerweile ist das Thema Wissensmanagement nicht nur bei Konzernen aktuell - auch immer mehr KMUs kommen zu der Einsicht, dass sie von den Vorteilen profitieren können. Das folgende Beispiel zeigt die Implementierung von Wissensmanagement anhand eines Betriebes, der technische Geräte produziert. Diese Geräte werden bei Kunden in ganz Europa installiert und auch in Betrieb genommen. Damit gibt es betriebsinternes Wissen, welches auch nach außen transportiert werden muss. Statt wie vorher in Handbüchern wird dieses Wissen nun zentral verwaltet - Wissensmanagement par excellence!

Von Josef Karner

Inhaltsübersicht:

Mittlerweile ist das Thema Wissensmanagement nicht nur bei Konzernen aktuell - auch immer mehr KMUs kommen zu der Einsicht, dass sie von den Vorteilen profitieren können. Das folgende Beispiel zeigt die Implementierung von Wissensmanagement anhand eines Betriebes, der technische Geräte produziert. Diese Geräte werden bei Kunden in ganz Europa installiert und auch in Betrieb genommen. Damit gibt es betriebsinternes Wissen, welches auch nach außen transportiert werden muss. Statt wie vorher in Handbüchern wird dieses Wissen nun zentral verwaltet - Wissensmanagement par excellence!

Ausgangssituation

 

Bei diesem Betrieb handelt es sich um einen Hersteller von technischen Geräten, welche durch eine selbst entwickelte Software gesteuert werden. Die Installation und Inbetriebnahme der Geräte erfolgt durch firmeninterne Techniker, die auch den kompletten Service übernehmen. Diese Konstellation bildete auch das Grundproblem - nämlich vorhandenes Wissen zusammenzuführen und zu pflegen bzw. dieses auch entsprechend zu transferieren. Man hatte innerbetrieblich einiges an Wissen erarbeitet und dieses über diverse Dokumente in den Tiefen der Ordnerstruktur am Server gesammelt - bei Bedarf waren diese Dateien nur schwer auffindbar. Viele Mitarbeiter legten ihre Dokumente als lokale Kopien auf dem Desktop ihres PCs ab. Hat sich nun die Datei am Server verändert, verwendeten sie aus Unwissenheit (i.S.v. nicht erfolgter Kommunikation) trotzdem die lokalen Kopien auf den Workstations.

 

Hatte nun ein Techniker im Außendienst beim Kunden bei der Installation oder beim Service Probleme, die er ohne Hilfestellung durch den Innendienstes nicht lösen konnte, musste er zu deren Beseitigung unzählige Telefonate, teilweise auch per Handy (oftmals ins Ausland) führen und die Übermittlung der Lösungen (des entsprechenden Wissens, evtl. in Form eines Softwareupdates) war umständlich durchführbar.

Anforderungsprofil

Durch diese Ausgangsbasis ergaben sich nun folgende Anforderungen:

  • einfache betriebsinterne Verwaltung von Wissen
  • Dokumentation von Arbeits- und Prozessabläufen
  • Abbildung des ISO-Handbuches des Betriebes
  • Einbindung von Dokumenten und Dateien
  • Notebooks der AußendienstmitarbeiterInnen müssen mit der Wissensdatenbank synchronisiert werden können
  • PDA/Smartphone-Zugriff für die Techniker
  • rasche Zustellung von Unterlagen mittels E-Mail
  • Zugriff von extern auf die Wissensdatenbank (durch Techniker und Kunden)
  • Rasche und effiziente Suchfunktionen
  • Neuerungen sollen automatisch an Techniker und Kunden versendet werden
  • Erarbeitung von Wissen durch Diskussionen
  • Aufbau eines Glossars

Die obigen Anforderungen machten ein Software-Tool erforderlich, welches auf einer Internet/Extranet-Lösung basierte. Nur so können sowohl die Techniker als auch die Kunden (mit entsprechendem LogIn ausgestattet) auf die Wissensdatenbank zugreifen. Die Anwendung und Bedienung der Wissensmanagement-Lösung müssen möglichst benutzerfreundlich sein - nur so ist gewährleistet, dass jeder Mitarbeiter im Betrieb dieses Tool auch entsprechend nutzt. Die Kunden sollten ebenfalls ohne Studium von Handbüchern rasch zu einer entsprechenden Lösung kommen.

 

Ein Grundansatz zum Aufbau von Wissen lautet: Wissen ist ein Frage- und Antwortspiel! Auf der einen Seite gibt es eine Frage oder eine Problem und auf der anderen Seite die dazu passenden Antworten bzw. Lösungen.

Oftmals benötigen die Techniker Software und andere Dateien (Dokumente, Pläne usw.), welche der Lösung gleich beigefügt sein sollten. Des Weiteren erfordert die Installation der technischen Geräte eine penible Vorgehensweise - nur so wird eine einwandfreie Funktionsweise für den Kunden garantiert. Dieser Ablauf wird in Arbeits- und Prozessabläufen dokumentiert - diese können ebenfalls online betrachtet und notfalls auch in gedruckter Form weitergegeben werden. Im Zuge des Projekts wurden komplette Handbücher online gestellt und können nun je nach Bedarf abgerufen und auch gedruckt werden.

Kann der Techniker aber bei der Betreuung einer Maschine nicht auf das Internet zugreifen, so steht ihm auf seinem Notebook eine synchronisierte Datenbank des Wissensmanagementsystems (Offline-Version) zur Verfügung. Wird nun sowohl Wissen vom Techniker im Außendienst als auch von Mitarbeitern im Innendienst erfasst, so muss dies entsprechend zusammengeführt werden. Ist jedoch bei einem Service-Termin nur eine kurze Anfrage an das Wissensmanagement-Tool erforderlich, braucht der Techniker dazu nicht einmal auf sein Notebook zuzugreifen, sondern kann die Abfrage mittels PDA/Smartphone starten - eine weitere Zeitersparnis.

Implementierung

 

Im ersten Schritt wurde das Tool "Help2Know" installiert und grafisch an die CI (= Corporate Identity) des Unternehmens angepasst. Im nächsten Schritt erarbeiteten die Abteilungsleiter gemeinsam mit dem Administrator die Kategorien und Bereiche für die Wissenserfassung. Bereits vorhandene Organigramme können in dieser Phase als nützliche Hilfsmittel dienen. Erst im dritten Schritt wurden gemeinsam mit dem Administrator die Strukturen angelegt und eine entsprechende Benutzerverwaltung inkl. Zugriffsrechte und -beschränkungen realisiert, damit z.B. das Wissen aus der Forschungsabteilung nicht jedermann zur Verfügung steht.

 

 

Ein anschließender Workshop informierte sämtliche Mitarbeiter über die Möglichkeiten und Vorteile, die sich durch das neu eingeführte Wissensmanagement ergeben. So wurde gewährleistet, dass jeder einzelne die Möglichkeiten und Vorteile für sich selbst erkennt und auch entsprechend nutzt. Sowohl der Administrator als auch die Geschäftsführung können auf eine Übersicht über die Akzeptanz der Wissensmanagement-Lösung zugreifen (Top10 der Fragenden, Top10 der Antwortenden u.v.m.).

Erst anschließend beginnt die Phase der Wissensdokumentation: Jeder Mitarbeiter erfasst das Wissen, welches er für seinen täglichen Arbeitsablauf benötigt, kontinuierlich in der Wissensdatenbank. Bei jeder Änderung erhält der Administrator automatisch eine E-Mail, so dass er bei Bedarf organisatorisch und administrativ eingreifen kann.

Kunden, die einen Support-Vertrag haben, können auf ausgewählte Informationen kostenlos zugreifen. Viele wollen sich allerdings die Kosten für einen solchen Vertrag sparen und trotzdem ad-hoc Wissen abrufen. Die Bedürfnisse dieser Kunden können durch den Einsatz eines Payment-Moduls erfüllt werden, d.h. viele der Antworten zu Fragen und Problemen werden kostenpflichtig angeboten. Will ein Kunde dieses Wissen abrufen, muss er über einen entsprechend hohen Guthabenstand verfügen. Kunden mit Serviceverträgen bekommen ein entsprechendes Guthaben angerechnet, mit dem sie dann auf den kostenpflichtigen Bereich zugreifen können.

Innerhalb kürzester Zeit gelang es den Mitarbeitern, einen Grundbestand an Wissen in die Wissensdatenbank einzupflegen. Die Statistiken bezüglich der Akzeptanz und Anwendung der Wissensmanagement-Lösung ergaben, dass für die Abteilung Rechnungswesen ein neuerlicher Workshop erforderlich war, da die betreffenden Mitarbeiter den Sinn von Wissensmanagement und die sich daraus ergebenden Vorteile nicht entsprechend erkannt haben. Erst nach diesem Workshop begann auch diese Abteilung, Wissensmanagement zu leben und Informationen zu erfassen, z.B. die für die Mitarbeiter interessanten steuerrechtlichen Richtlinien. Die Mitarbeiter implementierten auch Hilfestellungen zur Reisekostenabrechnung und zu den unterschiedlichen Sätzen innerhalb Europas - und siehe da: Die Anfragen bezüglich der Diätenabrechnung sind mittlerweile eines der Top-Themen (an vorderer Stelle der Statistik über die Top-10-Antworten).

 

Der größte Vorteil für sämtliche Teilnehmer war das rasche Auffinden gesuchter Unterlagen und Informationen - und der daraus resultierende Zeitgewinn. Außerdem bewerteten sie den Weiterbildungseffekt durch die umfangreiche Bereitstellung von Wissen als sehr positiv.

Innerhalb von nur drei Monaten gelang es, eine passende Wissensmanagement-Lösung zu realisiert. Doch endet hier die die Betreuung durch den Berater noch lange nicht: Er beobachtet und kontrolliert die Statistiken permanent - nur so kann er Probleme zeitnah erkennen und entsprechend gegensteuern.

Fazit

Nach einer Laufzeit von sechs Monaten ergaben sich folgende Vorteile für das Unternehmen (und auch für dessen Kunden):

  • raschere Reaktionszeiten auf Kundenanfragen und damit auch höhere Kundenzufriedenheit
  • Senkung der Telefonkosten von Innen- und Außendienst
  • Verkauf von Wissen durch Einsatz eines Payment-Moduls
  • der Telefonsupport konnte um ca. 30 % entlastet werden, da die Kunden auf die Wissensdatenbank über Internet zugreifen. -> Gewinn an Arbeitszeit bei den Support-Mitarbeitern
  • effizientere betriebsinterne Arbeitsabläufe, da Problemlösungen fortan nicht mehrfach erarbeitet werden müssen
  • Die Kunden können sich jetzt auch außerhalb der Geschäftszeiten (rund um die Uhr) informieren.
  • Ein Newsletter informiert Mitarbeiter und Kunden automatisch über Neuerungen in der Wissensdatenbank.
  • integriertes Diskussionsforum zur laufenden Aktualisierung des Wissens

Die Technik darf niemals im Vordergrund stehen - sie ist nur ein Hilfsmittel zur Realisierung. Wichtig ist der Mensch. Er muss Wissensmanagement leben. Und dies tut er nur, wenn er die Vorteile für seine Person als auch für das Unternehmen erkennt. Somit ist bei jeder Implementierung von Wissensmanagement die menschliche Komponente der wichtigste Faktor für ein erfolgreiches Projekt.

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