Fachbeiträge
Die Informationsstrategie an der Geschäftsstrategie ausrichten
von Clare Hart
Früher mag es ausreichend gewesen sein, die Arbeitsplätze der Mitarbeiter mit Hard- und Software auszustatten. Heute aber müssen Mitarbeiter jederzeit und unkompliziert auf verlässliche Informationen zugreifen können – und zwar dann, wenn sie benötigt werden und für die jeweilige Aufgabe relevant sind. Clare Hart, Chief Executive Officer des Informationsserviceanbieters Factiva, benennt die Herausforderungen und Chancen im Bereich der Informationstechnologie für das Jahr 2004 und bringt es auf den Punkt: Erfolgreiche Unternehmen werden ihre Informationsstrategie an ihrer Geschäftsstrategie ausrichten.
Von Clare Hart
Inhaltsübersicht:
- Aktuelle Chancen und Herausforderungen
- Konvergenz von Technologie und Inhalt
- Content im Kontext - Integration von Inhalten in Geschäftsprozesse
- Intelligente rollenbasierte Anwendungen
- Schnelle Analyse großer Informationsmengen
Die Unternehmensführer und Technologievorstände
stehen heute vor zahlreichen neuen und völlig unterschiedlichen Herausforderungen.
Die Dynamik in den Unternehmen hat sich verändert: Die Zeitspanne für
den Entscheidungsprozess hat sich dramatisch verkürzt, der Wettbewerb ist
aggressiv und findet an allen Fronten statt. Gleichzeitig erfolgen Innovationen
immer schneller. Um in diesem Umfeld den eigenen Wettbewerbsvorteil zu sichern,
müssen Manager ihren Mitarbeitern besseres Werkzeug an die Hand geben –
Instrumente, durch deren Einsatz mehr Zeit für die Entscheidungsfindung
bleibt und die den Mitarbeitern das Vertrauen geben, die richtigen Entscheidungen
treffen zu können. Früher mag es ausreichend gewesen sein, die Arbeitsplätze
der Mitarbeiter mit Hard- und Software auszustatten. Heute aber müssen
Mitarbeiter zu jedem Zeitpunkt und auf einfache Weise auf verlässliche
Informationen zugreifen können. Und zwar dann, wenn sie benötigt werden
und für die jeweilige Aufgabe relevant sind.
Aktuelle Chancen und Herausforderungen
Neue technologische Entwicklungen haben in unserer Branche Einzug gehalten.
Wenn wir die Chancen und Herausforderungen für das Jahr 2004 näher
betrachten, sind es fünf Faktoren, die Innovation vorantreiben, möglicherweise
aber auch behindern können:
1. Die Wirtschaft
Zurzeit befinden wir uns – so unsere Hoffnung – in der Endphase
einer globalen Rezession. Damit einher geht eine sehr viel kritischere Abwägung
und Überprüfung von Investitionsentscheidungen: Wie rentabel ist die
Investition? Wie können wir den Erfolg messen? Wie hoch ist der Produktivitätszuwachs?
Welche greifbaren finanziellen Vorteile bringt diese Investition mit sich? Der
Wert jeder einzelnen Investition muss anhand objektiver Kriterien messbar sein.
2. Die Ressourcen
Die Erwartungen des Managements sind unverändert hoch. Es wird erwartet,
dass bei gleichen oder sogar weniger Ressourcen mehr Leistung erbracht wird.
Oder in anderen Worten: Weniger Menschen arbeiten an mehr Aufgaben innerhalb
eines engeren Zeitrahmens mit klaren Zieldefinitionen. Dieses Spannungsfeld
prägt und definiert die Art, wie man heute arbeitet. Kreative Lösungsansätze
sind in einem Arbeitsumfeld unentbehrlich, in dem weniger Zeit für die
Entscheidungsfindung und für Reflexion oder strategisches Denken verbleibt:
Wie sollen Mitarbeiter an die notwendigen Informationen kommen? Wie lassen sich
diese optimal in den jeweiligen Arbeitsablauf integrieren?
3. Die Standortpolitik
Was die Ressourcen selbst angeht, treffen viele Unternehmen Entscheidungen,
die sie direkt und unmittelbar mit der Herausforderung der Standortpolitik konfrontieren:
Sie verlagern Informations- und Technologieprojekte oder Infrastruktur an kostengünstigere
Standorte.
4. Das Informationsvolumen
Knappe Ressourcen sowie die Auslagerung an günstigere Standorte fallen
mit der Tatsache zusammen, dass das interne wie externe Informationsvolumen
weiter mit unglaublicher Geschwindigkeit wächst. Dadurch wird die an sich
schon bestehende Herausforderung noch größer. Durch den einfachen
Zugang zu der Vielfalt an kostenlos verfügbaren Inhalten des Internets
entwickeln wir eine gewisse Fertigkeit, mit Informationen umzugehen. Das führt
jedoch häufig zu einem falschen Gefühl von Sicherheit. Menschen sind
schnell überzeugt davon, dass sie über alle und die richtigen Informationen
verfügen, um informierte Entscheidungen treffen zu können. Häufig
wird vergessen, dass viele Informationsquellen nicht frei im Web verfügbar
sind. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Vertrauenswürdigkeit der jeweiligen
Quelle im Internet. Auch können sich Mitarbeiter nicht vollkommen sicher
sein, dass sie auf sämtliche in ihrem Unternehmen gespeicherten Informationen
Zugriff haben. In der Tat kann sich der Zugang zu internen Informationen weitaus
schwieriger gestalten als der auf externe: Schätzungsweise 80% der Informationen,
die Mitarbeiter für ihre Arbeit benötigen, liegen in unternehmensinternen
Datenspeichern vor.
5. Die Technologie
Ein weitere Herausforderung schließlich ist der wahrgenommene Nutzen
von Technologie. Wie bereits erwähnt, sind IT-Manager dazu angehalten,
die Rentabilität von Investitionsentscheidungen nachzuweisen und den Wert
der aktuell eingesetzten Ressourcen zu steigern. Die Ausgaben für Informationstechnologie
machen einen zunehmend größeren Prozentsatz des Budgets aus –
im Jahr 1965 lagen sie noch bei unter 5%, im Jahr 2000 bereits bei 50%, so das
US-Handelsministerium in dem Artikel „IT Doesn’t Matter“,
der im Mai 2003 in der Harvard Business Review erschienen ist. So verwundert
es nicht, dass sich die Unternehmensführung Zielgrößen wünscht
und den durch die Investition erzielten Wert explizit nachgewiesen haben möchte.
Dieser von Nicholas Carr verfasste Artikel war meiner Meinung nach zwar interessant
und wird seine Leser dazu anregen, sich Gedanken über den wahren Wert von
Informationstechnologie zu machen. Ich stimme jedoch in vollem Umfang mit dem
Kommentar von Bill Gates in der Business Week vom 25. August 2003 überein:
„Tatsache ist, dass einige Unternehmen auf Technologie zählen und
diese effizienter einsetzen als andere. Diejenigen, die nicht effizient mit
Technologien umgehen können, werden im Wettbewerb zurückfallen.“
Uns allen sind Unternehmen bekannt, die auf innovative Technologien gesetzt
haben und sich so einen Wettbewerbsvorteil verschaffen konnten. Ein gutes Beispiel
hierfür ist Factiva. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine Aussage
wie „IT doesn’t matter“ gleichbedeutend ist mit “Es
gibt nichts mehr zu erfinden.” Die IT spielt eine wichtige Rolle und sie
wird auch weiterhin ein Motor für Veränderungen in Geschäftsprozessen
und der Unternehmenskultur sein.
Bei Factiva haben wir mit vielen unserer Kunden eng zusammengearbeitet als
es darum ging, gemeinsam neue Informationsstrategien zu entwickeln. Gleichzeitig
gab es auch mit vielen unserer Technologiepartner eine enge Kooperation bei
der Entwicklung neuer innovativer Lösungen. Wir beobachten, dass sich das
Bedürfnis der Kunden, den Entscheidungsfindungsprozess zu verbessern, und
die Fähigkeit der Informationstechnologie, einen wesentlichen Einfluss
auf diesen Prozess zu nehmen, kontinuierlich aufeinander zu bewegen. Kurz gesagt:
Die Technik hat die Nachfrage eingeholt. Es gab eine Zeit, da wünschten
wir uns oft: „Wenn doch die Technik dieses oder jenes könnte.“
Nun sind wir an einem Punkt angekommen, an dem die Informationstechnologie nahezu
all das kann, was wir uns gewünscht haben. Nun geht es darum, alle Komponenten
so miteinander zu vernetzen, um die enormen Mengen an intellektuellem Kapital
bestmöglich zu nutzen und dem Unternehmen dadurch Wettbewerbsvorteile zu
verschaffen.
Wir sind zuversichtlich, dass 2004 das Jahr sein wird, in dem die in der Vergangenheit
entwickelten innovativen Technologien Unternehmen dabei helfen werden, anspruchsvolle
Informationsstrategien zu realisieren, die sich positiv auf die Entscheidungsfindung
auswirken. Vier Entwicklungen werden meiner Ansicht nach sicherstellen, dass
dem einzelnen Mitarbeiter für seine Entscheidungen handhabbare Mengen an
relevanter Information zur Verfügung stehen.
Konvergenz von Technologie und Inhalt
In den vergangenen Jahren war Technologie in erster Linie ein Mechanismus zum
Informationsaustausch, mit dem sich Informationen schnell und flexibel von einem
Ort an einen anderen transportieren ließen. Heute jedoch sind Inhalt und
Technologie miteinander verwoben. Neuere flexiblere Technologien wie Web Services
und XML sorgen dafür, dass Informationen abgeglichen werden können:
Sie ermöglichen den Zugang zu Informationsspeichern, fördern zuvor
unbekannte Informationen zu Tage und verknüpfen diese zu damit in Verbindung
stehenden Informationen, die intern im Unternehmen und an anderen Orten gespeichert
sind, wie das Web oder kommerzielle Informationsdienste. Diejenigen, die diese
Technologien im Rahmen ihrer Informationsstrategie nutzen, werden sich einen
Wettbewerbsvorteil sichern.
Content im Kontext - Integration von Inhalten in Geschäftsprozesse
Die Vereinfachung der Informationsbeschaffungsphase im Prozess der Entscheidungsfindung
ist entscheidend für den Umgang mit der Ressourcenknappheit. Eine Änderung
des gegenwärtigen Arbeitsablaufs bedarf unter Umständen auch einer
Veränderung in der Unternehmenskultur. Werden Mitarbeitern Informationen
bereitgestellt, die im Kontext ihrer jeweiligen Aufgabe relevant sind, dann
wächst deren Produktivität und die Erträge können steigen.
So könnte eine entsprechende Anwendung für den Vertrieb Informationen
aus den unterschiedlichsten internen und externen Systemen bereitstellen. Erfährt
ein Verkäufer so zum Beispiel von einer Fusion, kann er seine Vertriebsstrategie
darauf ausrichten und neue Potenziale ausschöpfen. Oder er stellt fest,
dass ein Kunde länger seine Rechnungen nicht beglichen hat, und kann dies
entsprechend bei den nächsten Verhandlungen berücksichtigen. In jedem
Fall: Der schnelle und effiziente Zugang zu relevanten Informationen trägt
dazu bei, neue Chancen zu erkennen und gleichzeitig Risiken zu minimieren.
Intelligente rollenbasierte Anwendungen
Die Mitarbeiter von morgen – diejenigen, die mit Videospielen, Instant
Messaging und dem Web groß geworden sind – werden höhere Anforderungen
an die Technologie stellen. Sie erwarten intuitive Anwendungen, die nicht nur
erkennen, von wem sie eingesetzt und welche Informationen exakt benötigt
werden. Sie gehen auch davon aus, dass diese Instrumente kontinuierlich lernen
und erkennen, welche neuen und wechselnden Informationsbedürfnisse hinzukommen.
Hierbei geht es definitiv nicht um die Funktion zum Suchen und Verfolgen von
Informationen, wie wir sie heute kennen. Vielmehr wird es sich um auf den Einzelnen
zugeschnittene Informationen handeln, die auf den individuellen Profilen eines
unternehmensweiten Mitarbeiterverzeichnisses aufbauen, das sich ad hoc anpassen
und personalisieren lässt.
Zusätzlich werden sich die Applikationen entsprechend der Anwendung und
des Nutzungsverhaltens des jeweiligen Mitarbeiters verändern. Das System
wird zum Beispiel wissen, dass es sich bei dem Nutzer um einen Marketingmanager
in den Vereinigten Staaten handelt, der deshalb wohl eher die Brand Week und
die Harvard Business Review liest und benachrichtigt werden möchte, sobald
die neue Ausgabe erhältlich ist. Das System erkennt auch den Vertriebsvorstand,
der wöchentlich alle Verkaufszahlen in konsolidierter Form erhalten möchte,
zusammen mit den aktuellen Nachrichten und Fakten über diejenigen Firmen,
die in der Absatzprognose genannt sind.
Schnelle Analyse großer Informationsmengen
Textanalyse und Technologien zur Visualisierung von Informationen und Zusammenhängen
werden zusätzlichen Mehrwert für den Anwender bringen. Solche Technologien
sind in der Lage, Zusammenhänge aus einer unermesslichen Menge von Daten
zu erkennen und diese grafisch darzustellen. Dank dieser Möglichkeiten
lassen sich Trends bereits in einem sehr frühen Stadium absehen und zum
Beispiel zukünftige Aktivitäten von Konkurrenten, Kunden, Geschäftspartnern
oder Lieferanten erkennen. Eine schnelle Reaktion auf Informationen dient so
der Risikominimierung. Ohne derartige Technologien würden diese Zusammenhänge
mit Sicherheit in der Datenflut untergehen und wären nicht nutzbar.
Im Jahr 2004 werden wir erstmals Anwendungen vorstellen, die auf diesen neuen
Technologien basieren. Erfolgreiche Unternehmen werden ihre Informationsstrategien
an ihren Geschäftsstrategien ausrichten. Sie werden sich die technischen
Fortschritte im Bereich Informationsmanagement zu Nutze machen und die geschäftlichen
Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert werden, effizienter bewältigen
und so einen klaren Wettbewerbsvorteil schaffen.
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